Wow, hatte ich mich darauf gefreut. Endlich mal wieder was anderes als Windeln wechseln, kochen, putzen, einkaufen, Kinder bespaßen! Endlich zurück auf sicherem Terrain, wo ich weiß, wer ich bin und was ich kann. Katrin Gensheimer berichtet über ihre Rückkehr in den Job.
Nicht mehr dieses ständige Zweifeln, ob ich auch alles richtig mache. Und keine dieser nervigen Fragen: „Joshua ist 7 Monate und kann immer noch nicht sitzen?“ Und auch nicht mehr das Ärgern darüber, dass die nie endende Hausarbeit ausschließlich an mir hängen bleibt.
Ich erinnere mich gut an die Fahrt zum Arbeitsplatz: Ich war freudig erregt, checkte vor dem Gehen noch mal, ob ich auch ja keine Flecken auf der Kleidung hatte und los ging´s. Das Beste an der Fahrt war, dass ich keine Endlosschleife an Warum-Fragen beantworten musste und statt den Gesängen von Ritter Rost der sonoren Stimme des Nachrichtensprechers lauschen konnte. Wann hatte ich zum letzten Mal Nachrichten im Auto gehört? Muss eine Ewigkeit her sein.
Die Leute erkannten mich zum Großteil noch und das Unterrichten hatte ich auch nicht verlernt. Wie entspannt ich nach Monaten fernab von jeglichen Bildungseinrichtungen auf meine Schüler reagieren konnten. Unglaublich! Sicherlich funktionierte das so gut, weil ich genau wusste, dass ich sie am Ende des Schultages wieder nach Hause entlassen würde. „Tschüss bis morgen!“. Sag das mal einem Einjährigen! Alles war echt easy. Und trotzdem habe ich immer wieder heimlich mein Handy gecheckt, ob eine Katastrophennachricht mich sofort nach Hause beordern würde. Aber es blieb ruhig. Nicht mal eine winzige SMS. Die Fahrt zurück war - anders. Ein Gefühl der Unsicherheit schlich sich ein. Was, wenn meine Kinder mir den Rücken zukehren, weil ich nicht da war. Was, wenn Zuhause alles chaotisch verlief? Ich kam heim und landete in einer munter bespielten, aber leeren Wohnung. So hatte ich mir das aber nicht vorgestellt. Ich hatte Sehnsucht nach meinen Jungs und wollte sie sehen. WIR waren immer Zuhause, wenn der Papa heim kam.
Zu meiner Enttäuschung gesellte sich rasch eine nicht minder große Irritation. Und jetzt? Sollte ich den nächsten Arbeitstag vorbereiten? Nein, eigentlich war mir nach einer mentalen Pause. Sollte ich Wäsche waschen oder das Kinderchaos aufräumen? Aber das wäre ja übergriffig gewesen, da dies nun die Arbeitsfelder meines Mannes waren. Was sollte ich denn mit dieser unvorhergesehenen Freizeit anfangen? Ich hatte den Gedanken kaum zu Ende gedacht, hörte ich sie auch heimkommen. Laut und gefährlich. Alle drei: Der Große heulte, weil er sich auf dem Spielplatz weh getan hatte. Außerdem schien er kurz vorm Verhungern und Verdursten zu sein. Da hatte wohl niemand an den Snack gegen heimtückischen Nachmittagshunger gedacht. Der Kleine heulte, weil auch er Hunger und eine volle Windel hatte. Aus den Augenwinkeln erspähte ich die fertig gepackte Wickeltasche, die noch im Kinderzimmer lag. Mein Mann jammerte, weil er den Kleinen so viel rumgetragen hatte und beschwerte sich über das Geheule der Jungs. Wäre dies der richtige Zeitpunkt gewesen um ihm meine eisernen Alltagsregeln im Umgang mit Kindern mitzuteilen? Nämlich, dass ich IMMER etwas zu essen und zu trinken mitnehme und wie ich reagiere, wenn sich eins der Kinder wehtut? Und dass ich das Haus grundsätzlich NIE ohne Wickeltasche verlasse? Und auf den Spielplatz IMMER die Babytrage mitnehmen? Ich schwieg.
Mein Mann musste seinen Tag neu strukturieren und organisieren. Für mich war es einfacher. Ich war ja „nur“ arbeiten. Aber dies dann ohne echte Pause. Nach dem Unterricht fuhr ich schnell heim zu Mann und den Kindern. Nach dem Zubettbringen ging ich noch mal an den Schreibtisch. Es gab keine Zeit für mich und wenig Zeit für Zweisamkeit mit meinem Mann. Mein Freizeitproblem hatte sich in Luft aufgelöst.
Aber nach der holprigen Anfangszeit begannen wir uns aufeinander einzuspielen. Die Aufgabenfelder wurden klar abgesteckt und ich erkannte, dass es auch andere Wege gibt, den Alltag mit Kindern zu meistern.
Aber: Kaum hatten wir eine Routine entwickelt, kam auch schon die nächste Änderung: ein Wachstumsschub, ein zusätzlicher Termin mit Filius… Tatsache war und ist bis heute: Flexibilität und Spontanität gehören zu unserem Alltag. Das macht es so verdammt komplex, aber auch immer wieder überraschend.
Katrin Gensheimer Mutter zweier lebhafter Jungs, war sicher, sie würde drei Jahre nach der Geburt ihrer Kinder zu Hause bleiben. Nach 6 Monaten Zuhause sehnte sie sich zurück zur ihrem Arbeitsplatz: der Schule. Sie ist Grund- und Hauptschullehrerin. Zur Zeit lebt sie mit ihrem Mann und den zwei Kindern Joshua (4) und Noah (2) in Amerika und unterrichtet Deutsch. Als Ausgleich zu ihrem Berufs- und Mutterdasein treibt sie mehrmals pro Woche Sport. Das hilft ihr, den Kopf frei zu kriegen und die richtigen Prioritäten zu setzen.
Autorin: Katrin Gensheimer