Format: Tipps – Frau mit Buch
Tipp

Legasthenie – Was Eltern tun können

Wenn du das Gefühl hast, dass dein Kind eine Legasthenie haben könnte, solltest du dir rechtzeitig fachliche Hilfe holen. Der erste Schritt sollte eine Diagnostik sein, um Gewissheit bzgl. der Diagnose zu erhalten und Maßnahmen zur gezielten Förderung einleiten zu können.

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Vater hilft Sohn bei den Hausaufgaben. Mit Frustration

Wie und wo wird die Legasthenie festgestellt?

Um festzustellen, ob eine Legasthenie gemäß ICD-10 (= Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme) vorliegt, sollten die Kinder von Experten untersucht werden. Hierzu zählen Ärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und –Psychotherapie, Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten oder Ärzte und Psychotherapeuten, Logopäden, pädagogische Fachkräfte mit einer entsprechenden Fortbildung. Eine Testung ist ab dem 2. Schuljahr möglich.

Zur Diagnosestellung werden mehrere Tests durchgeführt, u.a.:

  • Standardisierter Lese- und Rechtschreibtest
  • Überprüfen der phonologischen Bewusstheit
  • Intelligenzdiagnostik; bestenfalls sprachfrei
  • Untersuchung des Verhaltens (z.B. Aufmerksamkeit, Impulsivität, Emotionalität)
  • Neurologische Untersuchung einschließlich der Überprüfung der Hör- und Sehfähigkeit
  • Vorlage eines Schulberichtes bzw. Bericht über die individuelle Lernentwicklung

Förderung und Therapie von Kindern mit Legasthenie

Eines vorab: durch vermehrtes Üben wird sich allein keine Verbesserung einstellen. Betroffene Kinder brauchen eine individuelle Therapie! Die Kinder können zwar nicht von Legasthenie geheilt werden, aber bei einer guten Förderung können sie sich gut weiterentwickeln und ihr Potential ausschöpfen! Eine frühe Förderung durch Fachpersonal (qualifizierte Legasthenietherapeuten) ist deshalb besonders wichtig.

Eine spezielle Förderung für LRS-Kinder in der Schule ist leider nicht selbstverständlich. Jedes Bundesland regelt den Umgang mit LRS-Kindern durch eigene Rahmenrichtlinien. LehrerInnen sind leider nicht notwendigerweise im Umgang mit Legasthenie ausgebildet. Beim Verdacht auf eine Legasthenie solltest du dich daher erkundigen, inwiefern eine schulische Förderung möglich ist und auch außerschulische Hilfe holen.

Beachte: Oft zeigen betroffene Kinder beim Lesen und Schreiben zusätzlich Verhaltensveränderungen, wie Unruhe, Unaufmerksamkeit etc. Dies ist jedoch meist ein Ausdruck der Überforderung beim Schreiben und Lesen. Sobald sie etwas anderes machen, existieren die Symptome nicht mehr. Aber es gibt auch legasthene Kinder, die zusätzlich an Hyperaktivität oder Konzentrationsstörungen leiden. Hier können dann weitere Fördermaßnahmen nötig werden, wie z.B. Ergotherapie, Verhaltenstherapie etc.

Wie Eltern im Alltag bei Legasthenie unterstützen können

Grundsätzlich können Eltern folgende Tipps beherzigen:

  • Besprich die Symptomatik mit der Lehrerin/dem Lehrer. So könnt ihr Maßnahmen vereinbaren, die vermeiden, dass dein Kind ständig Misserfolge (z.B. beim lauten Vorlesen in der Klasse) erlebt.

  • Unterstütze in Zusammenarbeit mit der behandelnden Therapeutin und Lehrerin/Lehrer den Übungsplan. Einige dich mit der Lehrkraft auf sinnvolle Hausaufgaben, die dein Kind nicht überfordern.

  • Erfrage, ob die Möglichkeit für einen Nachteilsausgleich besteht. Unter „Nachteilsausgleich“ versteht man besondere Maßnahmen, mit denen man die Benachteiligung des Kindes durch seine Störung ausgleichen möchte. Hierzu zählen beispielsweise längere Bearbeitungszeiten, mündliche statt schriftliche Tests, das Nichteinbeziehen der Rechtschreibung in die Note, Nutzung von Tablet etc.

  • Weniger ist mehr! Unterstützungsmaßnahmen sollten dein Kind nicht zusätzlich belasten. Vermeide also stundenlanges Üben, fokussiere stattdessen auf kurze und regelmäßige Übungszeiten. Dein Kind braucht auch Zeit zum Spielen, für Freunde oder einfach zum Entspannen.

  • Fördere die Stärken deines Kindes: Kinder, die ihre Stärken kennen, können besser mit ihren Schwächen umgehen. Das hilft, schulische Herausforderungen besser zu meistern. Gebe deinem Kind Möglichkeiten, seine Stärken zu entdecken und auszubauen; z.B. in Sport, Musik Hobbys.

  • Schaffe zu Hause eine positive Lernumgebung durch Geduld, Zeit, eine ruhige konzentrierte Umgebung und anregende Lernsituationen. Zeige deinem Kind, dass du hinter ihm stehst und es annimmst - mit all seinen Stärken und Schwächen. Bringe immer wieder Verständnis für seine Schwierigkeiten auf.

  • Lese deinem Kind weiterhin vor. Dabei sollte es die Bücher nach seinen Interessen aussuchen dürfen. Sprich im Rahmen des Vorlesens mit deinem Kind über die Geschichte. Stelle Verständnisfragen und verknüpfe das Gelesene mit seiner Lebenswirklichkeit. So unterstützt du seinen Wortschatz und sprachlichen Ausdruck.

  • Vermittle die Bedeutung der Schriftsprache im Alltag: Überall gibt es Geschriebenes – im Supermarkt, auf Werbeflächen, in öffentlichen Verkehrsmitteln usw. Kinder können selbst Buchstaben und Wörter entdecken. Wenn du einen Einkaufszettel schreibst, kannst du dein Kind daran beteiligen. Auch kleine geschriebene Merkzettel, Geburtstagsgrüße, Grüße aus dem Urlaub zeigen wie schön es ist, wenn Sprache zu Schrift wird.

  • Nutze Sprachspiele und Reime. Alte Kinderspiele wie „Mein rechter, rechter Platz ist leer...“ oder „Ich sehe was, dass du nicht siehst...“ können umgewandelt werden. Der gesuchte Gegenstand bzw. der zu besetzende Platz fängt dann beispielsweise mit „M“ an oder hat zwei Silben, reimt sich mit … oder endet auf „L“.