Format: Tipps – Frau mit Buch
Tipp

Die wichtigsten Grundregeln für Gespräche mit Kindern

"Reden kann doch jeder", mag man denken. Doch die Realität zeigt: Gespräche mit Kindern sind alles andere als einfach. Du kannst nicht wie mit Erwachsenen sprechen, denn es erfordert Sensibilität für ihre Entwicklung und den Mut, ihnen auf Augenhöhe zu begegnen. Viele Eltern kennen die Situation, in der ihr Kind plötzlich verstummt, beleidigt ist oder das Interesse verliert. Solche Momente verdeutlichen, dass wir oft unbewusst Fehler in der Kommunikation mit Kindern machen. Um erfolgreiche Gespräche zu führen, ist es wichtig, bestimmte Regeln zu beachten, die dir helfen, die Verbindung zu stärken und das Verständnis zu fördern.

Lesezeit: Etwa 6 Minuten

Schenke deinem Kind die volle Aufmerksamkeit

Im Alltag muss man manchmal auch Dinge nebenher machen und das ist okay. Aber zumindest einmal am Tag und bei wichtigen Themen solltest du dich nur auf dein Kind konzentrieren. Mache dann nicht nebenher etwas Anderes, sondern sei ganz bei deinem Kind.

Warte den richtigen Zeitpunkt ab

Wenn dein Kind gerade aus dem Kindergarten oder der Schule heimkommt, ist es vermutlich erst einmal müde und braucht etwas Ruhe. Wenn es dann nicht gerade von selbst ein Gespräch beginnt, gönne ihm zunächst eine Verschnaufpause, bevor du ernstere Themen besprichst. Auch wenn dein Kind aus anderen Gründen erschöpft, genervt oder gestresst ist, ist es oft sinnvoll, zu warten.

Kündige an, worüber du sprechen möchtest

Oft hilft es, wenn man dem Kind vorher sagt, worüber man sich gern unterhalten würde und, ob es dafür gerade Zeit hat. So zeigst du ihm, dass du es als Gesprächspartner ernst nimmst und nicht einfach überrumpelst.

Fokussiere dich auf das Wesentliche

Überfordere dein Kind nicht mit langen Ausschweifungen. Fasse dich kurz und nutze eine verständliche Sprache. Die Aufmerksamkeitsspanne von Kindern und Jugendlichen ist kürzer als die von Erwachsenen. Kleine Kinder können sich oft höchstens drei bis fünf Minuten gut konzentrieren, bei Grundschulkindern sollte ein ernstes Gespräch spätestens nach 10-20 Minuten zu Ende sein – es sei denn, das Kind möchte selbst noch weiterreden.

Bleibe konkret

Kinder können mit Vergleichen oder abstrakten Metaphern (z.B. „Du musst deinen Horizont erweitern“) meist noch nichts anfangen. Sage daher konkret, was du meinst.

Rede auf Augenhöhe

Das bezieht sich auch auf die körperliche Haltung. Rede nicht „von oben herab“, zum Beispiel im Stehen. Setze dich mit deinem Kind hin, damit ihr etwa auf gleicher Höhe miteinander sprechen könnt. Und Fernseher oder PC sollten dabei Pause haben.

Nimm' dein Kind ernst

Stelle deine Meinung nicht als die einzig Wahre dar. Respektiere die Wünsche und Ansichten deines Kindes und frage es danach, wie es selbst die Situation wahrnimmt – das kann ganz anders sein als deine Perspektive. Oft liegt darin der Schlüssel zur Lösung eines Konflikts.

Sei offen für Kompromisse

Erkläre deinem Kind deine eigenen Bedürfnisse und nimm auch die Bedürfnisse deines Kindes ernst. Sucht gemeinsam nach einem Kompromiss, mit dem ihr beide gut leben könnt.

Bleibe ruhig und liebevoll

Auch die besten Eltern verlieren mal die Geduld. Doch schimpfen oder anschreien sollten eine absolute Ausnahme bleiben. Du möchtest ein Gespräch führen und keine Strafpredigt halten. Sprich ruhig, klar und freundlich mit deinem Kind. Du bist ein Vorbild – auch bei Meinungsverschiedenheiten.

Führe nicht nur Problemgespräche

Rede nicht nur ernsthaft mit deinem Kind über negative Angelegenheiten. Sage ihm auch immer mal wieder, worüber du dich freust, was du an ihm toll findest, etc. Das stärkt die Beziehung und die Offenheit deines Kindes, mit dir zu kooperieren.

Unterstütze dein Kind dabei, eigene Lösungen zu finden

So wird es selbstbewusster und ist viel motivierter, sein Vorhaben wirklich umzusetzen. Das kannst du fördern, indem du nicht direkt Lösungen anbietest, sondern erst einmal aktiv zuhörst.

Höre aktiv zu

Reagiere nicht auf jede Äußerung deines Kindes mit einem Ratschlag oder einer weiteren Frage. Fasse auch immer mal wieder zusammen, was dein Kind gesagt hat, z.B.: „Also fühlst du dich irgendwie allein, wenn Paula mit Julia in die Pause geht?“ oder frage, ob du alles richtig verstanden hast: „Das heißt, du würdest eigentlich gern Fußball spielen, aber hast Angst, dass du darin nicht gut genug bist? Verstehe ich das richtig?“ Danach lass deinem Kind Zeit, zu antworten.

Nutze positive Äußerungen

Sage weniger, was du nicht möchtest und betone eher, was du dir konkret wünschst. Es ist einfacher, sich um ein bestimmtes, positives Verhalten zu bemühen, als ein negatives zu unterdrücken.

Beende das Gespräch liebevoll

Nicht immer kann man in einem Gespräch direkt eine Lösung finden. Auch wenn das Gespräch nicht so verlaufen ist, wie gewünscht: Sorge für einen guten Abschluss. Danke deinem Kind für die Zeit, die es sich genommen hat und lass es wissen, wie lieb du es hast.

No Go's für Gespräche mit mit Kindern

Wer schon Gespräche mit Kindern geführt hat, hat sicher auch schon mal die Erfahrung gemacht, dass sein Gegenüber plötzlich verstummt ist, beleidigt war oder keine Lust mehr hatte, weiterzureden. Kein Wunder, denn wir Erwachsenen machen nicht selten grobe Fehler in der Kommunikation mit Kindern und Jugendlichen.

  • Dem Kind Gespräche aufdrängen: Kindern fällt es nicht immer leicht, sich zu öffnen, besonders, wenn es um schwierige Themen geht. Deshalb ist es wichtig, sensibel zu sein, um einen guten Zeitpunkt zu erwischen.
  • Ständigen Augenkontakt halten: Grundsätzlich ist es wichtig, seinem Gegenüber in die Augen zu schauen. Man sollte es aber nicht übertreiben - gerade Kinder fühlen sich dann schnell bedroht. Deshalb am besten auch kurze Pausen einbauen, in denen du dein Gegenüber nicht direkt anblickst. Manchmal hilft es auch, ein Gespräch zu beginnen, während man spazieren geht, etwas spielt, puzzelt … sich also nicht ständig ansehen muss.
  • Nicht zu lange reden: Die Aufmerksamkeitsspanne von Kindern und Jugendlichen ist kürzer als die von Erwachsenen. Kleine Kinder können sich oft höchstens drei bis fünf Minuten gut konzentrieren, bei Grundschulkindern sollte ein ernstes Gespräch spätestens nach 10-20 Minuten zu Ende sein – es sei denn, das Kind möchte selbst noch weiterreden.
  • Unterbrechen, während das Kind spricht: Dazu muss nicht viel gesagt werden. Kinder fühlen sich dadurch, ebenso wie Erwachsene, wenig wertgeschätzt.
  • Fertige Lösungen präsentieren: Es hilft Kindern nicht, wenn Erwachsene alle ihre Probleme lösen. Sie entwickeln dann nicht die Fähigkeit, aktiv nach Lösungen zu suchen und eigene Wege zu finden. Außerdem sind sie viel motivierter, wenn sie selbst an einem Plan mitgewirkt oder sogar selbst eine Lösung entwickelt haben. Deshalb höre einfach zu, zeige Interesse und Anteilnahme und stelle Fragen, die deinem Kind helfen können, sich selbst zu helfen. Je jünger das Kind ist, desto mehr Unterstützung braucht es dazu natürlich. Wenn du merkst, dass es selbst überfordert ist, kannst du daher ruhig mal Vorschläge machen – am besten mehrere, zwischen denen dein Kind selbst wählen kann.
  • Zu viele Fragen stellen: Das Kind sollte sich nicht wie in einem Verhör fühlen. Überlege, welche Fragen wirklich wichtig sind und weiterbringen.
  • Schwierige Wörter oder komplizierte Formulierungen benutzen: Dadurch fühlen Kinder sich schnell „abgehängt“ und wenig verstanden. Achte auf eine altersgerechte Sprache mit gut verständlichen Worten und nicht zu langen Sätzen.
  • Aufs Handy schauen oder andere Ablenkungen: Viele Kinder öffnen sich erst, wenn sie wirklich merken, dass der Erwachsene aufmerksam zuhört.
  • Verallgemeinern und Verurteilen: Wir Erwachsenen denken oft, wir wüssten, was für unser Kind richtig ist. Doch jeder Mensch erlebt bestimmte Situationen und Herausforderungen unterschiedlich und muss daher auch seinen eigenen Weg finden, damit umzugehen. Was für dich richtig ist, muss deshalb nicht auch für dein Kind passend sein. Zu dieser Haltung gehört es auch, nicht zu verurteilen. Man kann sagen, dass man anderer Meinung ist, sollte aber die Ansichten des Kindes wahrnehmen und respektieren.
  • Grenzen missachten: Wenn du merkst, dass das Kind nicht über ein bestimmtes Thema reden will, dann mache keinen Druck. Sage ihm, dass du immer bereit bist, mit ihm darüber zu sprechen, wenn es mag und wage nach einer Weile vorsichtig einen neuen Versuch.
  • Sarkasmus und Ironie: Wirken oft abwertend und werden außerdem häufig von Kindern noch nicht verstanden.

Hole dir Hilfe

Wenn du selbst nicht weiterkommst, ist das keine Schande. An diesen Punkt kommen die meisten Eltern immer mal wieder. Du kannst dich kostenlos an unsere >>Online-Beratung oder auch an eine >>Erziehungsberatungsstelle vor Ort wenden. Wenn es dir schwerfällt, nicht laut oder wütend zu werden, wirf' doch mal einen Blick in das Buch „Erziehen ohne auszurasten“ von Sheila McCraith. Es enthält sehr gute, praktische Tipps, um als Eltern gelassener zu bleiben.