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Burnout bei Kindern und Jugendlichen

Autorin - Kerstin Schmied

Burnout betrifft nicht nur Erwachsene – auch Kinder und Jugendliche sind gefährdet. Aktuelle Studien zeigen, dass bereits Kindergarten- und Grundschulkinder immer häufiger unter den Folgen von Stress und emotionaler Erschöpfung leiden. Mit zunehmendem Alter steigen oft die mentale Belastung und der Leistungsdruck. Wenn du frühzeitig die Anzeichen von Burnout bei deinem Kind erkennst, kannst du rechtzeitig handeln, es unterstützen und langfristig vor schwerwiegenden Folgen schützen. Erhalte hier wertvolle Tipps, wie du einem Burnout bei Kindern und Jugendlichen effektiv vorbeugst.

Lesezeit: Etwa 9 Minuten
Jugendliches, trauriges Mädchen legt ihren Kopf auf ihre Arme.

So kann ein stressiger Tag aus der Sicht eines Kindes aussehen

Wenn du diesen Artikel liest, machst du dir vermutlich schon etwas Sorgen um dein Kind: Vielleicht fällt dir auf, dass es oft müde ist und sich zurückzieht. Vielleicht wirkt es innerlich ganz unruhig, hibbelig und gleichzeitig erschöpft und leer. Vielleicht erzählt es nicht mehr von der Schule, wehrt Nachfragen ab. Vielleicht verschwindet das Strahlen in seinen Augen und Ängste oder Spannungen werden greifbar.

So wie bei Nina, 11 Jahre alt:

„Heute war wieder ein mega ätzender Tag. Ich war voll müde, weil ich gestern ewig nicht einschlafen konnte. Dann gab es vor der Schule schon Stress mit meiner besten Freundin. In Englisch habe ich eine schlechte Note zurückbekommen. Das gibt sicher Ärger mit meinem Vater, weil der am Wochenende extra mit mir gelernt hat. Bestimmt muss ich für Mathe jetzt noch mehr machen und darf nicht zum Volleyballturnier. Das Essen in der Mensa war so eklig und in der Mittagsbetreuung bin ich mit den Hausaufgaben wieder nicht fertig geworden. Die muss ich dann abends noch machen. Dann ist es meistens zu spät für alles andere und ich darf nicht mal in Ruhe fernsehen. Morgen wird es bestimmt nicht besser, da passiert auch nichts Schönes. Jede Woche fühlt sich gleich an!“

Was bedeutet ein Burnout bei Kindern?

Burnout bei Kindern und Jugendlichen beschreibt einen Zustand tiefer Erschöpfung, der durch langanhaltenden Stress entsteht. Anders als ein Burnout bei Eltern, das oft durch berufliche Überlastung ausgelöst wird, entsteht ein Burnout bei Kindern meist durch schulischen Druck, familiäre Belastungen oder soziale Konflikte. Bei Kindern wird ein Burnout oft sehr spät erkannt, weil die Symptome vielfältig und schwer zuzuordnen sind. Manchmal kommt es erst zu einer Diagnose, wenn Kinder körperliche Beschwerden haben oder selbstverletzendes Verhalten zeigen. Wenn du dein Kind sensibel beobachtest, kannst du die ersten Anzeichen frühzeitig wahrnehmen und eingreifen, bevor es wirklich überlastet ist.

Welche typischen Anzeichen und Symptome deuten auf ein Burnout bei einem Kind hin?

Wie unterscheidet man nun: Ist das nur schlechte Laune und Pubertät? Oder doch der Beginn einer Abwärtsspirale, die zur Erschöpfungsdepression führen kann? Die Übergänge sind oft fließend und die Anzeichen je nach Alter und Persönlichkeit unterschiedlich.

Es lassen sich einige allgemeine Symptome feststellen:

  • Emotionale Veränderungen: Dein Kind wirkt gereizt, traurig oder hat keine Lust mehr auf Dinge, die ihm früher Freude gemacht haben. Es schätzt Situationen eher negativ ein und hat Angst vor Schulaufgaben oder anderen Herausforderungen.
  • Körperliche Beschwerden: Ständige Müdigkeit, Schlafprobleme, häufige Kopf- oder Bauchschmerzen, diffuses Unwohlsein, verändertes Essverhalten (z. B. starke Kontrolle beim Essen, Appetitlosigkeit, Frustessen).
  • Verhaltensänderungen: Dein Kind zieht sich immer weiter zurück, hat keine Lust mehr, Freunde zu treffen, gibt seine Hobby auf oder zeigt in der Schule einen nachhaltigen Leistungseinbruch.

Andere Symptome sind abhängig vom Alter:

  • Kindergartenkinder: Bei den Kleinsten zeigt sich emotionaler Stress meistens in körperlichen Auffälligkeiten, wie Wutausbrüchen oder Konzentrationsschwierigkeiten. Sie werden oft schneller aggressiv oder finden schlecht ins Spiel mit anderen Kindern.
  • Grundschulkinder: In dieser Phase fangen Kinder an, sich vor der Schule zu drücken und Krankheiten vorzuschieben. Sie fühlen sich häufig überfordert, obwohl sie vorher problemlos den Anforderungen gerecht wurden. Schlafprobleme oder ein Mangel an Energie sind ebenfalls typische Anzeichen.
  • Jugendliche: Teenager kämpfen häufig mit massivem Leistungsdruck. Sie haben starke Stimmungsschwankungen, wirken erschöpft und beschäftigen sich nach der Schule nur noch passiv (z. B. Gaming, Fernsehen). Oft ziehen sie sich emotional zurück und zeigen sich gleichgültig gegenüber Schule oder Zukunft.

Welche Ursachen führen bei Kindern und Jugendlichen zu einem Burnout?

Was führt eigentlich dazu, dass dein Kind so erschöpft ist? Burnout bei Kindern entsteht selten durch nur einen Faktor – meistens ist es ein Zusammenspiel aus verschiedenen Belastungen und überfordernden Situationen:

Schulischer Druck: Neben den ständigen Anforderungen und Prüfungen sind vor allem Situationen, in denen ein bestimmtes Leistungslevel erreicht oder gehalten werden soll, eine besondere Herausforderung. Durch den Druck und den ständigen Vergleich mit anderen blockiert das Lernzentrum im Gehirn. Mit diesem Stressfaktor wird es noch schwieriger, die Leistung auf den Punkt abzurufen.

Hohe Erwartungen: Vergleiche mit anderen Kindern begleiten uns seit der Geburt. So versuchen wir durch Förderung einen vermeidlichen Rückstand aufzuholen. Gerade in der Schule wünschen sich die meisten Eltern, dass ihre Kinder erfolgreich sind – und im Bildungsbereich zumindest in die eigenen Fußstapfen treten. Werden Kindern diesen Ansprüchen nicht gerecht, spüren sie die Enttäuschung. Auch wenn nicht offen darüber gesprochen wird.

Familiäre und soziale Belastungen: Trennungen, Spannungen und Konflikte zu Hause setzen Kindern zu und hinterlassen Spuren. Oft leidet das Selbstbewusstsein und damit das Vertrauen, das man mit Schwierigkeiten fertig werden kann. Gleichzeitig fühlen sich viele Kinder in der Schule ausgegrenzt oder werden sogar gemobbt.

Zu viele Aktivitäten: Oft ist der Tag einfach zu vollgepackt! Gerade wenn Kinder bis spät am Nachmittag noch in der Betreuung sind oder die Zeit zum Lernen gebraucht wird, fehlt meist die Gelegenheit zum Runterkommen und Durchatmen. Außerdem ist der restliche Tag oft mit Sport und Hobbys durchgetaktet. Auch die sozialen Medien erhöhen den Druck, in jeder Richtung mithalten zu müssen.

Temperament des Kindes: Es gibt Kinder, die ehrgeizig geboren werden. Diese Kinder brauchen liebevolle Eltern, die ihr Kind einerseits mit dieser Eigenschaft annehmen und andererseits gut darauf achten, dass ihr Kind sich nicht überfordert. Formulierungshilfen – Beispiele: „Ich liebe dich immer genau so wie du bist!“ „Wir machen jetzt eine Pause! Danach hast du danach wieder mehr Kraft!“

Jetzt handeln: Was tun bei Kinder-Burnout?

Du hast das Gefühl, dass dein Kind unter Druck steht oder unter Dauerstress leidet? Es gibt für jede Altersgruppe passende Wege, um diese Belastung zu reduzieren und Burnout zu verhindern.

  • Kindergartenkinder: Schon bei den Jüngsten lohnt es sich, achtsam zu sein. Achte darauf, ob dein Kind oft müde oder überfordert wirkt. Sorge für einen festen Tagesrhythmus mit genügend Zeit zum freien Spielen und Entspannen. Vermeide ein eng getaktetes Nachmittagsprogramm mit festen Regeln: Das kann zusätzlich Stress verursachen. Wenn dein Kind plötzlich weniger Freude am Spielen hat, biete ihm besonders viel Nähe und Geborgenheit und lass dich auf seine Vorschläge ein.
  • Grundschulkinder: In der Schule wird der Leistungsdruck meistens zum ersten Mal spürbar. Hier hilfst du deinem Kind, indem du ihm Raum gibst, über seine Ängste und Sorgen zu sprechen. Zeige ihm, dass es nicht immer perfekt sein muss. Auch hier ist freie Zeit wichtig. Schaff eine entspannte Atmosphäre zu Hause und ermögliche es, auch mal abzuschalten – sei es durch Spielen, Kuscheln oder einfach Nichtstun.
  • Jugendliche: Teenagern setzen sich oft selbst unter Druck, gute Leistung zu bringen und zu performen. Das beschränkt sich nicht auf die Schule, sondern lässt sich auch beim Sport, im Zusammensein mit Freunden und Freundinnen oder beim Bewerten des eigenen Körpers beobachten. Ermutige deinen Sohn oder deine Tochter, darüber zu sprechen. Ganz wichtig ist, dass du seine/ihre Aussagen stehen lässt und nicht bewertest! Du kannst versuchen, deinem Kind das Gefühl zu geben, dass es nicht überall perfekt sein muss. Und es dabei unterstützen, eigene Strategien zum Zeitmanagement, Lernen und Entspannen zu finden.

Wie finde ich professionelle Hilfe bei Burnout-Symptomen meines Kindes?

Wenn du das Gefühl hast, dass dein Kind stark belastet ist, zögere nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Es gibt viele Beratungsstellen, Kinderpsychologen und spezialisierte Therapeuten, die euch unterstützen können. Im ersten Schritt kannst du dich auch an den Kinderarzt oder die Kinderärztin und die Fachkräfte der Schulsozialarbeit wenden. Manchmal fällt es Kindern in solchen Situationen leider schwer, sich den Eltern zu öffnen. Sie haben Angst sie zu enttäuschen. Wenn das so ist, hilft es meistens, eine unabhängige professionelle Person mit ins Boot zu holen, die den Rettungsring auswirft.

Prävention:  So kann man Burnout bei Kindern vorbeugen

Wie kannst du dafür sorgen, dass es bei deinem Kind gar nicht erst zu einem Burnout kommt? Folgende Präventionsstrategien helfen dabei, den Alltag stressfreier zu gestalten:

Pause machen: Kinder brauchen genug freie Zeit zum Entspannen und um Kraft zu tanken. Egal ob sie spielen, lesen oder einfach draußen sind – wichtig ist, dass sie regelmäßig den Kopf freibekommen. Auch wenn nach der Schule noch Hausaufgaben anstehen, solltest du deine Tochter oder deinen Sohn erst mal abschalten lassen. Dein Kind möchte sich dazu vor den Fernseher setzen oder eine Runde auf dem Handy zocken? Manchmal sind solche Passivzeiten auch hilfreich zur Regeneration. Beobachte dein Kind, ob es nach der Medienzeit wirklich entspannter ist. Einigt euch am besten auf einen festen Zeitrahmen, damit es keine Konflikte gibt.

Bewusst reflektieren: Überlegst du dir ab und zu, ob deine Erwartungen an dein Kind eigentlich realistisch sind? Übe dich mal darin, die eigenen Ansprüche in regelmäßigen Abständen zu hinterfragen. Es ist völlig normal, dass man sich die besten Chancen für seine Kinder wünscht. Und gerade Eltern, die selbst studiert haben, wollen dem Nachwuchs oft gerne alle akademischen Wege eröffnen. Aber: Jedes Kind entwickelt sich individuell und hat ganz eigene Interessen und Talente. Nimm seine Wünsche ernst – die meisten Kinder haben ein intuitives Gespür dafür, was sie brauchen, um glücklich zu sein.

Offen reden: Für eine gute Gesprächskultur kannst du viel tun. Versuche, Zuhause einen Raum zu schaffen, in dem über Sorgen und Ängste gesprochen werden kann. Höre zu und lass das, was dein Kind erzählt, einfach so stehen, ohne zu beurteilen oder ungebeten deinen Rat dazuzugeben. Zeige deinem Kind, dass es völlig in Ordnung ist, auch mal Hilfe zu brauchen. Redet über Erwartungen und Enttäuschungen und signalisiere deinem Kind, dass deine Liebe nicht an Leistung gekoppelt ist. Auch Jugendliche lassen sich manchmal noch gerne in den Arm nehmen und trösten, wenn mal ein Tag richtig schiefgelaufen ist.

Gleichgewicht finden: Unterstütze dein Kind dabei, einen gesunden Rhythmus zwischen Schule und Freizeit zu finden. Manchmal geht die Motivation für eine Freizeitbeschäftigung einfach mit der Zeit verloren. Auch wenn das Klavier oder die Reitstunden teuer waren, sollten Hobbys nicht dazu dienen, das Durchhalten zu lernen. Oft reicht eine Pause oder ein Wechsel der Mannschaft, um wieder neue Lust zu entwickeln. Vielleicht möchte sich dein Kind aber auch auf ein anderes Hobby konzentrieren oder etwas Neues ausprobieren. Oder es braucht einfach mehr Zeit, die nicht durch Termine verplant ist. Überlegt gemeinsam, wie dein Kind die Nachmittage verbringen möchte.

Du möchtest noch mehr erfahren? Hier findest du weitere Tipps, wie Kinder ihren Stress bewältigen können.

Fazit

Burnout bei Kindern und Jugendlichen ist eine reale Gefahr, die nicht zu unterschätzen ist. Indem du achtsam bist, die Symptome frühzeitig erkennst und präventiv handelst, kannst du deinem Kind helfen, gesund und ausgeglichen aufzuwachsen. Versuche die wertvolle Familienzeit auch als Wohlfühlzeit zu nutzen und nicht nur Konfliktthemen wie Schule zu diskutieren. Dein Kind spürt, wenn du dich wirklich für seine Gefühle und seine Lebenswelt interessierst. Versuche, dich in seine Perspektive einzufühlen und ihm in Ruhe zuzuhören – das ist eine gute Basis. Damit könnt ihr gemeinsam einen Weg aus der Überforderung finden und den Druck ausgleichen.