Die meisten Kinder sind abenteuerlustig, stecken voller Ideen und setzen einige ihrer Ideen auch um. Oft sind es Experimente oder Streiche, die fast immer einen harmlosen Verlauf nehmen und alle Beteiligten mit einem ‚blauen Auge‘ davon kommen lassen. Was aber, wenn Kinder mutwillig etwas kaputtmachen oder mit Absicht jemandem wehtun?
Bis zum Alter von sieben Jahren haften Kinder für Schäden, die sie verursacht haben, generell nicht. Im Straßenverkehr gilt dieser Grundsatz sogar bis zum Alter von zehn Jahren (§ 828 Bürgerliches Gesetzbuch). Ältere Kinder können durchaus für verursachte Schäden haftbar gemacht werden.
Eine grundsätzliche Haftung besteht jedoch nicht. Vielmehr sind viele Faktoren ausschlaggebend, insbesondere die Einsichtsfähigkeit des Kindes, sein Alter und seine Reife. Haben die Eltern gegen ihre Aufsichtspflicht verstoßen, können auch diese für Schäden unter Umständen haftbar gemacht werden.
Bei Kindern ab sieben bzw. ab zehn Jahren ist immer der Einzelfall zu betrachten. Eine allgemeingültige Aussage, wann Kinder haften, kann unter juristischen Gesichtspunkten nicht getroffen werden. Zu viele Aspekte des Ereignisses spielen eine Rolle. Zudem ist die „zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderliche Einsicht“ ein unbestimmter Rechtsbegriff und muss daher je nach Geschehen neu ausgelotet werden. In der Rechtsprechung wird jedoch in der Regel davon ausgegangen, dass Kinder
ab 12 Jahren in der Lage sind, ihre Handlungen und deren Folgen zu erkennen und abzuschätzen.
Je nach Situation und insbesondere bei Kindern unter 12 Jahren, kann die Sachlage aber auch abweichen und zu einer anderslautenden Einschätzung führen. Zur Verdeutlichung einige Beispiel-Urteile, die deutsche Gerichte zur Haftung von Kindern gefällt haben.
Das Amtsgericht München entschied 2017 über die Haftung eines siebenjährigen Kindes für Kratzer im Lack eines geparkten Autos (Az. 345 C 13556/17). Das Kind hatte mit jeweils einem Roller an jeder Hand die Straße überqueren wollen, um zur Familie auf der anderen Straßenseite zu gelangen. Ein Pkw war mit etwa 30 km/h vorbeigefahren, weshalb das Kind auswich und mit dem Metalllenker eines Rollers gegen ein parkendes Auto geriet. Dadurch entstand ein Lackschaden im vierstelligen Bereich.
Das Münchner Amtsgericht verneinte in diesem Fall die Haftung des Kindes, denn Unfallursache war ein fahrendes Kfz, wodurch gemäß Bürgerlichem Gesetzbuch (BGB) keine Haftung bis zum zehnten Lebensjahr besteht. Zudem kann von einem siebenjährigen Kind nicht erwartet werden, Entfernung und Geschwindigkeit des herannahenden Fahrzeugs richtig einzuschätzen und sich entsprechend dieser Gefahr zu verhalten. Nach Abwägung des Gerichts bestand also nicht genügend Einsichtsfähigkeit des Kindes, weshalb es nicht zu Schadenersatz verpflichtet werden konnte.
In einem anderen Fall von 2010 hatte das Oberlandesgericht Köln über die Schadensansprüche eines Klägers gegenüber einem neunjährigen Kind zu entscheiden (Az. 24 U 155/09), das lagernde Strohballen und in der Folge die gesamte Scheune in Brand gesetzt hatte. Das nötige Feuerzeug hatte das Kind auf dem Gelände gefunden, womit es auf einem Strohballen ein kleines Feuer entzündete, das sich jedoch über den Strohballen auf die anderen lagernden Ballen und schließlich auf die gesamte Scheune ausbreitete.
Nach Einschätzung des OLG Köln ist ein neunjähriges Kind in der Lage, die Gefährlichkeit von Feuer grundsätzlich und in der entsprechenden Situation zu erkennen und nach ihr zu handeln. Demnach war dem Kind klar, dass sein Handeln gefährlich und verboten war. Eine Aufsichtspflichtverletzung der Aufsichtspersonen war nicht erkennbar. Daher haftet das Kind in diesem Fall für den von ihm verursachten Schaden.
Ist die Haftung durch ein Gericht festgestellt worden, so haben Kinder in aller Regel kein eigenes Einkommen, woraus sie die Schadenersatzansprüche befriedigen könnten. Damit ist die Angelegenheit allerdings nicht erledigt.
Gibt es ein Urteil, wonach das Kind zur Haftung verpflichtet ist, kann es bis zu 30 Jahre lang zur Begleichung des Anspruchs herangezogen werden (§ 197 BGB). Im Grunde hat das Kind Schulden gegenüber dem Geschädigten. Sobald es ein eigenes Einkommen hat, muss es die aus dem Schadenersatz resultierenden Schulden abbezahlen.
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