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Phasen der sexuellen Entwicklung V

Wie genau entwickelt sich eigentlich die Sexualität von Kindern und Jugendlichen? Gibt es bei Babys und Kindern auch schon so etwas wie Sexualität? In welchem Alter sind welche Themen wichtig? Diese Tabelle bietet dir einen umfangreichen Überblick darüber, was in welchem Alter passiert und wie du dein Kind sensibel begleiten und unterstützen kannst.
Die Altersangaben sind dabei keine exakten Werte, sondern eher ungefähre Orientierungswerte und individuelle Abweichungen sind möglich.

Lesezeit: Etwa 5 Minuten
Rudernder Jugendlicher Oberkörper-frei

10-12 Jahre: Entwicklung in der Vorpubertät

Diese Phase beginnt bei Mädchen mit dem erstem Wachstum der Brust und endet mit der Menstruation. Sie endet bei Jungen mit dem erstem Samenerguss – der Beginn ist bei Jungen weniger klar zu definieren, lässt sich aber oft – wie auch bei Mädchen – am Verhalten erkennen: Kinder werden in dieser Phase rebellischer, aufsässiger und häufig auch launisch durch die beginnende Hormonumstellung und Gehirnveränderungen.
Besonders bei Jungen zeigt sich häufig ein starker Bewegungsdrang und beide Geschlechter empfinden ein größeres Bedürfnis nach Rückzug, Ruhe sowie Abgrenzung von den Eltern.
Dieses Alter ist bestimmt von großen Schwankungen: An einigen Tagen wirken die Kinder schon wie vollpubertäre Teenager, an anderen Tagen sind sie plötzlich wieder kindlicher, haben einen größeren Wunsch nach Nähe und auch Spaß an kindlicheren Aktivitäten. Dieses Zwischenstadium ist für Kinder und Eltern meist sehr verwirrend und anstrengend.
Manchmal entstehen in diesem Alter schon erste „Beziehungen“.

Aufgaben der Eltern

Eltern sollten sensibel und verständnisvoll auf die Veränderungen ihrer Kinder reagieren.
Mädchen hilft es, wenn Mütter ihnen möglichst locker ein paar Tipps für den Umgang mit den körperlichen Veränderungen geben – zum Beispiel wattierte BHs, die verhindern, dass die Brustwarzen sich unter der Kleidung abzeichnen, oder Informationen über die Rasur der Achselhaare und zur Menstruation. Auch Jungen brauchen Informationen, zum Beispiel, was ein Samenerguss bedeutet, warum sie auf einmal mit Erektionen aufwachen und, wie sich mit einer guten Hautpflege Pickel zumindest vermindern lassen. Gut ist es, wenn zumindest ein solches Gespräch mit dem Vater oder einer männlichen Bezugsperson stattfindet und dieser sich auch als Ansprechperson für weitere Fragen zur Verfügung stellt. Verhütung ist ebenfalls ein wichtiges Thema. Eltern müssen nicht jedes Detail erwähnen – oft sind ein offenes Gespräch und ein geeignetes Buch eine gute Kombination (siehe Materialien zur Sexualaufklärung). Vielleicht magst du auch ein „Fragebuch“ anlegen – eine Art Notizbuch, das du an einem bestimmten Ort hinterlegst und in das dein Kind Fragen schreiben kann, die es ungern persönlich besprechen möchte. Du beantwortest die Fragen dann ebenfalls schriftlich im Buch. Gut ist es, wenn Eltern gelassen mit den Launen ihrer Kinder umgehen, sie nicht persönlich nehmen und signalisieren: „Ich weiß, dass du verwirrt bist, weil sich einiges verändert. Das ist anstrengend; das verstehe ich.“

13-16 Jahre: Entwicklung in der Pubertät

Dieses Alter ist in der Regel die „Hochphase“ der Pubertät mit den größten körperlichen Veränderungen sowie emotionalen Achterbahnfahrten. Jugendliche grenzen sich oft stark von ihren Eltern ab – das ist keine persönliche Ablehnung, sondern ein notwendiger Schritt, damit sie ihre eigene Identität entwickeln können.
Verliebtheit, erste Zärtlichkeiten, aber auch Unwohlsein in Bezug auf den eigenen Körper spielen im Erleben der Jugendlichen eine große Rolle. Unter diesem körperlichen und gefühlsmäßigen Chaos leiden oft auch die Schulnoten.
Auch im Gehirn werden viele neue Vernetzungen gebildet, während andere Regionen in dieser Zeit schlechter funktionieren. Das erklärt, warum Jugendliche oft schlecht organisieren und planen können und häufig „unvernünftig“ handeln.

Aufgaben der Eltern

Eltern brauchen in dieser Zeit vor allem eines: Geduld. Besonders jetzt gilt es, die Ausraster der Jugendlichen nicht als persönliche Anfeindung zu sehen und auch die Abgrenzung als normalen Entwicklungsprozess zuzulassen – mit der Botschaft: „Wenn du mich brauchst, bin ich immer für dich da!“
Auch in dieser Phase ist ein Fragebuch eine gute Hilfe, oft gilt es aber nun, auch Entscheidungen für die Praxis zu treffen, z.B.: Darf die fünfzehnjährige Tochter bei ihrem Freund übernachten? Wir empfehlen, sorgfältig über das Risiko von Schwangerschaften zu sprechen, das sich auch mit Verhütungsmitteln nicht völlig ausschließen lässt. Außerdem sollten Mädchen gut über Nebenwirkungen der Pille und anderer hormoneller Mittel aufgeklärt werden, sodass sie diese nicht unnötig früh und leichtfertig nehmen.
Doch nicht nur die „technische“ Seite vom ersten Mal sollte thematisiert werden, sondern auch die emotionale, zum Beispiel: „Mit jemandem zu schlafen, ist ein großer Schritt und schafft eine enge Verbindung. Trennungen sind danach meist noch schmerzhafter; außerdem können erste sexuelle Erfahrungen auch mal peinlich oder unangenehm sein. Deshalb sollte man sich Zeit lassen und gut überlegen, wann und mit wem man das erste Mal erleben will.“ Zu strikte Verbote führen dabei oft zu Rebellion – dennoch sollten Eltern klar ihre Meinung äußern und, wenn nötig, auch gewisse Regeln aufstellen. Hier gilt es, eine gute Balance zu finden und vor allem nicht von oben herab zu handeln, sondern zu begründen, warum man wie handelt.

17-18 Jahre (manchmal auch länger): Entwicklung in der Nachpubertät

In dieser Phase ist die schwierigste Zeit schon überstanden. Die jungen Erwachsenen haben sich in ihrem „neuen“ Körper zurecht gefunden, entwickeln zunehmend Selbstbewusstsein und mehr Ausgeglichenheit.
Dennoch gilt, dass die Gehirnentwicklung erst mit ca. 21 Jahren abgeschlossen ist, sodass auch in diesem Alter gelegentliche „Ausfälle“ oder scheinbar unvernünftiges Verhalten keine Seltenheit sind. Die Loslösung von den Eltern spielt weiter eine große Rolle, da die Identität sich nun zunehmend festigt. Dadurch kann es auch zu Konflikten kommen, weil die jungen Menschen eigene Meinungen entwickeln, die nicht immer mit denen der Eltern übereinstimmen. Beziehungen werden in diesem Alter oft schon mit großer Ernsthaftigkeit und dauerhafter Perspektive gepflegt, weshalb auch der Liebeskummer bei Trennungen oft besonders gravierend ist.

Aufgaben der Eltern

Eltern sollten die jungen Menschen bei der Identitätsfindung unterstützen, indem sie als Diskussionspartner zur Verfügung stehen, ohne ihre Meinung als Maß aller Dinge durchsetzen zu wollen. Wenn in dieser Phase erste ernsthafte Beziehungen entstehen, gelten die oben beschriebenen Empfehlungen zum Thema  „Das erste Mal“.