Wenn Kinder und Jugendliche plötzlich viel weniger essen, löst das bei den Eltern Sorgen und Unsicherheit aus. Und tatsächlich ist es wichtig, solche Verhaltensweisen nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Denn Essstörungen können lebensgefährlich werden. Gleichzeitig ist Panikmache selten hilfreich. Daher findest du hier einige Informationen und Tipps, wie du am besten reagierst, wenn dir das Essverhalten deines Kindes Sorgen bereitet.
Wenn Kinder und Jugendliche über längere Zeit nichts oder sehr wenig essen und zu viel Gewicht verlieren, spricht man von einer Essstörung. Bei der üblichen Form von Magersucht ist das Hungern verbunden mit dem Wunsch, abzunehmen. Mädchen sind deutlich häufiger betroffen als Jungen, doch es gibt auch eine beträchtliche Anzahl magersüchtiger Jungen.
In den vergangenen Jahren hat sich abgezeichnet, dass das Einstiegsalter sich nach vorn verlagert hat – teils schon vor Beginn der eigentlichen Pubertät. Denn auch die Vorpubertät ist eine anstrengende, konfliktreiche Zeit – die jungen Menschen spüren, dass große Veränderungen bevorstehen und wissen noch nicht, wie sich diese anfühlen werden.
Anzeichen für eine Magersucht sind ein deutlich zu niedriges Gewicht (BMI bei oder unter 17,5 – man sollte aber durchaus schon vorher reagieren!), absichtlich herbeigeführter Gewichtsverlust durch Diät, Erbrechen, Abführen, Diurethika (Medikamente, die eine verstärkte Ausscheidung von Wasser und Elektrolyten bewirken), exzessiven Sport etc.
Die Betroffenen haben eine verzerrte Wahrnehmung ihres eigenen Körpers, nehmen sich also als viel dicker wahr, als sie eigentlich sind.
Für eine Magersucht gibt es nicht die eine Ursache, sondern mehrere Faktoren, die eine Rolle spielen können:
Es entsteht schnell ein Teufelskreis, denn die Betroffenen machen eine zerstörerische Lernerfahrung: Der Verzicht auf Essen (z.B. bei kurzen Diäten) führt zu Gefühlen von Kontrolle, Aufmerksamkeit und Erfolg. Auch bekommen sie teilweise Komplimente für die Gewichtsabnahme. Dadurch erleben sie das Hungern als etwas Positives. Gleichzeitig wird durch längeres Hungern das Sättigungsgefühl gestört und es wird immer weniger „natürlicher Hunger“ empfunden. Weil dem Körper durch das Hungern die Energie fehlt, leidet oft auch die Stimmung, wodurch häufig aus einer Magersucht zusätzlich eine Depression entsteht.
Oft entsteht die Magersucht aus dem Wunsch, ein paar Kilos abzunehmen, manchmal auch berechtigterweise, wenn die Betroffenen wirklich übergewichtig sind. Dann kann es aber passieren, dass der rechtzeitige Ausstieg verpasst wird und das Beenden der Diät immer schwieriger wird. Manchmal steht am Anfang auch weniger das Abnehmen und mehr die Beschäftigung mit gesunder, oft auch veganer, Ernährung im Vordergrund. Dann kann es passieren, dass die Auswahl des Essens immer strenger wird und die Betroffenen schließlich in die Magersucht abrutschen. Unbehandelt kann eine Magersucht zum Tod führen, deshalb ist es wichtig, frühzeitig Hilfe zu suchen und anzunehmen.
Alle Menschen haben Tage, an denen sie weniger Appetit haben als an anderen. Und es kann auch mal sein, dass man an ein oder zwei Tagen nichts oder kaum etwas essen mag – z.B. bei besonderem Stress in der Schule, bei der Arbeit, Infekten oder zwischenmenschlichen Konflikten. Druck im Sinne von „Du musst aber etwas essen!“ macht oft alles noch schlimmer.
In einer Psychotherapie wird die Magersucht folgendermaßen behandelt:
Neben der Organisation von ärztlicher und therapeutischer Hilfe ist es auch ganz wichtig, dass du deinem Kind die Botschaft vermittelst: Ich bin für dich da. Ich mache dir keine Vorwürfe und du darfst über alles mit mir reden. Stärke das Selbstbewusstsein deines Kindes, indem du ihm regelmäßig sagst, was du an ihm magst (charakterlich und äußerlich).
Eltern sollten auch – am besten schon, bevor ihr Kind Essprobleme zeigt – ihren eigenen Umgang mit Ernährung und Aussehen reflektieren. Wenn ein Elternteil oft Diät hält und extrem viel Wert auf eine schlanke Figur und ein makelloses Aussehen legt, kann das ein Nährboden für Essstörungen bei den Kindern sein. Denn Eltern sind die wichtigsten Vorbilder und sie bringen ihren Kindern bei, welche Rolle das Aussehen spielt und wie man mit dem eigenen Körper umgeht.
Nimm dir Zeit, um regelmäßig etwas Schönes mit deinem Kind zu unternehmen wie Ausflüge, Kino, Spaziergänge, Radtouren oder Spiele zuhause. Achte darauf, dass sich der Alltag nicht nur noch um das Essen dreht und dein Kind nicht den Eindruck bekommt, darauf reduziert zu werden. Oft hilft es, auch für sich als Elternteil Gespräche in einer Familienberatungsstelle in Anspruch zu nehmen. Denn nur, wenn du selbst gut mit der Situation zurechtkommst, kannst du als Elternteil Sicherheit ausstrahlen und Orientierung vermitteln.