Ein selig lächelndes Kind, das die Beinchen in die Luft streckt, brav auf dem Rücken liegt und sich im rechten Moment ein Stück zur Seite dreht… Das wünschen wir uns oftmals, wenn wir einem Baby oder Kleinkind die Windeln wechseln. Doch leider ist das nicht immer der Fall. Spätestens, wenn dein Baby gelernt hat wie es sich selbständig auf den Bauch drehen kann, kann eine Wickelsituation auch mal in einen Ringkampf ausarten. Gar nicht so einfach. Das Baby braucht eine neue Windel und du möchtest ihm nicht wehtun. „Was ist mit meinem Kind nur los?“ wirst du dir vielleicht denken, wenn es von heute auf morgen am Wickeltisch nicht mehr harmonisch zugeht.
Die Entwicklung unserer Kinder schreitet stetig voran. Stück für Stück, Schritt für Schritt kommen neue motorische Errungenschaften dazu. Vor allem Entwicklungsschritte im großmotorischen Bereich, wie das Auf-den Bauch-drehen, Krabbeln und Stehen wirken sich auf die Situation beim Windelwechseln aus. Wenn ein Kind etwas Neues lernt, möchte es das immer und immer wieder ausprobieren. Wenn sich dein Baby schon drehen kann, kennst du das Spiel wahrscheinlich: Das Baby dreht sich auf den Bauch, du drehst es zurück, das Baby dreht sich auf den Bauch, du…Da bleibt wenig Zeit die alte Windel aus und die neue anzuziehen. Für das Kind steht etwas anderes auf dem Plan, das erstmal wichtiger ist.
Kinder sind von Grund auf neugierig. Das ist auch gut so, denn nur so ist Entwicklung möglich. Nur so lernt dein Baby wichtige neue Dinge. Auf dem Wickeltisch ist natürlich viel Interessantes zu entdecken. Eine Packung Feuchttücher, das Mobile, ein paar Söckchen, der eigene Körper… Passiv auf dem Rücken zu liegen und etwas mit sich geschehen lassen ist jetzt Fehlanzeige. Das Kind möchte aktiv dabei sein und so viel wie möglich entdecken.
Wenn dein Baby sich von heute auf morgen nicht mehr wickeln lassen möchte, kann es, ganz praktisch gesehen, daran liegen, dass dem Kind der Popo weh tut. Wunde Haut, ein Pilz oder durch harten Stuhlgang verursachte Mini-Fissuren (die man oft gar nicht sieht) können das ganz normale Windelwechseln äußerst unangenehm machen. Es tut dem Kind dann schlichtweg weh, wenn der Popo gereinigt wird.
Nur weil es den Kleinen oftmals keinen Spaß macht, können wir nicht aufhören sie zu wickeln. Rüttle nicht an der Tatsache, dass die Windel jetzt gewechselt werden muss. Trotzdem kannst du die Situation so gestalten, dass es für euch beide nicht zum Machtkampf wird. Im Idealfall kann das Wickeln eine bereichernde Zeit für Euch beide sein.
Wenn dein Baby einen wunden Popo hat ist besondere Vorsicht geboten. Hier ist es wichtig, dass du nicht zu fest reibst. Stuhlgang und Urin müssen gründlich beseitigt werden, ohne dass es deinem Kind weh tut. Hier kann es hilfreich sein mit viel Wasser zu arbeiten und den Po nach dem Reinigen noch etwas zu „lüften“. Dauert das Wundsein länger an, frag deinen Kinderarzt nach einer passenden Salbe oder anderen Behandlungsmöglichkeiten. Auch bei länger andauernder Verstopfung ist es sinnvoll mit dem Kinderarzt zu sprechen, damit evtl. schmerzhafter Stuhlgang nicht zu lange anhält.
„Ich wechsle mal schnell die Windel!“ das sagt man so dahin. „Mal schnell“ geht jedoch bei einem mobileren Kind meist nicht. Wenn du beschlossen hast, dass dein Kind jetzt gewickelt wird, nimm dir Zeit und versuche ganz bei der Sache zu sein. Was dein Kind in der Wickelsituation braucht, ist ein liebevolles Geleitetwerden und liebevolle Aufmerksamkeit. Es ist irritierend, wenn du nebenbei telefonierst, fernsiehst oder mit einer Freundin plauderst. Sei ganz bei deinem Kind. Erkläre ihm, was du gerade mit ihm machst. „Siehst du, ich ziehe dir jetzt deine Hose an.“
Wickeln ist eine intime Situation für dich und dein Kind. Ihr könnt euch hier ganz nah sein. Schau dein Kind an, berühre es und begleite das Wickeln mit liebevollen Worten. Auch, dass es dem Kind gerade keine Freude macht, kannst du ihm sagen. Damit nimmst du seine Gefühle ernst. „Ich sehe, du ärgerst dich, weil es so lange dauert. Wir sind aber gleich fertig. Ich muss dir nur noch die frische Windel festmachen.“ Das Kind sieht so, dass du seinen Unmut wahr- und ernstnimmst. Das ist besser als das „Augen-zu-und-durch“-Prinzip. Am Ende habt ihr gemeinsam eine schwierige Situation gemeistert. Das kann eure Beziehung sogar verbessern.
Passivität ist für ein Kleinkind, das die Welt entdecken möchte die Höchststrafe. Lass dein Kind die Wickelsituation aktiv mitgestalten. Das geht auch schon bei ganz kleinen Babys. Wenn du deinem Kind immer wieder erklärst, dass du hier einen Ärmel hast und dafür sein Ärmchen brauchst, wird es dir dieses bald entgegenstrecken, wenn du ihm das Ärmelloch zeigst. Dein größeres Baby kann dir auch schon bald ein Feuchttuch reichen, wenn du es darum bittest. Auch Söckchen, Hose, Body, Windel und Co. Hier wird ganz nebenbei auch noch der Wortschatz erweitert.
Wenn die Situation bei euch schon schwierig geworden ist, kann es sein, dass du Vorbehalte entwickelst und vielleicht schon gestresst in die Wickelsituation gehst. Versuche jedes Mal wieder durch zu schnaufen und möglichst neutral an die Sache zu gehen. So gibst du deinem Kind und dir jedes Mal von neuem die Chance, dass das Wickeln diesmal besser wird. Wenn du mit einem Grummeln im Bauch und einem grimmigen Gesicht wickelst, wirkt sich das auf euer beider Laune aus. Wenn die Stimmung zwischen euch schon ziemlich schlecht ist, bitte deinen Partner diese Aufgabe ein paar Tage für dich zu übernehmen. Danach fällt es dir vielleicht leichter, wieder entspannt zu wickeln.
Was mag dein Kind denn besonders gerne? Fingerspiele, ein Lieblingslied, ein Kitzelspiel oder einfach nur ein Scherz, den du mit deinem Kind machst, kann die Situation auflockern. So kommt ihr beide zum Lachen und seid damit schon ein wenig entspannter. Hier kann auch ein Ritual entstehen, das euch beiden Freude macht und das scheinbar langweilige Wickeln mit etwas Positivem verbindet.
Probier es doch einfach mal aus. Man kann Kinder auch im Stehen wickeln. Sicher es braucht einige Übung und vielleicht sitzt die Windel am Anfang nicht ganz perfekt. Aber – es geht. Du kannst mit deinem Kind dafür entweder auf den Boden gehen oder am Wickeltisch ein Geländer anbringen, an dem sich das Kind festhält. Auch Höschenwindeln in die das Kind einfach reinschlüpft, können hier hilfreich sein.
Klar hat man nicht immer Zeit sich voll und ganz auf das Kind und seine momentane Situation einzustellen. Da muss schon mal am Bahnhof, im Kinderwagen oder im Kaufhaus gewickelt werden. Wichtig ist jedoch immer im Kontakt mit dem Kind zu sein und ihm zu erklären, was passiert. Mach ihm hier ganz klar deutlich, dass es jetzt nicht anders geht.
In so einer Situation kann man auch mal mit Ablenkung arbeiten. Eine Packung Feuchttücher z.B. kann hier zum interessanten Forschungsobjekt werden.
Wenn du das Gefühl hast, schon rot zu sehen, wenn du an den Wickeltisch gehst, trau dich ruhig nach Hilfe zu fragen. In vielen Familienberatungsstellen gibt es ausgebildete Berater für Eltern mit Kindern in den ersten Lebensjahren. Hier könnt ihr nochmal gemeinsam einen Blick auf eure Wickelsituation werfen und gemeinsam sehen, wie sie positiver gestaltet werden kann. Und auch unsere Online-Beraterinnen können dir weiterhelfen.