Liebe geht – Freundschaft bleibt. Vier Worte im Poesiealbum aus der Kindheit. Doch gerade Eltern kümmern sich oft zu wenig um Freundschaften.
„Ich war nie allein“, berichtet Maria. Ihr Mann Alex war ihr bester Freund, ihm erzählte sie am Abend, was sie am Tag mit den Kindern erlebt hatte. Oft traf sie sich auch mit ihrer Schwester. „In meiner Familie war es normal, dass man sich nur wenigen Menschen wirklich anvertraut. Ich kann mich nicht erinnern, dass meine Eltern wirklich Freunde hatten. Sie trafen sich aber oft mit ihren Geschwistern und deren Familien.“ Manchmal traf Maria auch ihre Freundin Andrea aus Schulzeiten. „Wir wurden gleichzeitig schwanger.“ Doch je älter die Kinder wurden, desto schwieriger wurden gemeinsame Verabredungen. „Ihr Tom war einfach ein furchtbares Kind. Er biss, er schlug und er durfte alles. Ich fand, sie müsse ihm Grenzen setzten, Andrea fand, dass ich als Mutter zu streng sei.“ Genervt schlug Maria schließlich Treffen ohne die Kinder vor, doch das wollte Andrea nicht. Zunächst vermisste Maria das nicht. Sie arbeitete wieder, jede Minute schien verplant.
Früher waren viele Menschen tief verwurzelt, lebten über Generationen an einem Ort, öffneten sich nur ganz wenige Menschen. Heute verlangt die zunehmende Flexibilität viel mehr Umzüge, Arbeitsplätze werden häufiger gewechselt und so wechselt auch der Freundeskreis, Familie ist oft weit weg. Freundschaft lässt sich nicht erzwingen. Es gibt Menschen, die pflegen lieber wenige intensive Kontakte und andere, denen ein großer Bekanntenkreis wichtig ist. „Heute weiß ich, dass es ein großer Fehler war, sich nicht ein paar Freundschaften aufzubauen,“ sagt Maria nachdenklich. Denn die große Einsamkeit kam plötzlich. „Meine Schwester zog mit ihrem Mann in eine andere Stadt. Die Kinder waren größer und verabredeten sich allein. Ich traf weder andere Mütter, noch überhaupt andere Menschen außer meinen Kollegen und meinem Mann. Und ich merkte: da fehlt etwas.“ „Die Institution Freundschaft gewinnt mehr und mehr an Stellenwert“, erklärt die Psychologin Felicitas Heyne. Nach dem Partner seien Freunde für die meisten die wichtigsten Bezugspersonen. Doch gerade in der Familiengründungsphase verlieren viele Freundschaften ihre Basis – oder sie werden nicht gepflegt. Die Expertin erklärt, dass es nicht ausreicht, sich gegenseitig zu mögen in einer Freundschaft. „Man muss einander genau zuhören, aufeinander eingehen, sich füreinander interessieren, sich aufeinander einlassen und Zeit miteinander verbringen.“ Vielleicht kann Maria über die Eltern der Freunde ihre Kinder neue Kontakte knüpfen. Sich in der Nachbarschaft engagieren oder einen Spielkreis gründen. Oft bieten auch Familienbildungsstätten – viele davon sind lokale Partner von ElternLeben – interessante Angebote. Wichtig ist es vor allem Interesse an den anderen zu haben. Flüchtige Bekanntschaften können langfristig zu guten Freundschaften werden.
Kontakt halten ist im digitalen Zeitalter leichter geworden. Dank Smartphone und Facebook können uns Menschen ganz nah sein, die eigentlich weit weg leben.
Gerade für Eltern mit wenig Zeit bieten sich so auch neue Chancen. Ein kurzer Geburtsgruß geht rasch über WhatsApp, ein kleines „Hallo“ nebenbei via Facebook-Nachricht. Aber wie wäre es mal mit einem richtigen Brief? Wer mag, kann am PC einen Brief schreiben. Der Vorteil: der Text kann auch in leichten Variationen an einige Freunde geschickt werden. Ausdrucken, unterschreiben und vielleicht noch mit ein paar neuen Fotos verschicken. Ganz bestimmt werden sich die Freunde freuen, denn Briefe kommen nur noch selten mit der Post.
Gebt eine Freundschaft nicht so schnell auf. Eine gute Freundschaft verkraftet auch längere Pausen. Echte Freunde verstehen sehr wohl, dass es stressige und hektische Zeiten gibt und dass Freundschaften im Alltag schwer zu pflegen sind mit vielen Abenden, an denen man nur noch müde ist und nicht zum Schreiben oder Anrufen kommt. Denkt gegenseitig an die Geburtstage, auch an die der Kinder – das verbindet euch und ist vom Aufwand „überschaubar“.
Eines Tages sind die Kinder älter, verabreden sich immer häufiger ganz allein und lassen euch wieder mehr Zeit für eigenen Eltern-Aktivitäten sein. Wie gut, wenn es dann die Freunde noch gibt, und ihr eine neue Phase eurer Freundschaft gestalten könnt.