Die Aufklärung über Sexualität ist Anlass für viele Witze und lustige Anektdoten. Doch wenn es darum geht, dem eigenen Kind zu erklären, wie Babys gemacht werden, kann leicht eine gewisse Unsicherheit aufkommen. Denn wann ist es der richtige Zeitpunkt dafür? Und wie genau vermittelt man diese Informationen am besten?
Grundsätzlich gilt: Es gibt nicht das eine „richtige“ Alter für die Aufklärung. Zumal Aufklärung auch weniger ein einmaliges Ereignis ist, sondern vielmehr ein Prozess. Denn dein Kind lernt ja nicht nur aus den paar konkret formulierten Sätzen in einem typischen „Aufklärungsgespräch“ oder im Aufklärungsunterricht in der Schule, sondern viele Informationen über Zärtlichkeit und Geschlechtlichkeit nimmt es quasi nebenher im Alltag auf: Es beobachtet, wie die Eltern oder andere Paare miteinander umgehen. Es erlebt, wie beschämt oder unbefangen zuhause mit Nacktheit umgegangen wird. Es hört Witze von anderen Kindern. Und es entwickelt ein Bild von dem, was seine Eltern als „männlich“ oder „weiblich“ definieren. Hört ein Junge zum Beispiel oft: „Komm‘, stell dich nicht so an, du bist doch kein Mädchen!“, so wird es ihm schwer fallen, offen mit Gefühlen umzugehen. Und Mädchen, die ermahnt werden, immer lieb und anständig zu sein, könnte es später schwer fallen, sich auch mal durchzusetzen und für ihr Recht einzustehen. Diese Art der Aufklärung geschieht ständig unbemerkt und wir sollten ihre Bedeutung nicht unterschätzen.
Viele Kinder fragen zwischen drei und fünf Jahren, wie ein Baby in den Bauch der Mutter kommt. Dann solltest du keineswegs von Bienchen und Blümchen anfangen, sondern lieber in schlichten, kindgerechten Worten eine kurze, aber zutreffende Antwort formulieren – zum Beispiel: „Also, wenn ein Mann und eine Frau sich sehr lieb haben, dann kuscheln sie auch miteinander. Und manchmal kuscheln sie auch so, dass der Mann seinen Penis in die Scheide der Frau steckt. Das hört sich ein wenig seltsam an, aber wenn beide das möchten, fühlt es sich sehr schön an. Und manchmal entsteht dabei auch ein Baby. Das wächst dann im Bauch der Frau, bis es groß genug ist, um auf die Welt zu kommen.“ Wenn dein Kind keine weiteren Fragen stellt, dann kannst du es bei dieser Antwort belassen. Wenn es die Zusammenhänge genauer verstehen will, dann sei unbesorgt: Wäre es dafür nicht bereit, würde es nicht fragen. Du kannst dann ruhig etwas genauer erklären, was dein Kind noch nicht verstanden hat. Eine gute Unterstützung bieten Bilderbücher zu diesem Thema (siehe Artikel: „Bücher und Filme rund um Sexualität“). Wenn dein Kind in diesem Alter aber noch kein Interesse an diesem Thema zeigt, musst du es ihm auch nicht aufzwingen. Wichtig ist, dass du deinem Kind vermittelst, dass Berührungen etwas Schönes sind, dass aber jeder Mensch das Recht hat, „Nein“ zu sagen. Bringe deinem Kind bei, dass es sich gegen unerwünschte Berührungen wehren darf und, dass es auch die Grenzen anderer respektieren muss. Dazu gehört auch die wichtige Information, niemals mit Fremden mitzugehen. Allerdings solltest du in diesem Alter, wenn es keinen konkreten Anlass dazu gibt, nicht konkret über Vergewaltigung o.ä. sprechen. Es reicht, zu erklären, dass es auch Menschen gibt, die krank im Kopf sind und deshalb Kinder mitnehmen und gemein zu ihnen sind und, dass man deshalb niemals mit fremden Menschen mitgehen darf.
Ältere Kinder, etwa ab dem Grundschulalter, haben oft konkretere Fragen und können auch schon detailliertere Informationen verstehen, sofern sie Interesse daran haben. Allerdings ist in diesem Alter auch oft schon eine deutliche Scham vorhanden und viele Kinder finden die Vorstellung, was Mann und Frau da miteinander treiben „ekelhaft“. Diese Zurückhaltung solltest du respektieren. Es wäre gut, wenn dein Kind in diesem Alter grob weiß, was unter Sex zu verstehen ist (zumindest so, wie in der Erklärung für Kleinkinder beschrieben), damit es einordnen kann, was gemeint ist, wenn Freunde davon reden oder auch, falls es mal belästigt werden sollte. Dazu gehören auch die oben genannten Informationen über Grenzen, „Nein-Sagen“ und die Vorsicht gegenüber Fremden. Außerdem solltest du in diesem Alter ein paar Informationen zum Thema „sexuelle Vielfalt“ vermitteln. Das kann bedeuten, deinem Kind zu erklären, warum manche Kinder zwei Mütter oder zwei Väter haben oder, warum manche Männer lieber Frauen sein wollen. Auch hier muss nicht alles im Detail erläutert werden; wichtig ist die Grundhaltung: „Wir Menschen sind unterschiedlich; jeder ist wertvoll. Niemand hat das Recht, über andere zu urteilen.“ Wenn in der Schule Sexualität im Unterricht thematisiert wird, ist es gut, das in einer ruhigen Minute unbefangen und locker mit dem Kind zu reflektieren. Dabei geht es nicht darum, alles noch einmal zu besprechen, sondern du gibst deinem Kind die Chance, Fragen oder Unklarheiten zu klären. Spätestens im Alter von 10 Jahren solltest du deinem Kind zumindest in Grundzügen Wissen über Verhütung und sexuelle Begegnungen vermitteln.
Sobald du den Eindruck hast, dass dein Kind möglicherweise bald erste sexuelle Erfahrungen machen könnte – zum Beispiel, wenn es einen Freund oder eine Freundin hat oder aufällig oft von jemandem erzählt – solltest du noch einmal konkret das Thema Verhütung, aber auch andere Fragen (zum Beispiel: Wann ist der richtige Zeitpunkt für das erste Mal?) ansprechen. Denn in der Sexualaufklärung sollte es nicht nur darum gehen, Teenager-Schwangerschaften oder Aids zu verhindern, sondern auch, eine positive Entwicklung der Sexualität zu unterstützen. Dazu brauchen Jugendliche Eltern, die Sexualität grundsätzlich als natürlich und wertvoll bejahen, aber auch deutlich machen, dass zu frühe sexuelle Experimente unangenehm oder emotional verletzend sein können und sie ermutigen, sich Zeit zu lassen, bis sie den/die Richtige(n) für das „erste Mal“ gefunden haben. Auch für dieses Alter gibt es hilfreiche Materialien (siehe Artikel „Bücher und Filme ...“). Insgesamt empfiehlt es sich, als Eltern möglichst gelassen und natürlich über Sexualität zu sprechen – ohne aber Schamgrenzen des Kindes zu ignorieren. Wenn du also sichergestellst hast, dass dein Kind alle notwendigen Informationen hat und es nicht weiter über das Thema reden will, dann solltest du das freundlich akzeptieren – mit dem Hinweis, dass es bei Fragen jederzeit zu dir kommen kann.
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