Wenn das (letzte) Kind auszieht, kann es für Eltern besonders schwer werden: Das Haus wirkt leer und zu leise und die eigene Rolle im Familien-Nest obsolet. Diese Gefühlslage nennt man Empty Nest Syndrom und sie ist weit mehr als nur eine Art Traurigkeit.
Die Psychotherapeutin Melanie Schüer zeigt hier Anzeichen & Symptome des Empty Nest Syndroms auf und gibt dir viele Tipps, wie du damit umgehen kannst.
Mit dem Begriff „Empty Nest Syndrom“ wird eine Gefühlslage der Eltern beschrieben, die durch den Auszug des letzten bzw. einzigen Kindes aus dem Elternhaus ausgelöst wird.
Je mehr der Alltag auf das Kind ausgerichtet war, desto größer ist natürlich die Umstellung nach dessen Auszug. Dies können Anzeichen für das Empty Nest Syndrom sein:
Die möglichen Symptome können individuell sein. Manche lenken sich beispielsweise mit übermäßigem Essen vom Trennungsschmerz ab, andere bekommen in dieser Phase kaum einen Bissen herunter. Ängste betreffen oft die Zukunft – sowohl die eigene (Wo ist jetzt mein Platz im Leben?) aber auch die des Kindes (Kommt er/sie allein zurecht?). Manchmal wechseln sich auch Abschiedsschmerz und gespannte Freude über das Neue, das nun kommt, in rasanter Geschwindigkeit ab und führen zu einem Wechselbad der Gefühle.
Alle Symptome hängen aber damit zusammen, dass diese große Veränderung zu einem emotionalen Ungleichgewicht führen kann. Dieses hat dann wiederum psychosomatische Folgen, kann sich also sowohl körperlich, als auch psychisch zeigen.
Was tun, wenn die Kinder flügge werden?
Loslassen ist hier das Zauberwort – und das geht am einfachsten, wenn gewisse Bedingungen erfüllt sind:
Wie bereits angedeutet, ist es empfehlenswert, diesen Prozess bewusst zu gestalten. Gib‘ dir Zeit, zu trauern und schiebe die Gefühle nicht einfach weg. Lass‘ ruhig auch dein Kind ehrlich wissen, dass dir der Abschied gar nicht so leicht fällt.
Frage dich, ob es noch offene Angelegenheiten gibt, bei denen dein Handeln wichtig ist für dein Kind. Ziel sollte sein, dass du nach dem Auszug sagen kannst: „Das, wofür ich als Elternteil verantwortlich bin in Bezug auf das neue Leben meines Kindes, habe ich getan. Ich habe gegeben, was ich konnte oder habe noch Offenes geklärt.“
Lass dein Kind wissen, dass du auch in der neuen Lebensphase immer ein offenes Ohr hast und es so gut du kannst unterstützen wirst.
Manchmal hilft es, auch wenn man sonst nicht viel schreibt, in besonderen Phasen des Lebens, Tagebuch zu schreiben. Im Schreiben kann man die eigenen Gedanken und Gefühle wunderbar sortieren und reflektieren. Manche Leute bevorzugen auch das Malen – ganz frei oder z.B. das Ausmalen von Mandalas für Erwachsene.
Wenn du merkst, dass die Symptome sehr stark werden und dich länger als nur wenige Tage belasten, dann nimm‘ dieses Problem bitte ernst. Aus einem Emtpy Nest Syndrom kann auch eine handfeste Depression entstehen. Wenn dir also alles zu viel wird und du nur noch schwarz siehst, dann hole dir unbedingt professionelle Hilfe. Oft reichen schon einige Termine, z.B. in einer Lebensberatungsstelle (www.dajeb.de), um wieder Boden unter den Füßen zu finden.
Insgesamt gilt: Schaffe ein Gleichgewicht zwischen Trauer, die sein darf und Raum braucht, und dem Blick auf das Positive auf der anderen Seite. Nimm dir bewusst Zeit, deine Trauer zuzulassen und nutze gesunde Strategien, deine Trauer zu bewältigen wie z.B. Weinen, Rückzug, mit deinen Liebsten darüber sprechen usw.
Kleine Warnung: Wenn die Gefühle so durcheinander sind wie beim Empty Nest Syndrom, sollte man sich vor vorschnellen Entscheidungen hüten. Verfalle nicht in Aktionismus, sondern nimm‘ dir etwas Zeit zum Abwägen und Herantasten und triff weitreichende Entscheidungen besser dann, wenn du dich emotional wieder etwas gefestigter fühlst.
Für alleinerziehende Eltern ist der Auszug des Kindes oft noch herausfordernder als für Elternpaare. Sie finden sich nicht zu zweit, sondern allein im Nest vor und das ist ein großer Unterschied. Es gibt nun keinen Partner, auf den man sich fokussieren kann. Für viele Paare bedeutet der Auszug des Kindes auch die Chance, wieder mehr Zeit zu zweit zu verbringen und die Paarbeziehung neu zu gestalten. Das kann von dem Verlust des Familienalltags ablenken und bewirken, dass man schneller die Chancen sieht, die sich aus der Veränderung ergeben.
Ohne Partner hingegen entstehen mit höherer Wahrscheinlichkeit zunächst einmal Gefühle von Einsamkeit und Isolation. Es fühlt sich seltsam an, plötzlich so viel allein zu sein. Die Wohnung wirkt seltsam still und der Alltag viel ungefüllter als zuvor. Tür-und-Angel-Gespräche fallen auf einmal weg und daran muss man sich erst einmal gewöhnen. Diese Faktoren erhöhen das Risiko für depressive Verstimmungen.
Gespräche in einer Lebensberatungsstelle (www.dajeb.de) können helfen, die Umstellung gut zu bewältigen. Bemühe dich um einen guten Ausgleich zwischen Ruhe und Aktivität. Überlege, welche Freundschaften du vielleicht intensivieren kannst, jetzt, wo du wieder mehr Zeit hast. Welche Hobbys könntest du neu oder wieder aufnehmen?
Der Verein alleinerziehender Mütter oder Väter (VAMV) kann ebenfalls eine Anlaufstelle sein, um dich mit anderen alleinerziehenden Eltern auszutauschen.
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