Das Wiederankommen im Job fällt vielen Frauen nach der Familienphase schwer. Sollten sie vielleicht ihre eigene Chefin werden und selbstständig werden? Cornelia Paul ist selbst Mutter. Als Coach berät sie seit vielen Jahren Wiedereinsteigerinnen. Im ElternLeben Interview erklärt sie, worauf geachtet werden sollte, damit der Traum vom Gründen kein Albtraum wird.
Cornelia Paul: Viele Frauen müssen zurück in den Job, weil die Familien auf ihr Einkommen angewiesen ist. Für die Mütter ist das oft sehr schwierig, ihre Gefühlswelt hat sich nach der Geburt des Kindes völlig verändert, es gibt nun ganz neue Werte und Prioritäten. Viele planen beispielsweise in der Schwangerschaft, dass sie recht schnell wieder Vollzeit arbeiten wollen. Doch wenn das Kind dann da ist, ist das plötzlich unvorstellbar. Machen sie es dann, ist ein schlechtes Gewissen ihr ständiger Begleiter – sie haben das Gefühl weder ihrer Familien, noch ihrem Job gerecht werden zu können. Starre Arbeitszeiten und unflexible Arbeitgeber machen es Eltern auch leider nicht leicht.
Eine Selbstständigkeit kann für einige Mütter genau das richtige sein. Aber zunächst muss nach den Motiven gefragt werden. Wer nicht in den Ursprungsjob zurück möchte oder kann, muss eine kritische Bilanz ziehen. Was bringe ich mit? Was treibt mich wirklich an? Eine Frau, die seit Jahren als Bankkauffrau unglücklich war, kann sich nicht ohne weiteres als Cafébesitzerin selbstständig machen. Vielleicht ist es auch eine Alternative, eine neue Ausbildung oder eine Fortbildung zu machen? Wenn das Café aber der große Traum ist, dann muss geguckt werden: wie realistisch ist der? Kann er Wirklichkeit werden und passt er wirklich zum Familienkonzept? Kann damit Geld verdient werden?
Wichtig ist es, sich mit den wirklichen Fakten zu beschäftigen. Was bringe ich mit? Was kann ich? Warum brenne ich für diese Idee? Warum möchte ich gründen? Wichtig ist unbedingt ein durchdachter Businessplan. Wie viel Geld muss investiert werden? Eine freiberufliche Texterin braucht nur ihren Computer – aber für ein Café muss ein Lokal gemietet werden und es muss eingerichtet werden. Eine Idee kann noch so gut sein, sie muss sich auch finanziell tragen und durchdacht sein. Also nicht einfach einen Laden mieten und dann erst überlegen.
Ja, oft ist das genau der Grund Selbstständig zu werden. Eine Grafikerin, die nun ihre Zeit ganz frei einteilen kann, ist natürlich sehr flexibel und kann die Arbeitszeit an die Bedürfnisse der Familie anpassen. Aber nicht immer geht das. Gerade wenn eine Gründungsphase ganz frisch ist, bestehen reichlich viele Abhängigkeiten. Finanzielle Verpflichtungen, das Geld, das hineingesteckt wurde, muss ja erst einmal wieder hereinkommen. Viele Selbstständige fühlen sich von den Kunden, der Bank oder Öffnungszeiten sehr fremdbestimmt. Der zeitliche Aufwand ist oft auch enorm. Und natürlich kann die Auftragslage sehr unterschiedlich sein, das es mal sehr finanziell knappe Zeiten gibt, ist für viele mit Unsicherheit verbunden.
Eine große! Eine Selbstständigkeit braucht Rückhalt. Egal, ob es nun ein großes Geschäft ist, oder eine das Verkaufen der schönsten Handarbeiten sind. Wer wirklich ein Unternehmen plant und nur mit „Mamas Hobby“ belächelt wird, hat eine schwere Ausgangslage.
Nein, sicher nicht. Aber die Idee anhören und kritische Fragen stellen. Es ist im übrigen ja auch nicht immer nötig ein Unternehmen aufbauen zu wollen. Manchmal ist die Erfüllung das Ziel. Also eben die Handarbeit zu verkaufen, ohne riesigen Gewinn. Das ist vielleicht eine Variante des Hobbys. Aber wenn es gewollt ist und alle glücklich macht, ist das auch ok. Es gibt kein Patentrezept.
Wertschätzende Kritik mit einem realen Blick können viele geben. Ein gutes Beispiel ist das Netzwerk Mompreneurs, hier haben sich viele selbstständige Mütter aus unterschiedlichen Bereichen gefunden, die sich gegenseitig unterstützen und beraten. Rat bieten auch Berufsverbände oder die Industrie- und Handelskammern, das kommt auf die Branche an. Austausch und Ideenfindung kann aber eigentlich überall stattfinden – vielleicht einfach mal den anderen Müttern auf dem Spielplatz von der Idee erzählen, so fängt Netzwerken an. Der Blick von Außen und unbequeme Fragen sind immer wichtig. Jede Frau muss die Antworten dann letztlich für sich selbst finden. Eine Antwort auf die Frage warum sie Selbstständig sein will, kann beispielsweise sein: Weil ich dafür mit Leidenschaft brenne und mit Leidenschaft Mutterschaft und Job besser verbinden kann.