Stell’ dir vor, es ist Homeschooling und dein Kind will nicht lernen. Dabei klingt das Ganze doch so einfach: geregelte Tagesabläufe, etablierte Routinen und ein bisschen eingestreute Kreativität in Form von Anreizen wie Bastelprojekten oder Apfel-Zimt-Muffins sollten das Kind schon schaukeln. Soweit der Plan. Doch was, wenn es schlicht nicht läuft, wie anvisiert. Lernmotivation – Fehlanzeige! Statt morgens um halb Acht mit Lernheften und Schulbüchern am Küchentisch zu sitzen, möchte dein Grundschulkind “lieber malen” oder die Lieblingsserie anschauen. Oder einfach nur im Bett liegen bleiben. Eine Situation, die vielen Eltern bekannt vorkommen dürfte. Lies hier unsere Tipps, wie du deinem Kind helfen und dabei den Unterricht zu Hause erleichtern kannst.
Außerdem findet ihr zu diesem Thema auf der >>Familienportal-Seite des BMFSFJ hilfreiche und aktuelle Informationen.
Wie ein Alltag mit Hausunterricht aussieht, ist von Familie zu Familie verschieden. Wer zusätzlich aus dem Homeoffice arbeitet oder mehrere Kinder im Grundschulalter hat, empfindet die Belastung durch den Unterricht zu Hause anders, als Eltern älterer Schülerinnen und Schüler.
Gerade für berufstätige Eltern, die Homeschooling und Homeoffice balancieren müssen, ist die Doppelbelastung besonders problematisch. Ein Tag hat schließlich nur 24 Stunden, die möglichst gut zwischen den verschiedenen Verpflichtungen aufgeteilt werden wollen. Dabei kann es helfen, sich folgendes in Erinnerung zu rufen: Hausunterricht bedeutet nicht, sich 1:1 am “echten Schulalltag” orientieren zu müssen.
Wenn Grundschüler nach zwei Stunden Lernen (mit Pausen!) ihr Tages-Soll erreicht haben, ist das deshalb kein Grund zur Sorge, sondern eher zur Erleichterung. Im Gegensatz dazu ist das Hauptproblem meist vielmehr, wie das Kind überhaupt zum Lernen bewegt werden soll, wenn schlicht die Lernmotivation fehlt.
Seltsam. Seit der Nachwuchs zu Hause büffeln soll, ist das mit dem Lernen plötzlich so eine Sache. Aufgaben alleine und selbstständig zu lösen, klappt mehr schlecht als recht. Warum anstrengen, wenn doch Mama oder Papa schnell mit gutem Rat zur Stelle sind. Und überhaupt: Das Kind morgens dazu zu bewegen, seine Hefte aufzuschlagen oder die bunten Arbeitsblätter zu lösen, ist, nun ja, schwierig. Kreativität ist gefragt.
Pausen
Falls keine Video-Chats mit der Lehrperson oder sonstige feste Termine dazwischenkommen, empfiehlt sich das Pomodoro-System. Jeweils 25 Minuten Lernzeit werden von einer fünfminütigen Pause abgelöst.
Platz wechseln
Zugegeben, der Tapetenwechsel-Effekt funktioniert eher bei kleineren Kindern: Wie wäre es heute mit Lernen auf dem Balkon/im Garten? Oder in Mamas Büro?
Planen (lassen)
Klappt vor allem mit Teenagern, kann aber bereits mit Grundschülern ausprobiert werden. Den eigenen Tagesablauf selbst zu planen, stärkt das Gefühl der Eigenverantwortung. Schließlich gilt es zu beweisen, dass der Plan etwas taugt.
Lob und Anerkennung
Ganz wichtig: dies sind wahre Seelenschmeichler für die Kinder. Im stressigen Homeschooling-Alltag fällt das zwar oft viel zu schnell hinten runter, weil noch unzählige To-Do’s auf die Erledigung warten. Aber sich Zeit für ein paar seelische Streicheleinheiten zu nehmen, wirkt wahre Wunder auf die Lernmotivation.
Eine weitere Möglichkeit, der Lernmotivation einen kleinen Boost zu geben, sind kleine Spiele. Z.B. nehmt ihr eine Glasdose voller kleiner Zettelchen. Was du darauf schreibst, hängt vom Alter deiner Kinder und den Familienregeln ab: Extra-Bildschirmzeit, gemeinsames Kuchenbacken oder eine halbe Stunde Buch vorlesen — Hauptsache unkompliziert, ohne dass es etwas kostet und originell genug. Sind alle gut (annähernd entspannt) durch den Homeschooling-Tag gekommen, kann sich dein Kind ein Zettelchen rausfischen.
Dass Lernen nicht nur in der Schule stattfindet, wissen wir alle. Auch wenn es Zeiten gibt, in denen Museumsbesuche, Ausflüge in den Zoo und Kreativ-Workshops nicht als Ergänzung zum Unterricht zu Hause infrage kommen, bietet das Familienleben immer noch genügend Lernmöglichkeiten. Tätigkeiten wie Rezepte nachkochen, Zutaten abwiegen, Briefe (an reale Menschen!) schreiben und Mahlzeiten planen, bereiten Kinder aufs selbstständige Leben vor.
Weiterer Vorteil: sie machen den Kindern Spaß und entlasten uns Eltern. Es lässt sich so ein Stück weit vermeiden, den eigenen Stress-Level in ungesunde Höhen zu treiben, wenn die Kinder doch vieles schon alleine können. Nehmen wir unseren Kindern alles ab, verschenken wir die Chance auf wertvolle Learnings für beide Seiten.
Zugegeben: Wer im Homeoffice arbeitet und gleichzeitig für das Homeschooling des Nachwuchses verantwortlich ist, kann von flexiblen Zeitplänen womöglich nur träumen. Die Tagesstruktur wird hauptsächlich von außen diktiert. Video-Chats mit der Klassenlehrerin auf Schülerseite, Deadlines und Zoom-Konferenzen mit Arbeitskollegen für die Eltern. Alleinerziehende trifft es in dieser Konstellation besonders hart.
Es kann helfen, bereits am Vorabend den nächsten Tag gedanklich durchzugehen und dabei die drei wichtigsten Aufgaben zu identifizieren, die unbedingt erledigt werden müssen. Wenn du diese aufschreiben möchtest – umso besser. So beginnst du den nächsten Morgen bereits mit einem konkreten Ziel, statt dich mit dem Laptop neben dein Schulkind an den Esstisch zu setzen und einfach nachzusehen, was so ansteht.
Statt Pläne mit festen Uhrzeiten zu entwerfen, reicht es oft schon aus, Zeitblöcke für Mahlzeiten, Lernen und Arbeiten festzulegen, die dem Familienalltag eine ungefähre Richtung geben.
Alle Familien-Bälle auf einmal zu jonglieren ist belastend. Gerade deshalb ist es so wichtig, dir kleine Ruhepausen zu gönnen, in denen du nur an dich denkst. Das ist nicht egoistisch, sondern hilft dir im Gegenteil, wieder besser für deine Familie da sein zu können. Ob ein heißes Bad, die bewusst (alleine!) genossene Tasse Tee oder eine Stunde Me-Time mit einem guten Buch – du weißt am besten, was dir Erholung bringt. Gönne es dir!
Überforderung kannst du auch entgegenwirken, indem du versuchst, den verrückten Alltag lockerer zu sehen. Es wird immer wieder Tage geben, an denen alles läuft, wie geschmiert und andere, an denen es drunter und drüber geht. Es wird Tage geben, an denen dich die Dankbarkeit für deine Familie wie ein wohliger Schauer übermannt. Und andere, an denen du das Gefühl hast, vor lauter Chaos und Erschöpfung jeden Moment in Tränen auszubrechen.
Erlaube dir auch diese Momente. Aber dann versuche dich daran zu erinnern, was du schon alles geschafft hast. Das ganze Leben ist ein Wechsel zwischen guten und schlechten Zeiten. Fokussierst du bewusst das Positive, schaffst du es, beide zu meistern.