Format: Artikel – Schreibfeder auf dem Tisch
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Stressbewältigung bei Kindern: Tipps für Eltern

Autorin - Svenja Gleffe

Kennst du es auch? Auf einmal ist alles zu viel. Der Job, die Kinder, Freundschaften pflegen, die Haustiere versorgen und der Haushalt. Du bist gestresst. Neben uns Erwachsenen, leiden auch bereits Kinder und Jugendliche unter den Auswirkungen von „Negativem Stress“. Sie sind nicht nur gestresst, sondern auch überreizt von den alltäglichen Anforderungen, von viel  und all den Anpassungsleistungen, die sie in bestimmten Phasen meistern müssen. Sie können diese Überforderung jedoch nicht allein erkennen und bewältigen. Daher benötigen sie unsere Unterstützung. Lies hier gern, warum es wichtig ist, negativen Stress bei Kindern und Jugendlichen frühzeitig zu erkennen und wie du deinem Kind oder Teenager bei der Stressbewältigung helfen kannst.

Lesezeit: Etwa 9 Minuten
Kinder strecken sich draußen im Grünen fröhlich zur Entspannung in die Luft.

Was ist unter Stress bei Kindern zu verstehen?

Unter dem Begriff „Stress“ ist eine hohe emotionale Anspannung, bzw. ein hoher Druck, als Reaktion auf eine scheinbar unüberwindbare Situation zu verstehen.

Stress begegnet uns immer in unserem Leben. Jedoch meist in einem anderen Gewand. Hier dürfen wir unterscheiden, zwischen dem sogenannten „Negativen Stress“ (Distress) und dem „Positiven Stress“(Eustress).

Überwiegt jedoch der „negative Stress“ über einen langen Zeitraum, kann dies fatale Folgen haben. Denn von „negativem Stress“ ist dann die Rede, wenn eine schwierige Situation auf uns zukommt, die über einen längeren Zeitraum anhält und keine Besserung in Sicht zu sein scheint. Auch viele aufeinanderfolgende Ereignisse, wie zum Beispiel, der Tod einer oder zweier nahestehenden Personen innerhalb eines kurzen Zeitraums, lösen „negativen Stress“ in uns aus. Dazu zählen auch die Wiederholung eines Schuljahres, mehrere Kita Eingewöhnungen in einem kurzen Zeitraum durch häufigen Umzug oder häufig wechselnde Partnerschaften eines Elternteils sowie häufige Bindungsabbrüche.

„Positiven Stress“ erleben wir, wenn eine schwierige Situation, ein Erfolgserlebnis nach sich zieht und wenn der Stress nicht allzu lange andauert. Zum Beispiel, wenn dein Kind den ersten Ausflug in der Kita als erfolgreich erlebt hat oder wenn es eine Prüfung erfolgreich abgeschlossen hat.

Dies können Ursachen für „negativen Stress“ bei deinem Kind sein

  • Mobbing
  • Hausaufgaben
  • Konflikte zu Hause, in der Schule/Kita, mit Freunden
  • Hoher Leistungs– und Erwartungsdruck
  • Zu wenig selbstbestimmte Freizeit
  • Körperliche Veränderungen in der Pubertät
  • Druck durch Social Media – Schönheitsdeale, übermäßige Smartphone-Nutzung, Spiele = Reizüberflutung. Offline sein = Druck, etwas zu verpassen.
  • Bewegungsmangel
  • Hitze/Kälte – Extrem schwankende Temperaturen und abrupter Wechsel, können im Körper Stressreaktionen auslösen. Auch Herz- Kreislauf Probleme und ein Engegefühl treten nicht selten dabei auf.
  • Ernährung – zu viel Süßes, zu wenig Flüssigkeit, viele Energy Drinks
  • Folge aufgrund eines Traumas – Traumatische Ereignisse können das kindliche Gehirn verändern. Diese können über Generationen weitergegeben werden.
  • Angst, zu versagen
  • Weniger förderliche Schulwahl: Dies ist zum Beispiel dann gegeben, wenn das Kind den Unterrichtsstoff als sehr schwer empfindet, Angst vor schlechten Noten hat oder ein schlechtes soziales Klima in der Klasse oder Schule herrscht.
  • Fehlendes Gleichgewicht zwischen Kita/Schule und Freizeit

Mögliche Symptome für Stress bei Kindern (je nach Alter)

Kinder zeigen Stress auf unterschiedliche Weise, je nach Alter und Entwicklungsstufe. Es ist wichtig, die Anzeichen zu erkennen, damit du rechtzeitig helfen kannst.

Bei Babys

  • Unruhe
  • Sehr häufiges Schreien
  • Quengeln
  • Extremes Fremdeln: Das Kind ist sehr auf beide Eltern oder einen Elternteil fixiert. Es beginnt schnell zu weinen oder zu schreien, wenn es von anderen Menschen (auch von der eigenen Familie) angeschaut, angesprochen oder berührt wird. Auch, wenn vertraute Personen, z. B. aus der Familie mit den Eltern sprechen, beginnt es zu schreien oder zu weinen.

 

Im Mutterleib

Ein Kind reagiert bereits im Mutterleib auf Anspannungen, Stress und innere Unruhe. Die Auswirkungen auf das ungeborene Kind, werden meist erst im Laufe der Entwicklung sichtbar, dies können z. B. Konzentrationsschwierigkeiten oder Sprachverzögerungen sein. Es wurde festgestellt, dass sich bei übermäßigem emotionalem Stress der Mutter, eine schnelle Reife der Lunge und des Gehirns des Kindes zeigt. Dies wirkt sich weniger günstig auf das Geburtsgewicht und auf die Entwicklung in anderen Bereichen aus. Im Erwachsenenalter, kann der Mensch empfänglicher für Depressionen sein.

 

Bei Kleinkindern und Schulkindern

  • Allgemeines Unwohlsein
  • Hierbei klagt ein Kind häufig über Bauchschmerzen und verweigern Kita oder Schule.
  • Ein Kind kann das Problem häufig nicht lokalisieren und erklären, warum es sich unwohl fühlt.
  • Körperliche Beschwerden
  • Kopf- und Bauchschmerzen, Schlafprobleme, Müdigkeit, Herzrasen, schwitzige, zittrige Hände, Schwindel, Appetitlosigkeit, Übelkeit
  • Dauerhaft unangenehme Gefühle
  • Angespanntheit, Konzentrationsschwierigkeiten, Wut, Trauer, Erschöpfung, Angst, Überforderung = aggressiv, Konflikte nehmen zu, plötzlicher Rückzug, Schuldgefühle, rapider Leistung – und Interessenabfall

 

Bei älteren Kindern und Jugendlichen

  • Schlafstörungen
  • Müdigkeit und Antriebslosigkeit (wird häufig als „Faulheit“ falsch gedeutet)
  • Aggressives Verhalten
  • „Schlechte Laune“
  • Konzentrationsschwierigkeiten
  • Nervosität, die nicht abnimmt
  • Depressive Verstimmung und Traurigkeit
  • Herzrasen (Panikattacken: Erröten, Schwitzen, flache Atmung, Schwindel)
  • Stress – Fieber

Stressbewältigung für Kinder im Alter von 3-5 Jahren

Kleinkinder können Stress oft noch nicht richtig benennen, zeigen aber deutlich, wenn sie überfordert sind. Hier ist deine Unterstützung besonders wichtig. Indem du ihnen Sicherheit und Struktur bietest, kannst du ihnen helfen, stressige Situationen besser zu bewältigen und sich zu beruhigen.

  • Yoga
  • Kuscheln und körperliche Nähe: Nimm dir gerne mit deinem Kind eine Kuschelauszeit. Legt euch aufs Sofa, in den Garten oder auf eine Decke. Hauptsache, es ist kuschelig. Nehmt euch euer Lieblingskuscheltier oder -buch dazu.
  • Ab in die Natur!: Macht gerne einen Spaziergang im Wald, im Tierpark oder besucht einen Park und picknickt dort.
  • Routine und Rituale: Verankert gern eure Entspannungszeit in euren Tagesablauf. Hier ist alles erlaubt, was euch entspannt: Eine Entspannungsgeschichte, ein Hörspiel etc.
  • An die Stifte, fertig, los!: Malt gerne zusammen den ganzen Stress heraus. Hierfür gibt es viele Möglichkeiten: Papier und Stifte, Freies Malen, Ausmalbilder (Mandalas etc.), Malen auf alter Tapete oder einer Mal Rolle, Verwendung von unterschiedlichen Schwämmen und Pinseln
  • Anspannungs– und Entspannungsspiele: Sehr beliebt ist z. B. der „Stopptanz“. Alle Mitspieler*innen tanzen zur Musik, bis diese gestoppt wird. Bei dem „Stopp“ frieren alle Mitspieler*innen in ihrer Position ein. Der Mitspieler,*in der/die zwischendurch „auftaut“, darf als nächster die Musik stoppen und eine Runde aussetzen.

Achtung digitaler Medienkonsum:

Oft denken Eltern, dass Fernsehen, Bildschirmzeit am Tablet und Hörspiele für Entspannung sorgen. Das Kind kann sich zwar in dieser Zeit körperlich ausruhen, allerdings nimmt es sowohl bei Bildschirmzeit als auch in der Hörspielzeit viele Reize auf, die danach wieder verarbeitet werden sollten. Deshalb solltest du dein Kind nach der Medienzeit genau beobachten und die Zeit entsprechend eingrenzen.

Umgang mit Stress bei Kindern im Alter von 6 -9 Jahren

Atemübungen und einfach Entspannungstechniken

  • Die Biene: Atmet tief durch die Nase ein und auch wieder aus. Macht beim Ausatmen gerne mit geschlossenem Mund ein langgezogenes „Mmmmh“.
  • Der Gorilla: Stellt euch für diese Übung gerne aufrecht hin und atmet tief ein. Haltet nun die Luft an. Klopft anschließend mit den Fingern den Brustkorb ab. Beugt euch dann mit dem geraden Oberkörper nach vorn und stützt euch auf den Oberschenkeln ab. Atmet dabei die Luft in Stößen aus. Variante: Versucht beim 2. Mal gerne mit der Handfläche zu klopfen und beim 3. Mal mit den Fäusten.
  • Qi – Gong Massage für die Ohren: Schaut zu Beginn hinter euch. Dreht dafür jedoch nur den Kopf, nicht den ganzen Körper. Massiert euch danach mit den Fingern die Ohren, bis sie warm werden. Achtet hierbei gerne darauf, stehe zu bleiben. Schaut im Anschluss wieder nach hinten. Was stellt ihr nun fest? Teilt gerne eure Erfahrungen.

Stressmanagement für Kinder im Alter von 10 – 12 Jahren

Gespräche und Reflexion über Gefühle: Reflektiere hier gerne für dich als Mutter oder als Vater.

  • Wie gehe ich mit meinen eigenen Gefühlen um?
  • Wie wurde ich selbst als Kind im Hinblick auf Gefühle erzogen?
  • Habe ich selbst als Kind gelernt, mit Stress umzugehen?
  • Welche Strategien, mit Stress umzugehen, haben dir deine Eltern vorgelebt? Welche davon möchtest du übernehmen, welche möchtest du über Bord werfen?
  • Deine Vorbildfunktion - Zum Beispiel: „Ich bin erschöpft und gestresst, weil ich zu wenig geschlafen habe. Ich gehe heute früh ins Bett.“

Stressbewältigung für Jugendliche

  • Genügend Ruhephasen
  • Anwendung von Entspannungstechniken
  • Freizeitgestaltung mit Freundinnen und Freunden
  • Gefühle wahrnehmen und Raum geben
  • Sport
  • Hobbys

 

Was dein heranwachsendes Kind lernt, wenn ihr miteinander sprecht:

  • Gefühle können benannt werden.
  • Jedes unangenehme und angenehme Gefühl, hat einen Grund und ist ein Wegweiser zu einem unerfüllten oder erfüllten/ Bedürfnis.
  • Meine Bedürfnisse werden erkannt und ernstgenommen.
  • Man kann immer etwas tun, damit es einem besser geht.

 

Aspekte, während eines Gespräches, die nicht förderlich sind:

  • Befehle und Beschimpfungen
  • Drohungen und Schuldzuschreibungen
  • Kritik und Vorwürfe
  • Ideen ausreden wollen
  • Übertriebene Kontrollfragen
  • „Warum“ – Fragen: Ersetze hier gerne durch die Frage „Was meinst du damit?“

 

Komplexere Entspannungstechniken wie Yoga

  • Fantasiereisen: Fördern das Wohlbefinden und Selbstvertrauen
  • Meditation: Einen positiven Bezugspunkt finden, gibt Sicherheit, fördert die Konzentrationsfähigkeit
  • Rituale: Geben Sicherheit, positiver Rahmen des Zusammenlebens
  • Muskelentspannung 5-10 Minuten. So geht’s:
    • Im Sitzen oder Liegen
    • Beide Hände zur Faust ballen
    • Schultern nach oben ziehen
    • Kinn gegen Brustbein ziehen
    • Augen zusammenkneifen
    • Lippen aufeinanderpressen
    • Bauchdecke einziehen
    • Zehenspitzen zum Körper ziehen
    • 10 Sekunden anspannen, dann wieder entspannen
  • Malbücher für Erwachsene nutzen
  • Achtsamkeits- Apps
  • Massage mit Igelbällen
  • Zeitmanagement und Planungstechniken
  • Prioritäten setzen: Welche Aufgaben sind, wirklich wichtig?
  • Erstellen einer To – Do Liste: Gibt Struktur und Überblick
  • Eliminierung von Zeitfressern

Die Rolle der Eltern und Betreuungspersonen

Beobachte dein Kind: Es ist wichtig für dich zu verstehen, warum dein Kind gestresst ist. Gibt es Muster? Ist dein Kind vielleicht an bestimmten Wochentagen oder zu bestimmten Tageszeiten besonders gestresst? Wenn ja, woran könnte es liegen?

Zeige Verständnis: Signalisiere deinem Kind, durch Wiederholung seiner Aussagen, dass du seine Situation verstehen kannst und du unterstützend an seiner Seite bist

Formulierungshilfe: „Du wirkst ganz gestresst mein Schatz. Gerade ist alles echt viel, oder? Die Anforderungen in der Schule und die ganzen Termine sind ganz anstrengend, oder? Mir ist wichtig, dass es dir gut geht und dass du auch mal zur Ruhe kommst. Was hilft dir denn, um runter zu kommen?“

Vorbildfunktion: Überprüfe gerne regelmäßig, wie du Stress bewältigst. Dein Kind schaut zu dir auf und wenn du beispielsweise zu wenig Ruhephasen in deinen Alltag einbaust, nimmt dein Kind dies wahr.

Wann ist professionelle Hilfe für dein Kind notwendig?

  • Bei permanentem Erschöpfungszustand
  • Bei anhaltender Lustlosigkeit
  • Bei rapidem Leistungsabfall
  • Bei depressiven Verstimmungen
  • Bei anhaltenden körperlichen Schmerzen

Fazit

Wir hoffen, dass dir die in diesem Artikel genannten Punkte Aufschluss und Unterstützung geben und dir durch den Alltag mit deinem Kind helfen. Oft erkennt man nicht auf den ersten Blick, was los ist. Daher ist es von großer Bedeutung dein Kind zu beobachten. Höre hier auch gerne auf dein Bauchgefühl. Denn als Mutter oder Vater, hast du für Warnsignale eine gute Intuition. Vertraue ihr!