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Resilienz in der frühen Kindheit: Der Grundstein für eine starke Zukunft

Autorin - Rebecca Pascual Vega

Kinder benötigen schon in frühen Lebensjahren Resilienz, um mit Herausforderungen und Frustration umgehen zu lernen. Zum Beispiel beim Umgang mit starken Emotionen, bei den ersten Streitigkeiten im Kindergarten, dem Umzug in eine andere Stadt oder bei anderen Alltagsherausforderungen. Eine gute Resilienz hilft deinem Kind, auch schwierigen Situationen im Leben zuversichtlich zu begegnen und sie dem Alter entsprechend zu meistern. Deshalb lohnt es sich, die Resilienz bei Kindern schon in frühen Lebensjahren gezielt zu stärken. In diesem Artikel erfährst du, in welchen Situationen Resilienz Kleinkindern bis zum Vorschulalter helfen kann und wie du sie bei deinem Kind fördern kannst.

Lesezeit: Etwa 7 Minuten
Junges Mädchen läuft fröhlich über Sommerwiese

Was ist Resilienz in der frühen Kindheit und warum ist sie wichtig?

Resilienz wird oft mit Widerstandsfähigkeit verglichen. Sie beschreibt die Fähigkeit, auch mit Krisen und schwierigen Situationen umgehen zu können und zuversichtlich zu bleiben. Sie ist nicht angeboren, sondern kann erlernt und gestärkt werden. Um im Erwachsenenalter über eine stabile Resilienz zu verfügen, lohnt es sich, diese bereits im frühkindlichen Alter zu stärken.

Kleinkinder sind in ihrem Alltag häufig mit Herausforderungen konfrontiert, für deren Lösung eine gute Resilienz hilfreich sein kann. Gleichzeitig kann die Lösung solcher Alltagsprobleme die Resilienz deines Kindes stärken. Meist wachsen mit dem Alter die Lebensherausforderungen. Umso älter Kinder werden, desto häufiger lösen sie ihre Alltagsprobleme selbst, sodass auch die Resilienz immer weiter an Bedeutung gewinnt. Unterstütze dein Kind dabei, seine Resilienz zu stärken, um seine eigenen Herausforderungen selbst bewältigen zu können und Vertrauen in sich selbst und seine Fähigkeiten zu entwickeln.

Praktische Tipps, um die Resilienz deines Kleinkindes zu stärken

  • Soziale Kompetenz stärken: Dein Kind lernt soziale Regeln, indem du diese vorlebst und sie selbst anwendest. Es lernt z. B. von dir und anderen Personen, wie Konflikte gelöst werden können und wie es sich verhalten kann, wenn es Hilfe braucht. Gib deinem Kind die Chance, sich selbst auszuprobieren und greife nicht in jeden Konflikt sofort ein. So stärkt dein Kind seine sozialen Kompetenzen, die es für eine gute Resilienz benötigt.
  • Problemlösefähigkeit stärken: Lasse dein Kind selbst Erfahrungen sammeln, indem es Herausforderungen zunächst alleine angehen darf. Dein Kleinkind beschäftigt sich zum Beispiel mit einem Steckpuzzle und findet nicht die richtige Stelle für das Puzzleteil? Oder dein Kind möchte gerne alleine Wasser in sein Glas gießen? Lasse es ausprobieren ohne einzugreifen, sofern es ungefährlich ist. Kinder haben die Ausdauer und Geduld, um selbst Lösungen zu finden. Eine ausgeprägte Fähigkeit Probleme zu lösen, vereinfacht deinem Kind den Umgang mit Frustration und stärkt die Resilienz.
  • Grenzen setzen: Biete deinem Kind Orientierung und Halt, indem du feste Grenzen setzt. Dein Kind ist sauer, weil die Medienzeit zu Ende ist oder weil ihr den Spielplatz verlasst, um nach Hause zu gehen? Dann bleibe bei deiner Grenze und begleite die Wut deines Kindes, indem du ihm Nähe anbietest und seine Gefühle annimmst ohne sie zu bewerten.
  • Positiv verstärken und wertschätzen: Dein Kind lernt jeden Tag dazu. Wenn du ihm die Möglichkeit zum Ausprobieren gibst, fühlt es sich selbstständig und selbstwirksam. Bestärke seine Bemühungen und seine Versuche, indem du es beobachtest und dich mit ihm über Fortschritte freust. Dein Kind hat zum Beispiel das erste Mal alleine die hohe Treppenstufe bewältigt? Es gelingt ihm nun, mehrere Bauklötze übereinander zu stapeln oder es hat Fahrradfahren gelernt? Dann zeige ihm, dass du dich darüber freust. So stärkst du dein Selbstbewusstsein und zeigst ihm, dass du in seine Fähigkeiten vertraust.
  • Selbstständiges Spielen: Ermögliche deinem Kind gerne Spiele, mit denen es selbstständig und ohne Hilfe zurechtkommt. Kleinkinder spielen beispielsweise gerne mit Spielküchen oder mit Sandspielzeug im Sandkasten. Sie stellen Alltagssituationen nach und probieren sich aus. Für Vorschulkinder können altersgerechte Puzzle oder Logikspiele interessant sein. Solche Aktivitäten fördern das Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und die Unabhängigkeit.
  • Rituale und Übungen einführen: Dein Kind fühlt sich in stressigen Situationen häufig überfordert? Vielleicht helfen ihm einfache Rituale oder Übungen, die es in solchen Momenten nutzen kann. Übt gerne gemeinsam verschiedene Übungen ein, um sie zu festigen und in stressigen Momenten anzuwenden.
  • Beispiel einer einfache Achtsamkeitsübung: "Atme tief ein und breite deine Arme weit aus. Wenn du möchtest, denk an eine Person, die dich liebhat. Beim Ausatmen umarmst du dich selbst ganz fest. Bewege dein Kinn zur Brust und schließe kurz deine Augen. Nimm das Gefühl wahr, das dir die Umarmung gibt." Die Übung hilft deinem Kind, seine Körperwahrnehmung zu stärken. Es nimmt sich selbst und die eigene Atmung bewusster wahr und erfährt ein Gefühl von Geborgenheit.

Hier findest du weitere Tipps, wie man die Resilienz von Kindern stärken kann.

Resilienz in Alltagssituationen

Gerade bei Kleinkindern, wächst und entwickelt sich die Resilienz auch in Alltagssituationen. An einer herausfordernden Situation kann dein Kind wachsen und seine Resilienz stärken. Manchmal wirken solche Momente jedoch überfordernd, sodass dein Kind bei der Bewältigung Unterstützung benötigt. Hier bekommst du einige Ideen für die Begleitung von Alltagssituationen:

Die morgendliche Trennung in der Kita

Vielen Kindern fällt es schwer, sich morgens in der Kita vom Elternteil zu verabschieden. Sie suchen nach Nähe und Bindung. Einerseits benötigt dein Kind in diesen Momenten Resilienz, um die Situation zu bewältigen und gleichzeitig kann die Resilienz durch den positiven Abschluss einer solchen Situation gestärkt werden. Du kannst deinem Kind dabei helfen, indem du negative Formulierungen vermeidest.

Anstatt zu sagen: „Ich weiß, dass du gerne wieder mitkommen würdest, aber es sind nur ein paar Stunden.“

Sage lieber: „Ich freue mich schon, dich später wieder abzuholen.“

Dein Kind erfährt über deine positive Haltung Vertrauen und Zuversicht. Es lernt, dass es sich keine Sorgen machen muss und dass es den Kita-Tag mit Freude beginnen kann.

Frustration

Dein Kind ist frustriert, weil es eine neue Herausforderung nicht sofort bewältigen kann? Nimm ihm die Aufgaben nicht sofort ab, sondern begleite es durch seinen Frust. Sage z. B.: „Du bist gerade ärgerlich, dass es noch nicht klappt, oder? Ich glaube, dass es mit jedem Versuch besser klappen wird. Du wirst das schaffen.“

Konflikte mit anderen Kindern

Kinder streiten häufig und das ist wichtig für ihre Entwicklung. Sie lernen, wie Konflikte gelöst werden können und entwickeln sich weiter. Mit steigendem Alter gelingt es ihnen, Konflikte besser auszuhalten und auf komplexerer Ebene zu lösen. Dein Kind streitet sich um ein Spielzeug und mag nicht teilen? Gib ihm die Chance den Konflikt alleine zu klären. Greife nur ein, wenn jemand verletzt werden könnte oder dein Kind an der Situation verzweifelt. So bekommt es zunächst die Möglichkeit, sich selbst und seine sozialen Kompetenzen weiterzuentwickeln.

Ungewohnte Situationen

Für Babys und Kleinkinder ist es nicht leicht, sich in ungewohnten Situationen zurecht zu finden. Häufig suchen sie die elterliche Nähe oder zeigen sich anhänglich. Im Vorschulalter gelingt das den meisten Kindern bereits besser, sich zeitweise von den Eltern zu lösen. Nimm das Verhalten deines Kindes wahr, ohne es zu bewerten. Du bietest ihm Nähe, wenn es diese braucht und lässt es sich ausprobieren, wenn es das möchte. Mit deinem neutralen Verhalten zeigst du deinem Kind, dass du einerseits für es da bist und ihm andererseits auch zutraust, alleine neue Erfahrungen zu sammeln.

Wutanfälle und Traurigkeit

Kinder vom Kleinkindalter bis zum Schuleintritt erleben ihre Gefühle sehr intensiv. Wut kommt oft in hohen Wellen, welche die Kinder nur schwer alleine bewältigen können. Zur Stärkung der Resilienz kannst du dein Kind dabei begleiten, seine Gefühle einzuordnen und mit ihnen umzugehen. Es braucht deine Co-Regulation. Co-Regulation bedeutet, dass dein Kind dich beim Regulieren seiner Gefühle braucht. Es kann Gefühle noch nicht alleine regulieren, d.h. noch nicht alleine mit starken Gefühlen zurechtkommen. Es braucht eine liebevoll und vertraute Bezugsperson, die dabei hilft, die unangenehmen Gefühle auszuhalten. Das heißt unter Fachpersonen Co-Regulation.

Das kannst du konkret tun, um deinem Kind bei starken Gefühlen zu helfen

  • Biete ihm Nähe an, wenn es diese möchte.
  • Wenn dein Kind es annehmen kann, verbalisiere seine Gefühle, z. B.: „Du bist ganz traurig, oder? Du hattest dich so darauf gefreut. Das ist jetzt doof für dich, oder?“ Komm in meine Arme!“
  • Manche Kinder können Co-Regulation besser ohne Worte annehmen, indem du einfach durch deine liebevollen Gedanken und deine Körpersprache zeigst: „Ich bin für dich da! Ich nehme dich an, mit all deinen Gefühlen! Deine Gefühle sind ok! Ich bewerte sie nicht!“
  • Dein Kind lernt auf diese Weise, dass alle Gefühle in Ordnung sind. Es erfährt von dir, wie es seine Gefühle regulieren kann und erlernt damit wichtige Fähigkeiten, um in seinem Leben mit täglichen und besonderen Herausforderungen umgehen zu können.
  • Wenn dein Kind bereits im Vorschulalter ist, kannst du auch ein Gefühlsbarometer nutzen, um die emotionale Kompetenz deines Kindes zu stärken. Gemeinsam sprecht ihr darüber, wie es seine Gefühle einordnet und welche Möglichkeiten es kennt, um mit ihnen umzugehen.

Fazit

Resilienz ist kein Erwachsenenthema, sondern bereits in der frühen Kindheit wichtig. Kinder entwickeln ihre Resilienz weiter und stärken sie durch Erfahrungen der Selbstwirksamkeit und Autonomie. Begleite dein Kind bei der Entwicklung der Resilienz in der frühen Kindheit, indem du es ausprobieren lässt und ihm deine Unterstützung anbietest, wenn es diese einfordert. Zeige ihm, dass du Vertrauen in seine Fähigkeiten hast und freue dich gemeinsam mit ihm über seine Fortschritte.