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Kann Allergien vorgebeugt werden?

Aktuell gibt es leider keine Therapien, mit der die Ursachen behandelt werden können, sondern nur Therapien um die Beschwerden zu lindern (Stand: 2019). Was liegt näher als darüber nachzudenken, ob und wie man Allergien vorbeugen könnte? Vor allem über ein Thema wird häufig diskutiert. Nämlich ob man über die Ernährung vorbeugen kann. Ja, ein bisschen, lautet die Antwort, die wir in diesem Artikel geben. Aber leider ohne Garantie.

Welches Risiko haben Babys?

Grundsätzlich haben Babys dann ein erhöhtes Risiko für eine Allergie, wenn Eltern oder Geschwisterkinder welche haben. Die Neigung für Allergien wird nämlich vererbt. Das hat die Wissenschaft nachgewiesen. Es bedeutet aber nicht, dass ein Baby mit einer Allergiegefährdung immer eine Allergie bekommen wird. Es kann, muss aber nicht passieren. Wenn es keine bekommt, dann hat das Baby Glück gehabt. Aber es ist kompliziert: denn auch Kinder, deren Eltern oder Geschwister keine Allergie haben, können eine entwickeln. Vererbung ist also nicht das einzige Thema.

Welche Faktoren spielen eine Rolle?

Allergische Erkrankungen werden auch als „multifaktorielle Erkrankungen“ bezeichnet. „Multi“ bedeutet, dass viele Faktoren eine Rolle spielen. Bei Allergien sind das z.B. das Rauchen, ob es Tiere im Haushalt gibt (vor allem Katzen), Schadstoffe in Innenräumen, Luftschadstoffe und: die Ernährung. Vererbung ist also nicht allein ausschlaggebend. Mit dem Thema Ernährung befassen wir uns jetzt näher. Denn das, was wir täglich essen, das können wir beeinflussen.

Mit der Ernährung vorbeugen - das beginnt schon in der Schwangerschaft

Allergien vorbeugen kann man schon der Schwangerschaft. Denn das werdende Baby wird durch die schwangere Mutter ernährt. Eine gute Ernährung in dieser Zeit wird immer empfohlen, natürlich nicht nur wegen der Allergievorbeugung. Damit werden die Grundlagen für ein gesundes Wachsen des Kindes im Bauch, einer gesunden Entwicklung aller Organe und Funktionen und auch des Immunsystems gelegt. Denn bei allergischen Erkrankungen geht es darum, wie gut das Immunsystem auf unbekannte Stoffe reagiert. Konkret bedeutet gute Ernährung: vielseitig zu essen (also viele verschiedene Lebensmittel), und darauf zu achten, dass alle wichtigen Nährstoffe in ausreichender Menge aufgenommen werden.

Was kann man sonst noch in der Schwangerschaft machen? Regelmäßig Fisch essen! Wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass Fisch hilft atopischen Erkrankungen (z.B. Neurodermitis) vorzubeugen. Das hat etwas mit den gesunden Fettsäuren in Fisch zu tun, die gut für das Immunsystem sind. Es darf also gerne 1-2x pro Woche Fisch auf dem Speiseplan stehen.

Keine Lebensmittel weglassen während der Schwangerschaft!

Wissenschaftliche Studien haben keinen Beweis gefunden, für die Empfehlung, bestimmte Lebensmittel in der Schwangerschaft aus Vorsicht wegzulassen, z.B. Milch, Eier, Fisch, Weizen, damit keine Allergie entsteht. Solche Empfehlungen sind in älteren Büchern oder im Internet noch zu finden. Weglassen hat jedoch keinen Effekt, ob eine Allergie entsteht oder nicht. Für das Baby kann es sogar gefährlich sein. Weil Milch, Eier, Weizen oder Fisch wichtige Nährstoffe enthalten, die dann fehlen.

Vorbeugung durch Stillen

Wenn das Baby auf die Welt gekommen ist, ist Stillen die beste Ernährung für das Baby. Egal ob es ein Risiko für eine Allergie hat oder nicht. Muttermilch enthält zahlreiche Inhaltsstoffe, die das Immunsystem des Kindes stärken. Um Allergien vorzubeugen, wird empfohlen in den ersten vier Monate voll zu stillen. Auch das haben viele Studien ergeben.

Für euch als Eltern ist folgendes noch wichtig zu wissen: es gibt nur Studiendaten für die ersten vier Monate, mit denen man diesen Nachweis erbringen konnte.  Ob ausschließliches Stillen auch nach dem 4. Monat noch was bringt oder nicht, weiß man nicht. Du kannst also NACH dem 4. Monat noch voll weiterstillen und beginnst später mit Beikost. Oder du beginnst mit Beikost und stillst teilweise weiter.

Vorbeugung durch die Ernährung der stillenden Mutter

Es gilt genau dasselbe, was über Ernährung in der Schwangerschaft geschrieben wurde: auch in der Stillzeit ist eine gesunde, ausgewogene Ernährung der Mutter wichtig. Und auch in der Stillzeit bitte keine Lebensmittel zur Vorsicht weglassen und gerne regelmäßig Fisch essen!

Besondere Nahrungen für allergiegefährdete Kinder

Wenn ein allergiegefährdetes Baby nicht gestillt werden kann, braucht es eine spezielle Sorte Milchnahrung, eine sogenannte hypoallergene Milch. Sie ist an der Aufschrift H.A. auf der Verpackung erkennbar. Hypoallergen bedeutet, dass das Eiweiß in diesen Nahrungen schon etwas aufgespalten ist und dadurch weniger allergieauslösend wirkt. H.A. Nahrung sollte auf jeden Fall in den ersten vier Monaten gefüttert werden. Für diesen Zeitraum gibt es wieder Daten, für die Zeit danach, keine mehr. Du kannst die hypoallergene Milchnahrung aber noch länger füttern, nach dem 6. Lebensmonat sind sie jedoch meistens überflüssig. Babynahrungen auf Sojabasis sind übrigens für die Allergievorbeugung nicht empfohlen.

Beikost für allergiegefährdete Kinder

Alle deutschen Fachgremien empfehlen Beikost frühestens nach dem vollendeten vierten, spätestens ab dem vollendeten sechsten Lebensmonat einzuführen. Diese Empfehlung gilt genauso für allergiegefährdete Kinder. Es werden also keine Unterschiede mehr gemacht zwischen Babys mit oder ohne Allergiegefährdung.

Ganz wichtig! Denn bis vor einigen Jahren hatte man einen anderen Ansatz: nämlich möglichst lange zu stillen und auch bestimmte, stark allergenwirkende Lebensmittel, also meist Milch, Ei, Weizen, Nüsse, Fisch, im ersten Lebensjahr erstmal weglassen. Vorsicht: diese Information findet man leider noch in älteren Büchern oder im Internet!

Das Immunsystem soll Toleranz lernen

Dass langes Stillen und das Weglassen von Lebensmitteln einen Effekt auf die Entstehung von Allergien hat, dafür gibt es keine Beweise. Bei Milch hat man sogar den gegenteiligen Effekt gefunden. Wenn Kuhmilch im ersten Lebensjahr weggelassen wurde, entwickelten diese Kinder sogar häufiger Kuhmilchallergien. Das Prinzip in der Beikost ist also: alle Lebensmittel füttern, mit kleinen Mengen beginnen. Dann lernt das Immunsystem diese Lebensmittel nicht als fremd und störend zu behandeln, sondern sie zu tolerieren. Man ist also vollkommen weg gekommen von Karenz (=weglassen) und möchte Toleranz fördern.

Wieder gibt es Hinweise darauf, dass Fisch ein besonders wichtiges Lebensmittel auch in der Beikost ist. Fisch in der Beikost kann helfen atopischen Erkrankungen vorzubeugen. Deshalb kann ein Baby gerne 1-2 x in der Woche Fisch im Mittagsmenü bekommen.

Auch bei Allergiefährdung - normaler Beikostaufbau

Das bedeutet, dass auch ein allergiegefährdetes Kind nach dem ganz normalen Beikostfahrplan ernährt werden kann. Besonders empfehlenswert ist es auch, neue Lebensmittel einzuführen und parallel weiterzustillen.

Man braucht auch nicht mehr eine Woche zu warten, bis man das nächste Lebensmittel einführt um zu schauen, ob das Lebensmittel vertragen wird oder nicht. Zwei bis drei Tage reichen völlig aus. Von Vorteil ist, wenn man selber kocht. Denn dann hat man einen besseren Überblick über die verwendeten Zutaten.

Exkurs - Verträgt mein Baby dieses Lebensmittel? Bitte genau prüfen!

Wenn du den Verdacht hast, dass dein Baby ein neu eingeführtes Lebensmittel während des Beikostaufbaus nicht verträgt, weil es zum Beispiel einen Ausschlag oder Durchfall bekommen hat, dann lass dieses Lebensmittel für 1-2 Wochen weg. Danach probiere es aber bitte noch einmal aus. Denn manche Beschwerden eines Kindes, die als Zeichen für eine Allergie interpretiert werden könnten, haben in Wirklichkeit eine andere Ursache.

Das herauszufinden ist dann Sache des Kinderarztes. Deshalb bitte nicht selbständig Lebensmittel und vor allem nicht dauerhaft aus dem Speiseplan verbannen. Es besteht immer die Gefahr, dass es unbegründet ist und dass wichtige Nährstoffe fehlen. Abgesehen davon macht es Stress, darauf zu achten, wo diese Zutat drin ist und wo nicht!

Fazit - Allergien vorbeugen durch Ernährung

Das Fazit lautet: ja, man kann mit der Ernährung vorbeugen. Aber: es gibt keine Garantie, dass es klappen wird eine allergische Erkrankung zu verhindern.  Schaden tut es jedoch auf keinen Fall! Und alle Tipps zur Ernährung sind leicht umsetzbar. Von einer ausgewogenen, nährstoffreichen Ernährung profitieren Mutter und Kind immer – Allergie hin oder her.

Wer mehr darüber lesen möchte: sehr gute Informationen zum Thema allergische Erkrankungen, auch Broschüren und Beratung gibt es beim Deutschen Allergie- und Asthmabund (www.daab.de)