Schwangerschaft ist – auch aus medizinischer Sicht – keine Krankheit, aber ein besonderer Zustand. „Wie schwanger“ man sich fühlt, ist immer abhängig vom körperlichen und psychischen Wohlempfinden. Und dies bekommen auch die Kollegen mit. Sollte man als Schwangere viel oder wenig Rücksicht von erwarten? Zwei Erfahrungsberichte zeigen, wie unterschiedlich eine Schwangerschaft im Büro bei Kollegen ankommen kann. Du hast es weitgehend selbst in der Hand: Überlege dir, wie du gerne wahrgenommen werden möchtest.
Als Judith ihre Schwangerschaft publik gemacht hatte, startete das „Ich muss auf mich achten-Programm“
Noch bevor die offizielle Mitteilung kam, waren bei Judith schon kleine Anzeichen zu erkennen. Bei den Meetings und längeren Sitzungen ruhte eine Hand immer auf ihrem Bauch. Kaffeepausen machte sie keine mehr, stattdessen ging sie eine Runde nach draußen. . Ein orthopädisch korrektes Sitzmöbel wurde bestellt, um das lange Sitzen am Bürotisch zu erleichtern. Judith trug auch sofort alle ihre Vorsorgtermine in den Teamkalender ein und stellte von Anfang an klar, dass sie Meetings mit langen Anreisen oder Flügen auf ein Minimum reduzieren würde. Überstunden und der „Kampf um die Deadlines“ waren für sie plötzlich keine Themen mehr. Das war für uns erst mal schwer nachzuvollziehen, da es ihr offensichtlich blendend ging. Andererseits war diese Klarheit für unsere weitere Planung sehr hilfreich und so sprachen wir auch ganz genau ab, wie viel Unterstützung wir bei den anstehenden Messen erwarten konnten. Wir lernten dabei, dass Mutterwerden sich nicht ausschließlich auf die Zeit des Mutterschutzes beschränkt.
Bei Sybille war eigentlich alles so wie immer. Und genauso blieb es, bis sie den Mutterschutz antrat.
Als Sybille mir mit teilte, dass Sie im 4. Monat schwanger sei, fiel ich echt aus allen Wolken. Einen Abend zuvor hatten wir noch bis spät in den Abend hinein über den Zahlen des Betriebsabschlusses gesessen und heute Morgen war sie mit die Erste im Büro. Sie plante mit uns die nächsten Quartale, leitete die Besprechungen und nahm an internationalen Meetings teil. Auch beim Umzug des Büros war sie aktiv. „Wozu gibt es Rollwagen?“ Das war ihr Spruch.
Über unsere Fürsorglichkeit musste sie grinsen und dann war das Thema auch wieder vom Tisch. Es gab also kein Türen aufhalten, mit dem Fahrstuhl fahren oder eine Extrapause fürs Baby. Wäre nicht der Bauch immer offensichtlicher geworden, hätten wir das wohl alle glatt vergessen. Als Sybille sich in den Mutterschutz verabschiedete war das dann zum einen sehr plötzlich, zum anderen hatten wir das Gefühl, es handele sich um einen Urlaub und sie würde schon bald wieder zurück sein. Wir sind gespannt.