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Schritt für Schritt: Der Übergang von der Grundschule in die weiterführende Schule

Bald ist die Grundschulzeit vorbei...
Im ersten Schulhalbjahr der vierten Klasse wird in der Schule unter den Kindern schon viel über den anstehenden Schulwechsel geredet. Schnell ist für euer Kind die Entscheidung gefallen, dass es auch auf das Gymnasium gehen will, das ihre beste Freundin besuchen möchte. Für viele Kinder stehen anfangs die freundschaftlichen Beziehungen im Vordergrund und ihnen ist noch nicht klar, dass es bezüglich pädagogischem Arbeiten, Lerntempo, Leistungsanspruch und Lerninhalten große Unterschiede an den weiterführenden Schulen gibt. Euer Kind braucht nun auch eure Hilfe. Aber was ist wirklich die geeignete Schule für euer Kind?

Lesezeit: Etwa 6 Minuten
Kind in der Schule meldet sich während des Unterrichts

Erstes Halbjahr: Ruhe bewahren! Überblick verschaffen... und ins Gespräch kommen

Im ersten Halbjahr des vierten Schuljahrs können Eltern und Kinder sich zunächst einen Überblick über die unterschiedlichen Schulformen verschaffen, in einem gemeinsamen Gespräch die Unterschiede besprechen und eine bevorzugte „WUNSCH- Schulform“ ins Auge fassen. Das Gespräch sollte möglichst ohne Druck stattfinden. Fragt euer Kind einfach, was es sich überlegt hat.

Falls eure Einschätzung nicht mit der eures Kindes übereinstimmt, lasst euch das nicht anmerken und entmutigt euer Kind nicht oder setzt es unter Druck, weil ihr andere Vorstellungen habt. Denkt daran, dass ihr ja erst am Anfang des vierten Schuljahres seid. Nun ist es an der Zeit, die Leistungen des Kindes in den Fächern und im Arbeits- und Sozialverhalten genauer und realistisch unter die Lupe zu nehmen und individuelle Schwerpunkte zu setzen. 

Gespräch mit dem/der Klassenlehrer/in

Am besten gelingt dies in einem gemeinsamen Gespräch mit der/m KlassenlehrerIn. Das Kind kann sich dafür vorbereiten, indem es ein so genanntes Eigenzeugnis anfertigt, in welchem es eine Selbsteinschätzung des Arbeits- und Sozialverhaltens und der fachlichen Leistungen in den Hauptfächern verschriftlicht. In einem beratenden Gespräch kann das Kind diese Selbsteinschätzung mit der Wahrnehmung der/s Lehrerin/s vergleichen, Unterschiede aufspüren und maximal drei Arbeitsschwerpunkte herausarbeiten. Es ist ratsam, am Anfang des Gesprächs die gewünschte Schulform des Kindes anzusprechen, damit die Lehrerin die Vorstellung des Kindes vor Augen hat und es im Gespräch dementsprechend beraten kann.
Hilfreich ist es, wenn ihr im Anschluss noch einmal kurz mit der/m Lehrer/in alleine sprecht, um ihr gegenüber eure Einschätzung noch einmal ohne das Kind mitteilen zu können. Eltern und Kinder sind bei diesem Thema nämlich erfahrungsgemäß nicht immer einer Meinung. Außerdem könnt sowohl ihr, als auch die Lehrkraft offen und ehrlich Bedenken äußern und Fragen klären. Versucht dabei euer Kind realistisch einzuschätzen und auch Bedenken der Lehrkraft ernst zu nehmen. Bedenkt, dass auch sie das Beste für euer Kind will und es sicherlich keinem Kind gut tut, auf ein Gymnasium zu gehen, wenn absehbar ist, dass es dort restlos überfordert sein wird. Wenn ihr der Einschätzung der Lehrkraft nicht vertraut, kann es hilfreich sein, die Meinungen anderer Lehrer in den Kernfächern mit hinzuzuziehen.

Zweites Schulhalbjahr: Klarheit gewinnen. Entscheidungen treffen.

Im zweiten Schulhalbjahr wird es dann konkreter. Das Halbjahreszeugnis ist da. Euer Kind kann nun schwarz auf weiß sehen, wie der aktuelle Leistungsstand ist. Vielleicht ist es erleichtert, weil es die gesetzten Ziele erreichen konnte; oder es ist traurig, weil es sich mehr erhofft hatte und nun nicht sicher ist, ob es für die gewünschte Schulform reicht. Falls die Lehrkraft eurem Kind zu dem Zeugnis keine Erläuterungen gegeben hat, könnt ihr die Lehrkraft um ein Gespräch bitten. So können Fragen zu den Leistungen in den verschiedenen Kompetenzbereichen der Fächer besprochen werden. 

Informationsveranstaltungen und Anmeldungsverfahren klären

Gegen Ende des ersten Schulhalbjahres oder zu Beginn des zweiten Halbjahrs finden in der Regel Informationselternabende und Tage der offenen Tür in den weiterführenden Schulen statt. Zum Teil stellen sich an einer Veranstaltung mehrere Schulen aus einem Stadtgebiet vor. Die Elternabende stellen eine sehr gute Möglichkeit dar, Schulprofile besser kennen zu lernen und mit Schulleitungen und Lehrkräften ins Gespräch zu kommen. Die Termine werden über die GrundschullehrerIn weitergeleitet oder sind auf den Internetseiten der weiterführenden Schulen zu finden.
Außerdem wird beim Elternabend das Anmeldeprozedere erklärt und die Anmeldetermine bekannt gegeben (in jedem Bundesland unterschiedlich). Die Termine werden in der Regel auch auf den Internetseiten der weiterführenden Schulen angegeben. Das Anmeldeprozedere ist meistens etwas kompliziert. In Niedersachsen ist es beispielsweise so, dass Eltern ihr Kind nur auf einer Schule anmelden können. Diese ist dann der Erstwunsch. Wenn die Schule zu viele Anmeldungen hat, wird die Anmeldung an den von den Eltern angegebene Zweitwunschschule weitergereicht und von dieser ggfs. an die dritte Schule. In Niedersachsen bekommt ihr Kind also keine Garantie darauf auf die favorisierte Schule gehen zu können. Außerdem dürfen der Zweit- und Drittwunsch nicht Schulen einer anderen Schulform sein.
Wirklich empfehlenswert ist es, mit den Kindern vor den Anmeldeterminen die Tage der offenen Tür oder Termine für Schnupperunterricht etc. wahrzunehmen. Vor Ort bekommen die Kinder das beste Gefühl für die Räumlichkeiten und die Atmosphäre in der jeweiligen Schule. Außerdem ist es sinnvoll, vor den Anmeldeterminen noch ein zweites Gespräch bezüglich der Schulwahl mit der Lehrkraft zu führen. Zu diesem Zeitpunkt sind sich viele Kinder und Eltern schon sehr sicher, auf welche Schule das Kind gehen soll. Wenn ihr oder euer Kind noch unsicher seid, dann könnt ihr an dieser Stelle noch einmal die Meinung und den Rat der Lehrkraft in Anspruch nehmen. Sie kennt die Anforderungen der weiterführenden Schulformen und die Schulleistungen eures Kindes schließlich besonders gut. 

Gelassen bleiben und auf euer Kind vertrauen

Gerade in Großstädten ist das Angebot an weiterführenden Schulen groß. Bei so vielen verschiedenen Möglichkeiten kann es einem als Elternteil schon schnell passieren das eigene Kind aus dem Blick zu verlieren. Ihr solltet daher nicht vergessen, dass es um seine bzw. ihre Fähigkeiten und Interessen geht und nicht darum, was ihr als Eltern gerne gemacht hättet oder wollt, dass es euer Kind macht. Beobachtet also euer Kind und bleibt mit ihm im Gespräch. Jedes Kind ist anders und jedes Kind braucht etwas Anderes um sich erfolgreich entwickeln und lernen zu können. Auch wenn es euch so vorkommt, als wäre diese Entscheidung eine Lebensentscheidung für euer Kind. So ist es nicht. Euer Kind wird seinen Weg schon gehen. Ihr macht alles richtig, wenn ihr versucht euer Kind realistisch einzuschätzen, es nicht unter Druck zu setzen und es bei seinem Weg zur Seite zu stehen. Ob euer Kind ein Abitur über den Weg des Gymnasiums machen oder nach einem anderen Schulabschluss eine Ausbildung anfangen wird, müsst ihr jetzt noch nicht entscheiden. Das Schulsystem ist in den letzten Jahren viel durchlässiger geworden. So hat euer Kind zu jeder Zeit noch alle Möglichkeiten. Egal zu welcher Schule es letztendlich gehen wird, behaltet dies im Hinterkopf und vertraut in eure Kinder. 

Info zum Schluss: Regelungen der Bundesländer beachten

Schulformen:
Da Bildungspolitik Ländersache ist, gibt es bei den weiterführenden staatlichen Schulen Unterschiede in den Bundesländern. Es haben sich aber in allen Ländern bestimmte Schulformen herauskristallisiert, die weitgehend vergleichbar sind. So gibt es nach wie vor in jedem Bundesland das Gymnasium. Realschulen und Hauptschulen sind teilweise abgeschafft und zu Oberschulen oder Gemeinschaftsschulen zusammengelegt worden. Daneben gibt es zunehmend mehr Gesamtschulen. Diese sind unterteilt in integrierte Gesamtschulen (alle Kinder lernen zusammen wie in der Grundschule) und kooperative Gesamtschulen (mehrere Schulformen unter einem Dach, teilweise gemeinsamer Unterricht oder Arbeitsgemeinschaften). Förderschulen werden wegen der Inklusion immer stärker abgebaut.

Schullaufbahnempfehlungen:
Auch bei den Empfehlungen gibt es Unterschiede. So sind die schriftlichen Empfehlungen der Schule, auf welche Schule ein Kind nach der Grundschule gehen sollte in einigen Bundesländern (z.B. Niedersachsen) abgeschafft worden und durch mündliche Beratungsgespräche ersetzt worden. In anderen Bundesländern sind die Empfehlungen der Grundschule ausschlaggebend für die weitere Schullaufbahn des Kindes und in wieder anderen dienen sie nur als Orientierung, aber die Eltern treffen die Entscheidung.