„Mein Sohn provoziert mich manchmal so unglaublich fies! Er grinst dann richtig frech und weiß genau, womit er mich am besten provozieren kann!“
Hast du solche oder ähnliche Sätze auch schon gehört oder selbst diese Erfahrungen mit deinem Kind gemacht? Wenn ja, wäre das nicht verwunderlich, denn tatsächlich gibt es bei allen Eltern ‚wunde Punkte‘, die die Kinder scheinbar immer wieder zielgenau treffen und mit denen sie uns so richtig triggern, und starke Gefühle wie z.B. Wut in uns auslösen.
Ist das denn wirklich so, dass Kinder ihre Eltern provozieren wollen? Früher war das eine gängige Vorstellung: Das machthungrige Kind, der kleine Tyrann, der nur auf Gelegenheiten wartet, die Herrschaft an sich zu reißen. Das ist eine Idee der sogenannten Schwarzen Pädagogik, die davon ausging, dass Kinder streng erzogen, stark reglementiert und abgehärtet werden müssen. „Nur nicht verwöhnen!“, ist eine wichtige Botschaft dieser Sicht auf das Kind.
Die Entwicklungspsychologie zeigt jedoch, dass an der Perspektive der schwarzen Pädagogik nur wenig Wahres dran ist. Was stimmt, kann man im Grunde auf zwei Aspekte herunterbrechen:
Kinder haben also nicht die Absicht, ihre Eltern wütend oder traurig zu machen. Was passiert dann stattdessen in solchen Situationen, wie sie oben beschrieben wird?
Um das zu verstehen, ist es wichtig, herauszufinden, was genau unsere eigenen wunden Punkte sind. Womit genau unser Kind uns „provozieren“ kann, hängt ganz stark mit unseren eigenen frühen, prägenden Erfahrungen zusammen. Was wir als Kind und Jugendliche erlebt haben, prägt uns unser ganzes Leben lang – auch und gerade in der Eltern-Rolle. Denn durch das Elternwerden werden wir (oft, ohne es zu merken) an eigene Erfahrungen mit Eltern, Familie und Erziehung erinnert. Schon in der Schwangerschaft und spätestens ab Geburt des Kindes werden immer wieder solche frühen biografischen Erfahrungen reaktiviert. Und in Situationen, wo wir besonders emotional reagieren, ereignet sich häufig genau das: Eigene Kindheits-Erfahrungen kommen ganz intensiv wieder hoch.
Allerdings wird die Erinnerung häufig unbewusst und nicht immer so konkret getriggert, dass wir sie wirklich wahrnehmen. Oft spüren wir nur, dass uns das Verhalten des Kindes gerade irgendwie sehr „trifft“ und denken, es sei das Kind, das schuld daran ist. Das stimmt jedoch nicht und diese Erklärung schadet auf Dauer der Beziehung zwischen Eltern und Kind.
Wichtig ist deshalb, dass wir als Mutter/als Vater in die Eigenverantwortung kommen und uns mit diesen wunden Punkten, die immer wieder getriggert werden, auseinandersetzen. Dazu hilft es, zu überlegen:
Dabei findet man oft sogenannte negative Grundüberzeugungen wie:
Diese Grundüberzeugungen lösen dann starke Gefühle wie Wut oder genervt sein bei dir aus. Je nachdem, wie belastend und hartnäckig diese Prägungen sind, lohnt es sich, sich professionelle Unterstützung in Form einer Beratung oder Therapie zu holen. Manche Schritte kann man aber auch schon selbst gehen. Weitere Impulse dazu findest du in unserem Artikel Das innere Kind – Einfluss auf deine Elternschaft. Den Einfluss der eigenen Kindheit verstehen lernen.
Grundlegend ist, den Zusammenhang erst einmal zu erkennen und in den Situationen, in denen das Kind uns an den Rand unserer Geduld bringt, genau das zu bedenken: Mein Kind will mir nicht weh tun. Mein Kind aktiviert ungewollt frühere Erfahrungen in mir und deshalb reagiere ich darauf so stark. Diese Einsicht in solchen Situationen parat zu haben, ist wesentlich.
Schau, welches Bedürfnis dein Kind gerade ausdrücken will (z.B.: mehr Aufmerksamkeit? Mehr Struktur? Mehr Ruhe? Mehr Aktivität? Körperliche Nähe?) und fange an, dich auf Spurensuche zu deinen eigenen Prägungen zu machen.Durch diesen Weg kann sich eure Beziehung sehr entspannen und es gelingt dir, mit mehr Gelassenheit und Leichtigkeit dein Leben als Mutter oder als Vater zu leben.
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