Format: Artikel – Schreibfeder auf dem Tisch
Artikel

Erfahrungsbericht: Elternvergleiche

Autorin - Andrea Zschocher

„Ach, ihr nutzt wirklich noch Plastik?“
Mit einem irritierten Blick schaue ich auf die Dose in meiner Hand. Sie war ein Geschenk von Freunden, die Kinder verbinden damit genau eins: Apfelschnitze auf dem Spielplatz. Und dann wandert mein Blick auf die Dose, die die befreundete Mutter im Gepäck hat. Edelstahl. Genau wie die Flasche. Und mir ist das ehrlich gesagt vollkommen egal. Achselzuckend nicke ich und wende mich meinen Kindern zu. Und doch muss ich gestehen, dass mich diese kleine Spitze auf dem Spielplatz getroffen hat…

Lesezeit: Etwa 3 Minuten
Vier Kleinkinder im Halbkreis spielen

Andere Eltern sind manchmal ganz schön anstrengend

...weil sich auch daran zeigt, wie Eltern mit Eltern umgehen. Nämlich viel zu oft bewertend, vergleichend und wenig wertschätzend. Jeder vermeintliche Fehler wird bemerkt, seziert und kommentiert. Ich habe da aber keine Lust drauf. Ganz ehrlich: Solange andere Eltern ihre Kinder nicht schlagen, sie lieben, gut zu ihnen sind und sich kümmern, ist mir doch egal worin sie ihr Obst transportieren. Oder welche Klamotten das Kind trägt, ob es malen, zeichnen, sprechen oder hüpfen kann. 

Eltern richten über andere Eltern

Nur scheine ich mit dieser Meinung irgendwie allein zu sein. Denn die Eltern um mich herum, mit denen man ja im Kindergarten, auf dem Spielplatz und im Alltag so zusammenkommt, die, so kommt es mir vor, richten am laufenden Band.
Wer tut mehr für sein Kind, fördert es besser, kauft gesünderes Essen? Welche Mutter pflegt sich besser, hat die erfolgversprechende Karriere? Welcher Vater kann am besten Nudeln mit Tomatensoße kochen oder die wildesten Geschichten erzählen? Statt sich einfach gegenseitig zu unterstützen, wird alles zu einem Wettbewerb. Mich strengt das sehr an. 

Das Leben ist zu kurz für Lästereien

Zum einen ist mir meine Zeit zu schade, um sie mit Lästereien über andere Eltern zu verbringen. Das Problem: Beim gemeinsamen Sitzen auf dem Spielplatz wird das aber immer wieder ein Thema. Denn klar, Eltern wollen das Beste für ihr Kind. Aber oft glauben sie eben auch, dass nur sie wissen, was das Beste ist. Da wird dann meine Plastikbüchse kommentiert, oder der Kekskonsum vom Nachbarskind. Und das ist ja noch nicht alles. Natürlich wird auch an anderen Mütter und Vätern herumkritisiert. Die Eine zu dick, der andere zu viel arbeitend, oder zu wenig. Die Energie, die dafür drauf geht, andere Menschen schlecht zu machen, die habe ich einfach nicht. Und ich will sie ganz ehrlich auch nicht aufbringen.

Unterstützt euch lieber

Zum anderen ist es so, dass ich andere viel lieber unterstütze. Das Leben mit (Klein)Kindern ist nervenaufreibend, anstrengend und schön. Ich verstehe nicht, warum gerade Mütter sich so selten solidarisieren, sondern lieber gegeneinander kämpfen. Verabrede ich mich beispielsweise mit dem Vater eines Kitakindes, einfach weil unsere Kinder sich mögen, setzt das Getuschel ein. Dabei sitzen wir nur zusammen auf der Bank und schauen den Kleinen beim Spielen zu. Treffe ich mich mit Müttern und mache klar, dass ich keine Lust auf Lästereien habe, wird es oft schweigsam. Das alles strengt mich sehr an. Wie schade, in Anbetracht der Tatsache, dass wir alle doch mehr Unterstützung brauchen könnten. Ich trete dem also ziemlich offen entgegen und suche mir stattdessen Menschen, mit denen es irgendwie besser passt.
Aber ist das nicht schade, all diese Grabenkämpfe gegeneinander, statt sich gemeinsam durch das Leben mit Kindern zu navigieren? Eigentlich wollen wir Eltern doch alle, dass unsere Kinder empathische, soziale Menschen werden, die für sich und andere einstehen. Dann ist es meiner Meinung nach nur richtig, eben auch in diesem Punkt ein Vorbild zu sein und mit gutem Beispiel voranzugehen. Ich lebe nicht in einem Elfenbeinturm, ich weiß, dass Lästereien und Ausgrenzungen auf dem Schulhof passieren werden. Aber noch sind meine Kinder so klein, dass ich jetzt die Grundlage legen möchte, um sie stark zu machen.  Gegen die Lästereien von anderen, aber auch dagegen, sich selbst daran im großen Stil zu beteiligen.