Format: Artikel – Schreibfeder auf dem Tisch
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Und wieder ein nasses Bett am Morgen… - nächtliches Einnässen bei Kindern

Autorin - Sandra Lößl

Montagmorgen 7 Uhr. Zeit aufzustehen für Leonie. Der Kindergarten wartet. Leonies Mama geht leise ins Zimmer und setzt sich an Leonies Bett. „Aufwachen kleine Schlafmütze.“ sagt sie. Müde macht Leonie die Augen auf. Da sieht sie schon den fragenden Blick in Mamas Augen „Ist dein Bett heute trocken geblieben?“ Leonie streckt und räkelt sich, wacht langsam auf und wenn man eben noch meinte, sie würde lächeln, kommt doch ein betrübtes Gesicht. „Nein, Mama – heute hat´s nicht geklappt.“

Lesezeit: Etwa 6 Minuten
Mutter und Tochter in der Küche am gemeinsamen Lernen. Homeschooling

„Ist dein Bett heute trocken geblieben?“

Montagmorgen 7 Uhr. Zeit aufzustehen für Leonie. Der Kindergarten wartet. Leonies Mama geht leise ins Zimmer und setzt sich an Leonies Bett. „Aufwachen kleine Schlafmütze“ sagt sie. Müde macht Leonie die Augen auf. Da sieht sie schon den fragenden Blick in Mamas Augen: „Ist dein Bett heute trocken geblieben?“ Leonie streckt und räkelt sich, wacht langsam auf und wenn man eben noch meinte, sie würde lächeln, kommt doch ein betrübtes Gesicht. „Nein, Mama – heute hat´s nicht geklappt.“ „Nicht so schlimm“, sagt Mama.

Doch man merkt ihr an, dass sie betrübt ist. Leonie ist doch schon fünf Jahre alt. Sie geht in die Vorschule, kann ihren Namen schreiben und schafft die ersten Rechenaufgaben. Da müsste das mit dem Sauberwerden in der Nacht doch auch langsam klappen. Tagsüber war sie schon sauber, als sie in den Kindergarten kam. Damals war sie noch nicht einmal drei Jahre alt.

Mit fünf nachts immer noch nicht trocken

„Ist mein Kind ein Bettnässer?“ diese Frage stellt sich nicht nur Leonies Mutter. Die meisten Eltern erwarten, dass auf das Trockenwerden am Tag zeitnah das nächtliche Einnässen verschwindet. Sie wundern sich, wenn das Kind auch mit vier, fünf Jahren oder darüber hinaus noch kein Interesse hat, die nächtliche Windel abzulegen. Aber bei ganz vielen Kindern liegen diese zwei einschneidenden Entwicklungsschritte Monate, oft sogar Jahre auseinander.

Studien zeigen, dass noch zehn Prozent der Siebenjährigen und immerhin fünf Prozent der zehnjährigen Kinder regelmäßig nachts einnässen. Es ist nur so, dass sich Eltern dafür oft schämen. Sie denken, sie hätten in der Erziehung etwas verpasst oder falsch gemacht. Und obwohl das nicht stimmt, erzählen Eltern oft ungern von ihren Erfahrungen.

Warum wird mein Kind nachts nicht sauber?

Erholsamer Tiefschlaf
Nächtliches Einnässen ist eine Sache, die Kinder ganz und gar nicht in der Hand haben. In der Nacht ist das Bewusstsein des Kindes ausgeschalten und das ist gut so. Das Kind muss sich ja von vielfältigen Eindrücken des Tages erholen und braucht deshalb den tiefen, festen Schlaf.

Was drückt denn da?
Bei der nächtlichen Harnkontrolle ist eine biologische Reifung notwendig. Wie tagsüber auch müssen Kinder lernen, was der Harndruck in der Blase bedeutet. Nämlich, dass ich möglichst schnell die nächste Toilette suchen muss. Gar nicht so einfach, wenn man sehr tief schläft. Manche Kinder „überschlafen“ den Harndrang schlichtweg. Andere wissen nachts nichts mit dem Körpersignal anzufangen, weil sie zwar aufwachen, aber vom Schlafen verwirrt sind.

Zuviel Pipi in der Nacht
Dafür, dass der Harndruck in Nacht aber gar nicht erst entsteht oder nur wenn man mal besonders viel getrunken hat, ist das sogenannte antidiuretische Hormon (ADH) zuständig. Es ist für die Flüssigkeitskontrolle in unserem Körper verantwortlich und produziert nachts weniger Urin als am Tag. Auch hier braucht der Körper Zeit um dieses Hormon ausreichend zu produzieren. Reicht die Produktion noch nicht aus, wird einfach nachts in der gleichen Menge Urin produziert als tagsüber und dieser sucht sich natürlich seinen Weg.

Seele in Ordnung?
Oft wird „Bettnässern“ (schon der Begriff hat einen abwertenden Unterton) suggeriert, dass sie psychische Probleme haben. Das ist eine Verallgemeinerung und trifft in sehr vielen Fällen nicht zu. Trotzdem kann es sein, dass Kinder etwas mit sich herumtragen, das sie nachts beschäftigt und in Form von Bettnässen an den Tag tritt. Das muss gar nichts Schwerwiegendes sein. Da reicht auch schon mal ein aufregender Ausflug oder ein Streit mit der besten Freundin.

Von den Eltern geerbt?
Ein weiterer Grund kann auch sein, dass du oder dein Partner selbst lange gebraucht haben, um nachts sauber zu werden. Wenn du möchtest, kannst du ja mal bei deinen Eltern nachfragen, wann du deine nächtlichen Windeln abgelegt hast.

Was können Eltern tun?

Organisch alles ok?
Zunächst kannst du die Sache mal mit deinem Kinderarzt besprechen. So kann dieser ausschließen, dass es einen organischen Grund gibt, warum das nächtliche Sauberwerden bei deinem Kind länger dauert.

Entlaste dein Kind
Nimm deinem Kind den Druck. Manchmal kann es gut tun, dem Kind zu erzählen, dass es anderen auch so geht. Vielleicht erzählst du auch von dir selbst und davon, wie es dir ging, wenn du als Kind eingenässt hast. Das kann entlasten.

Strafen schaden dem Kind
Bestrafe dein Kind nicht. Dein Kind hat keinen Einfluss auf die nächtliche Harnregulierung und macht es mit Sicherheit nicht absichtlich. Angst vor dem Einnässen kann sich negativ auf den gesunden Schlaf deines Kindes auswirken. Außerdem leidet die Beziehung zu dir darunter.

Lob kann Druck erzeugen
Ein Gummibärchen, wenn das Bett trocken geblieben ist? Wie auf die Bestrafung deines Kindes, solltest du auch auf das Loben für ein trockenes Bett verzichten. Warum sollte dein Kind für etwas Lob bekommen, was es nicht selbst in der Hand hat? Auch Lob kann Druck verursachen. Freue dich stattdessen mit deinem Kind, wenn es geklappt hat.

Tagsüber genug getrunken?
Ganz praktisch solltest du darauf achten, dass dein Kind tagsüber genug trinkt. Viele Kinder vergessen das Trinken tagsüber schlichtweg, weil sie mit vielen anderen Dingen beschäftigt sind. Da kommt abends schon mal der große Durst und füllt die Blase übermäßig.

Nächtliches Aufwecken?

„Mein Franz war schon mit zwei nachts sauber!“ Kennst du solche Sätze aus der Großelterngeneration? Hör auch mal genau hin. Sauber sein hieß dann manchmal zwei Wecker in der Nacht zu stellen, um das Kind auf den Topf zu setzen. Verständlich, bei dem Aufwand, den die Stoffwindeln gemacht haben. Erholsam war das aber weder für Mutter noch für das Kind.

Nächtliches Aufwecken kurbelt aber die Produktion vom wasserregulierenden Hormon ADH nicht an. Nächtliches Aufwecken führt auch nicht dazu, dass Kinder ihre Blase besser spüren und alleine wach werden. Es könnte die Blase höchstens so trainieren, dass das Kind tatsächlich immer um zwei Uhr morgens pinkeln muss.

Wenn es für dich eine Erleichterung ist oder für dein Kind wichtig ist, kannst du es gerne versuchen, dein Kind nachts zu wecken. Achte allerdings darauf, wie es deinem Kind dabei geht und wie sich das Aufwecken auf den Schlaf und das Einnässen deines Kindes auswirkt. Das Aufwecken trägt allerdings nichts zur nächtlichen Sauberkeitsreife bei.

Wann solltest du dir Hilfe holen?

  • Wenn du das Gefühl hast, es könnte organisch etwas nicht stimmen. Wenn dein Kind z.B. Schmerzen beim Wasserlassen hat.
  • Wenn dein Kind schon längere Zeit nachts sauber war und plötzlich wieder anfängt einzunässen
  • Wenn du das Gefühl hast, dein Kind leidet unter der Situation 
  • Wenn du dir selbst in dieser Situation Unterstützung wünschst oder einfach mal mit jemandem darüber reden möchtest

Unterstützung bekommst du bei deinem Kinderarzt, in der nächsten Kinderklinik oder in einer Erziehungsberatungsstelle.

Unser Tipp zum Schluss

Ruhig bleiben!
Mache dir keinen Druck. Du und dein Partner/deine Partnerin machen sicher alles, was ihr tun könnt, damit es eurem Kind gut geht. Und bedenke immer: In ein paar Jahren fragt niemand mehr danach, wann dein Kind nachts die Windel abgelegt hat. Es liegt nicht an dir, dass dein Kind länger braucht.