Ein Kind im Alter von 5 bis 6 Jahren hat bereits viele wichtige Meilensteine der Sprachentwicklung durchlaufen. Die Kommunikation mit Kindern ab dem fünften Lebensjahr ähnelt schon sehr dem Austausch mit einem Erwachsenen. Im Folgenden wird erläutert, welche Aspekte der Sprachentwicklung ein Kind mit fünf Jahren und darüber hinaus festigt.
Die Sprachentwicklung bei Kindern mit fünf bis sechs Jahren ist geprägt von einer fließenden und variablen Sprache. Das Kind erzählt frei und nutzt und versteht komplexe Sätze. Da die Grammatikentwicklung weitestgehend abgeschlossen ist, wendet das Kind bis auf einige Ausnahmen den korrekten Satzbau an. Es kann abstrakte Sätze und Wörter verwenden, wenn es zum Beispiel ein Erlebnis aus der Kita wiedergibt: „Heute habe ich mit Emil den Spielplatz inspiziert, bevor wir mit Oskar Fliegen gefangen haben. Wir wollen Wissenschaftler werden.“ Hauptsätze und Nebensätze sind geläufig.
Alle Laute, die das Kind mit 5 bis 6 Jahren spricht, kann es nahezu fehlerfrei anwenden. Ein sicheres Lautsystem ist eine wichtige Voraussetzung für den Lese- und Rechtschreiberwerb in der Grundschule. Kleinere Unsicherheiten, zum Beispiel beim /s/ und /sch/ sind noch in Ordnung. Ebenso kommen noch leichte Schwierigkeiten bei der Anwendung der Gegenwart- und Zukunftsform vor: „Ich bin in die Kita gegangt“ statt „Ich bin in die Kita gegangen“. Die Kommunikation mit einem Kind zwischen 5 bis 6 Jahren gleicht dem Austausch, den man mit einer erwachsenen Person hat.
Mit fünf Jahren muss ein Kind frei in Haupt- und Nebensätzen sprechen können. Es sollte Tageserlebnisse wiedergeben können und seine Wünsche und Bedürfnisse in Worte fassen, so dass der Gesprächspartner den Sinn versteht. Laute werden bis auf kleine Schwierigkeiten sicher genutzt. Zudem sollte ein Kind mit fünf Jahren bis 10 Zählen können, Farben nutzen und am Telefon mit einer anderen Person einfache Erzählungen tätigen.
Spricht ein Kind mit 5 Jahren nicht, könnte eine Hörstörung oder Entwicklungsverzögerungen als Ursache vorliegen. Ein Kind, dass mit fünf Jahren nicht spricht, also keinen aktiven Wortschatz anwendet und eventuell nur über Gesten, Laute und Mimik kommuniziert, muss dringend dem Kinderarzt oder der Kinderärztin vorgestellt werden. Ebenso ist eine logopädische Abklärung vom Experten notwendig.
Die Sprachentwicklung bei Kindern ist rund um den sechsten Geburtstag abgeschlossen. Das Kind verfügt zu diesem Zeitpunkt über einen großen Wortschatz, den es beim freien Erzählen und Berichten anwendet. Im Laufe des Lebens kann sich der passive Wortschatz und der aktive Wortschatz je nach Interessengebieten und Werdegang einer Person weiterentwickeln. Arbeitet sich eine Person aus unterschiedlichen Gründen in ein neues Thema ein, wie beispielsweise Astrophysik, Kindererziehung oder Landwirtschaft, bringen diese Themen immer einen breiten Schatz an neuen Worten mit sich, die zuvor noch unbekannt waren.
Wenn die Sprachentwicklung um den sechsten Geburtstag herum abgeschlossen ist, wendet das Kind neben dem umfangreichen Wortschatz zudem beinahe alle Laute sicher an und beherrscht das Grammatiksystem problemlos.
„Passiver Wortschatz“ bedeutet, dass die Kinder in ihren Erzählungen und in ihrer aktiven Sprache bestimmte Wörter nicht nutzen, aber trotzdem verstehen können. Ein Beispiel: Wenn die Eltern der fünfjährigen Emmy sich darüber unterhalten, dass sie sich eine neue Mietwohnung im Nachbarstadtteil suchen möchten, dann versteht Emmy den Inhalt des Gespräches sehr gut. Die Wörter „Mietwohnung“ und „Nachbarstadtteil“ kommen in Emmys Wortschatz jedoch nicht vor, gehören also zu ihrem passiven Wortschatz. Sie benutzt diese Wörter nicht, wenn sie erzählt.
Der passive Wortschatz steht dem aktiven Wortschatz gegenüber und kann in seiner Anzahl oft größer sein. Kinder im Alter von 5 bis 6 Jahren besitzen einen passiven Wortschatz von mehreren Tausend Wörtern. Der aktive Wortschatz ist geringer.
Dass die Sprachentwicklung bei Kindern abgeschlossen ist, merkt man daran, dass die Kommunikation mit dem Kind leicht fällt. Das Kind versteht Sprache und führt Aussagen korrekt aus („Bleib so lange im Auto sitzen, bis ich deine kleine Schwester in den Kinderwagen gesetzt habe“). Ebenso berichtet das Kind glaubwürdig und vertrauensvoll in eigenen Worten („Anette hat gesagt, wir sollen morgen Kastanien mit in die Kita bringen, weil wir damit basteln wollen“). Das Sprechen des Kindes verläuft flüssig, ohne große Laut- oder Grammatikschwierigkeiten.
Der Zeitpunkt, an dem man merkt, dass die Sprachentwicklung abgeschlossen ist, kann variieren. Viele Eltern merken im Laufe des sechsten Lebensjahres, dass Sprechen und Verstehen ihres Kindes einfach und unkompliziert geworden sind.