Die meisten Kinder lieben es mit Farben und Formen zu experimentieren. Denn das gibt ihnen im wahrsten Sinne der Worte die Möglichkeit die Welt zu begreifen. Ab wann kann ein Kind was wie gut? Wie können Eltern sie in ihrer Kreativität unterstützen?
Kinder brauchen die Hilfe von Eltern, um kreativ zu sein. Das fängt damit an, dass sie Materialien brauchen, mit denen sie malen können. Mit etwa einem Jahr können sie schon dicke Wachsstifte halten oder mit Fingerfarbe auf eine Leinwand oder ein Blatt Papier malen. Das, was dann entsteht, wenn der Stift auf das Papier trifft oder die eigenen Finger Farbe verteilen, ist Zufall.
Kinder reagieren sehr verschieden darauf. Einige finden das recht spannend, möchten aber bald darauf ein neues Abenteuer erleben. Malen ok, nun aber auf zur Baustelle und Bagger gucken. Andere sind völlig fasziniert und fordern immer wieder „maaaln“!
Erwachsene sehen in den ersten Kritzeleien oft keine besonderen Werke. Wirre Striche, ein paar Farben. Lieber ein Ausmalbild? Davon raten Kunstpädagogen ab. „Das erste Gekritzel und Geschmiere solle nicht so einfach abgetan werden. Denn es ist ein toller Lernschritt des Kindes“, erklärt die Kunstpädagogin Jakobine Wierz. „Das Malen lernen, also das Festhalten von Wahrgenommenem auf Papier, ist ein langwieriger und schwieriger Prozess und durchläuft bei allen Kindern verschiedene Phasen.“
Kinder müssen erst noch lernen, wie sie Stifte beherrschen können, oft sind die Bilder in ihrem Kopf, auch wenn sie diese noch nicht auf das Papier bannen können. Eltern sollten da nicht eingreifen und vorzeichnen oder kritisieren. Ausmalbilder oder Erwachsene, die vorzeichnen, wirken auf Kinder oft frustrierend. Denn so erleben die Kleinsten, dass ihre Zeichenkünste nicht gut genug sind. Wer sein Kind zum kreativen Schaffen anregen möchte, sollte dem Kind Zeit und verschiedene Malmaterialen schenken.
Sicher ist es praktisch, wenn das Kind sich allein mit den Stiften beschäftigt und Mama solange in Ruhe das Essen vorbereiten kann. Die Kleinen freuen sich aber auch, wenn die Eltern mit am Maltisch sitzen und gucken. Und zuhören. Als Erwachsener siehst du vielleicht nur grüne Striche und einen roten Punkt. Für einen phantasiebegabten Zweijährigen ist das ein lieber Drache, der gerade schläft. Oder etwas ganz anderes, wie es dieser wunderbare Dialog zeigt: „Mama, ist die Katze nicht schön geworden?“ „Hm, aber wo sind denn die Ohren und der Schwanz?“ „Die sind noch im Stift, Mama!“
Wer jedes Werk des eigenen Kindes aufhebt, muss rasch anbauen. Aber Eltern sollten die Zeichnungen trotzdem nicht sofort weg werfen. Kinder merken, ob sich Mama oder Papa über ein Bild freuen. Besonders schöne Kunstwerke oder Bilder an denen lange gearbeitet wurde, sollten aufgehängt werden. Vielleicht bietet sich eine kleine Galerie im Flur an? Wechselrahmen sind da ideal, da immer wieder das Bild des Monats einen Platz findet.
Die besonderen Werke können auch in einer Mappe gesammelt werden – alle paar Monate kann diese dann durchgesehen werden und von den fünfzig Ritterbildern wandert dann die Mehrheit ins Altpapier, am besten dann, wenn das Kind nicht guckt. Eine gute Idee ist auch, die Bilder abzufotografieren. Nimmt nur ein wenig Speicherplatz auf dem Rechner ein und archiviert die Werke.
Jedes Kind entwickelt sich anderes – das gilt auch für zeichnerische Entwicklungsphasen, die von Kind zu Kind sehr unterschiedlich sind, daher sind alle Altersangaben hier sehr weit auszulegen.
...entdecken Kinder, dass sie mit einem Stift etwas machen können. Bis zum Alter von etwa 18 Monaten sind Striche oder Punkte reiner Zufall. Erst dann können sie das Ellenbogengelenk so beherrschen, dass sie ‚Schwingkritzeln’ können.
Mit etwa anderthalb Jahren bekommt das Gekritzels einen ersten Inhalt. Die Erklärungen, was das Bild darstellen soll, sind noch sehr willkürlich. Meist möchten die Kinder aber schon etwas Bestimmtes darstellen. Langsam beherrschen sie auch Bewegungen aus dem Handgelenk und kreieren knäuelartige Gebilde auf dem Blatt.
...können immer gezielter zeichnen. Sie malen Spiralen, Kreise und auch erste Linien. Oft malen sie nun die ersten Kopffüßler, ein Gesicht in einem Kreis, ohne Bauch aber mit Beinen. Die Bilder werden immer gegenständlicher und die Erklärungen über das Gezeichnete sind oft erstaunlich.
...werden die Darstellungen komplexer und individueller. Kinder malen Dinos, Häuser, Sonnen und statten die Menschen mit Nasen, Mündern und Haaren aus. Ab etwa fünf Jahren gestalten sie dann das ganze Bild, die Dinge, die sie malen gehören zu zusammen.
Das Mädchen wohnt im Haus und die Sonne scheint. Kinder malen Erlebtes, ihre Familie, Prinzessinnen und Piraten und denken sich Geschichten aus. Sie sind einerseits besonders kreativ, fangen aber auch an, sensibel auf Kritik zu reagieren.
Spätestens mit sieben Jahren sprechen Experten von „Werkreife“. Kinder können die Darstellung jetzt ganz gezielt steuern. Noch immer malen sie aber „Röntgenbilder“, malen einen Menschen erst nackt und ziehen ihn dann an.
Als abgeschlossen gilt die Entwicklung im Alter von acht bis zwölf Jahren. Nun können Kinder realistische Perspektiven wiedergeben und Werke anderer genau abzeichnen. Andererseits wachsen auch die Ansprüche und Kinder trauen sich weniger zu, vergleichen sich mehr. Viele Kinder verlieren in diesem Alter auch die Freude am kreativen Gestalten, oft leider immer noch durch starren Schulunterricht.
Malst und bastelst du gern? Eltern haben die Chance mit ihren Kindern gemeinsam auf Entdeckungstour zu gehen und finden vielleicht dabei selbst wieder Freude am Gestalten. Hier ein paar Ideen, wie Kindern und Eltern Kreativität Spaß macht:
Kaufe verschiedene Stifte: Wie funktionieren sie auf verschiedenem Material? Besonders zu empfehlen sind dicke Stifte, die prima in Kinderhände passen und teilweise auch als Wachsstifte verwendet oder mit Wasser genutzt werden können.
Experimentieren mit Musik: Wie malen wir, wenn wir Mozart hören, wie bei Rockmusik?
Schreib auf, was das Kind über die Zeichnung sagt: Notiere die Geschichte zum Bild kurz mit Datum auf der Rückseite. So entstehen eine wunderbare Dokumentation der Entwicklung und eine schöne Erinnerung.
Bastelparadies: Geh gemeinsam mit deinem Kind in einen Laden für Bastel- und Zeichenbedarf. Womit möchte das Kind gern arbeiten? Und du?
Geschenke: Kinderzeichnungen bieten sich auch bestens als Geschenke für die Verwandtschaft an. Gibt es etwas Schöneres als einen selbst gestalteten Kalender oder eine Bild auf einer Leinwand?