Format: Artikel – Schreibfeder auf dem Tisch
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Beste Freundinnen und liebste Kumpel: Teenager und Freundschaften

Gastautorin - Silke Plagge

Umso älter Kinder werden, desto wichtiger sind für sie Freundschaften. Spielen und Toben ist nun nicht mehr wichtig, Jugendliche suchen sich Gleichgesinnte um gemeinsam die Welt zu erkunden. Eltern fühlen sich oft ausgeschlossen und fragen sich: muss ich meinem Kind helfen? Sind das wirklich die richtigen Freunde?

Lesezeit: Etwa 4 Minuten
Sandige Füße von Teenagern am Steg

Die ersten Sandkisten-Freundschaften sind zuckersüß

...und bei diesen ersten Begegnungen mit Gleichaltrigen sind Eltern meist dabei. Sie kennen die Eltern der anderen Kindergartenkinder, organisieren selbstverständlich Verabredungen für den Nachwuchs, sind am Anfang immer dabei und hören, wie die Kleinen gemeinsam Ritter, Pferd oder Vater-Mutter-Kind-Rollenspiele gestalten.

Je älter Kinder werden, desto mehr kümmern sie sich selbst um ihre Freundschaften.

Spätestens im Grundschulalter verabreden sie sich allein. Wenn die Freunde in der Nähe wohnen, finden sie es auch wichtig allein zu ihnen gehen zu können. Umso älter die Kinder werden, desto weniger sind die Eltern beteiligt. „Ich fahre nachher zu Jan aus meiner Klasse. Wann soll ich wieder da sein?“, fragt der 12-Jährige. Wo wohnt Jan? Wer sind seine Eltern? 

Freundschaften werden nun eigenständig gepflegt

Kinder suchen sich nun immer mehr Freundschaften unter Gleichgesinnten und erweitern ihren Radius. Sie lernen andere Heranwachsende im Sportverein, in der Kirchengemeinde oder im Jugendtreff kennen. Verabredungen werden per Smartphone gemacht und getroffen wird sich auch immer mehr „unterwegs“. Auf die Frage: „Was macht ihr eigentlich?“ erhalten besorgte Eltern nicht unbedingt eine hilfreiche Antwort. Das kann verunsichern und Ängste schüren. Wichtig ist, trotzdem im Gespräch zu bleiben und nachzufragen, ohne nachzubohren. Kinder und Eltern, die eine gute Bindung haben, können sich auch dann auf einander verlassen, wenn gerade eine kleine Windstille herrscht, die nächste Böe kommt bestimmt und dann wird das Kind auch erzählen, welche Segel es gehisst hat.

Das fröhliche Plaudern über viele, viele kleine Dinge des Alltags ist oft vorbei.

Die wichtigsten Erlebnisse werden nun nicht mehr mit den Eltern, sondern mit der besten Freundin und dem besten Kumpel geteilt. Was genau machen die im Kinderzimmer? Die Tür geht zu, oft ist Musik zu hören und der eben noch so wortkarge junge Heranwachsende erzählt ja doch viel. Für Mütter und Väter ist das oft kein sehr schönes Gefühl, nun nicht mehr an erster Stelle im Leben der Kinder zu stehen. Aber genau das gehört zur normalen Entwicklung von Jugendlichen: sie werden immer unabhängiger von ihrer Kernfamilie, bauen neue Beziehungen auf und suchen sich Menschen, mit den sie sich verbunden fühlen.

Was tun, wenn das Kind falsche Freunde hat?

Je eigenständiger Kinder werden, desto weniger Einfluss haben Eltern. Das ist gerade dann sehr schmerzlich, wenn Mütter und Väter miterleben müssen wie ihr Kind enttäuscht wird, wenn die Tochter bitterlich weint, weil die beste Freundin plötzlich nichts mehr von ihr wissen will oder die der Sohn sich aus der Clique ausgeschlossen fühlt. Solche bitteren Erfahrungen tun weh – aber Eltern können sie nicht abwenden.

Hilflos fühlen sich Eltern auch, wenn sie Freunde ihrer Kinder nicht mögen.

Was, wenn deren Niveau oder Herkunft gar nicht dem Umgang entspricht, den sich die ältere Generation wünscht, wenn Eltern fürchten, dass der Freund aus einer Szene kommt, die sie sich nicht für ihr Kind wünschen, wenn Alkohol oder Drogen im Spiel sein könnten? Auch hier ist das wichtigste im Gespräch zu bleiben! Strikte Verbote helfen meist wenig, weil sie eher Trotzreaktionen hervorrufen und können nur eine Notlösung sein. Erinnere dich auch an deine eigene Jugend – mochten deine Eltern alle deine Freunde? Auf keinen Fall sollten die Freunde mit Worten abgewertet werden. Besser ist es zu fragen, warum das Kind gern mit dem Freund zusammen ist oder was es an der neuen Clique reizt. Eigene Sorgen sollten Eltern aber durchaus ansprechen.

Sorgen bereiten Eltern auch sehr dominante Freunde.

Das Mädchen, das keine anderen Freundschaften erlaubt, das die eigene Tochter dominiert und über deren Leben bestimmt oder der Freund, der den Sohn gnadenlos ausnutzt. Eltern sollten dann versuchen, ihrem Kind zu helfen, sich aus dieser Bindung zu lösen und neue Freundschaften zu knüpfen. Ein neues Sportangebot, eine Reise mit den Pfadfindern und andere Kontakte können hier helfen.

Was tun, wenn das Kind keine Freunde hat?

Und wenn das Kind nur wenig Freunde hat und gar nicht gern unterwegs ist? Am liebsten mit einem Buch im eigenen Zimmer sitzt? Auch so etwas bedrückt Eltern. Aber nicht jeder Teenager mag gern große Gruppen. Solange das Kind fröhlich ist und auch Kontakt zu anderen hat, geht es ihm gut. Manchen Kindern reichen die langen Schultage aus. Sie suchen Rückzugsorte, erholen sich lieber in den eigenen vier Wänden. 

Im Grunde ist es wie bei den ganz Kleinen: Es ist alles eine Phase. Dein Kind erobert die Welt durch Versuch und Irrtum. Die Familie ist der sichere Hafen, der ihm Geborgenheit gibt – auch wenn die See da draußen einmal stürmisch sein sollte. Solange dein Kind dieses Gefühl hat, habt ihr alles richtig gemacht und werdet gut durch die abwechslungsreichen Teenie-Jahre kommen.

Ein Tipps zum Schluss:

Für Teenie-Mütter und für engagierte Väter ist es wichtig, die Ablösung vom Kind positiv in Angriff zu nehmen. Vielleicht nutzt du den wachsenden Freiraum für ein neues Hobby oder für ein stärkeres berufliches Engagement? Je mehr dein Kind sein eigenes Leben gestaltet, desto mehr wirst du auch dein eigenes Leben zurückgewinnen.