Wie schnell, wie viel wieder arbeiten? Diese Frage ist ein zentrales Thema für berufstätige Frauen und Männer, da es entscheidende Konsequenzen für das Familienleben mit sich bringt. Unsere beiden Erfahrungsberichte zeigen, dass auch die eigene Prägung in der Kindheit eine Rolle spielt. Es gibt keinen objektiv richtigen Weg, sondern den, für den du dich entscheidest!
Dr. Annemarie Bloß ist Rechtsanwältin in einer internationalen Großkanzlei und hat zwei Töchter. Kind und Beruf unter einen Hut zu bekommen ist für sie häufig eine Gratwanderung.
Ob es zu einer Belastung wird, hängt entscheidend vom unmittelbaren beruflichen Umfeld ab, aber auch von der eigenen Einstellung. Bestimmte Berufe erlauben einfach keine lange Auszeit. In meinem Beruf bedeutet eine längere Auszeit in aller Regel, dass man Mandate verliert und wichtige Kontakte zu Kollegen, die einen in Projekte einbinden. Ich habe nach den Geburten meiner beiden Töchter jeweils eine Auszeit von 9 Monaten genommen. Beide Male habe ich zunächst mit einer 50% Auslastung den beruflichen Wiedereinstieg begonnen. Meine Erfahrung ist, dass man sich bei einem Wiedereintritt seine Position erst einmal wieder hart erarbeiten muss, wenn man ernst genommen werden möchte. Dazu gehört auch die Bereitschaft, seine Stundenzahl zu erhöhen.
Inzwischen arbeite ich 80%, das entspricht einer Vollbeschäftigung in vielen anderen Berufen. Ich arbeite sehr gerne und von meinen Kollegen erfahre ich viel Wertschätzung und auch Verständnis in meiner Rolle als Mutter. Ich versuche aber im Büro nicht ständig von meinen Kindern zu reden. Umgekehrt möchte ich meinen Töchtern das Gefühl geben, dass sie alleine und nicht meine Arbeit das wichtigste in meinem Leben sind. Dazu gehört auch, dass ich wann immer möglich meine Kinder, vor allem die Ältere, unerwartet früher als üblich abhole, mit ihr Mittag essen gehe und schöne Sachen unternehme - also so viel quality time wie möglich mit den Kindern verbringe. Ich glaube, gerade für Mädchen wird es heute immer wichtiger zu lernen, dass es normal ist, dass Mütter beruflich erfolgreich und dadurch auch unabhängig sein können. Meine eigene Mutter hat mit fünf Kindern als Apothekerin - mit Ausnahme eines vierjährigen Auslandsaufenthaltes - durchgängig gearbeitet. Vielleicht ist es auch deshalb für mich selbstverständlich gewesen, dass ich keine allzu lange Auszeit genommen habe.
Nicole Laakmann, 41 Jahre, Rechtsanwältin und Mutter von munteren Zwillingen, 10 Jahre, ist geübt im Wechsel zwischen Beruf und Familie. Kraft für den turbulenten Alltag gewinnt sie durch ihre Hobbys, insbesondere das Reiten, das Schwimmen und Faulenzen im eigenen Garten.
Zeit für eigene Interessen, auch mal für einen "Urlaub ohne Familie" sollte sich nach Ihrer Überzeugung jeder nehmen. Als Rechtsanwältin, die selber in einer selbstständigen Handwerker-Familie und von einer berufstätigen Mutter groß gezogen wurde, war für mich eigentlich immer klar: Ich werde auch als Mutter weiter arbeiten. Genauso klar war mir aber auch: Nicht von Anfang an und keinesfalls in Vollzeit! Wie meine Mutter wollte auch ich zumindest die ersten drei Jahre überwiegend zu Hause und für mein Kind da sein. Nichts gegen Krippen und Tagesmütter, insbesondere wenn man finanziell auf zwei Gehälter angewiesen oder alleinstehend ist. Aber grundsätzlich bin ich der Meinung, dass gerade in den ersten Jahren die Mutter (oder der Vater) die bessere Betreuungsmöglichkeit darstellt. Außerdem verpasst man unendlich viel, wenn man schon kurz nach der Geburt wieder in Vollzeit arbeitet: Das erste Drehen, das erste Krabbeln, die ersten Schritte, das erste Wort - ich habe alles mitbekommen.
Nachdem aus unserem Wunschkind unverhofft Zwillinge wurden, die auch noch viel zu früh (26 SW) zur Welt gekommen sind, stand meine Entscheidung endgültig fest: Ich bleibe erst einmal zu Hause. Drei Jahre Elternzeit mit der Option, eventuell nach einem Jahr in Teilzeit wieder anzufangen, wurden bei der Chefin eingereicht. Nach einem Jahr mit viel Spaß und Glück aber auch unendlich viel Stress fing ich dann doch wieder an zu arbeiten. Zwei volle Tage im Job (montags und dienstags), die anderen fünf Tage zu Hause und viel Zeit für die Kinder. Für mich – auch im nach hinein – die beste Lösung im zweiten und dritten Jahr der Elternzeit. Meine Kinder wurden durch die Omas und Opas an meinen beiden "Arbeitstagen" (jedes Großelternpaar übernahm einen Tag) bestens versorgt und verwöhnt. Mit drei Jahren ging es in die Kita. Seither arbeite ich wieder 25-30 Stunden. Meine Erfahrung ist: Job und Familie sind gut.