In der kindlichen Sprachentwicklung gibt es unterschiedliche Phasen, die die Kinder Schritt für Schritt durchlaufen. Die kindliche Sprech- und Sprachentwicklung beginnt schon sehr früh, ab dem ersten Schreien des Säuglings, und ist im Laufe des 5. Lebensjahres beendet.
Ein Kind lernt in den ersten 5. Lebensjahren sprechen. In dieser Zeitspanne beginnt es zuerst, Laute und Silben zu produzieren, die um den ersten Geburtstag herum zu ersten Worten werden. Kurze Sätze folgen. Diese werden immer länger, bis das Kind einfache Sachverhalte mit Sprache wiedergeben kann. Dabei festigt sich die Grammatik.
Die Meilensteine der Sprachentwicklung beschreiben anhand des Alters die wesentlichen Schritte, die das Kind macht, um seine Muttersprache zu erwerben. Hierzu zählt die Sprachentwicklung im Bereich der Lautentwicklung, des Wortschatzes, des Sprachverständnisses und der Grammatikentwicklung. Diese Bereiche entwickeln sich nicht parallel. Die Lautentwicklung beginnt im Säuglingsalter. Grammatikalische Fähigkeiten beginnen sich erst später zu entwickeln.
Die Phasen der Sprachentwicklung beschreiben, welche sprachlichen Vorgänge ein Kind in welchem Alter beherrscht und welchen Meilenstein es dann erreicht hat. Diese Phasen werden im Folgenden als Tabelle gezeigt. Jedes Kind entwickelt sich in seinem eigenen Tempo. Daher geben die Phasen der Sprachentwicklung eine gute Orientierung. Altersangaben können aber leicht variieren.
Alter | Phase | Vorgänge |
ab 2. Monat | Erste Lallphase | lautähnliche Geräusche („rrr“, „grgrgr“) monotones Jauchzen, Gurren und Quietschen |
ab 6. Monat | Zweite Lallphase | selbsterfundene Silbenketten („bada-bada-bada“, „moma-moma,moma“), erste Lautnachahmungen |
12 - 18 Monate | Einwortphase | Erste Worte („da“, „Mama“), oft vereinfacht („Nane“ statt „Banane“), Wörter als Frage/Aussage formulieren („Meins!“), Kommunikation mit Geräuschen („Brumm-Brumm“), Wortverständnis beginnt |
1,5 - 2 Jahre | Zweiwortphase | aktiver Wortschatz von ca. 50 Worten, Zweiwortsätze formulieren („Mama da“, „Teddy haben“) |
2 - 2,5 Jahre | Wortschatzexplosion / 1. Fragealter | Wortschatz kann auf bis zu 250 Wörter und Wortkombinationen wachsen, Lernen von ca. 8 neuen Worten pro Tag, Fragen stellen („Ist das?“), Verben und Hauptwörter, „Ich-Form“ |
2,5 - 3 Jahre | 2. Fragealter / Mehrwortphase | Aktiver Wortschatz steigt weiter, Fragen mit „Warum?“ und „Wie?“, flüssigeres und deutlicheres Erzählen, Nebensätze mit „und“ und „oder“ |
3 - 4 Jahre | Satzentwicklung / Grammatik | Sachverhalte in einfachen Sätzen ausdrücken, Zukunftsform und Vergangenheitsform (gestern, morgen), Personalpronomen (er, sie, wir) |
4 - 5 Jahre | Lange Sätze mit Haupt- und Nebensätzen, schwierige Verbindungswörter (obwohl, bevor), eine flüssige Unterhaltung ist möglich |
Ein Kind durchläuft mehrere Phasen in der Sprachentwicklung. Im Säuglingsalter beginnt die Lallphase, die im 1. Lebensjahr und im 2. Lebensjahr in die Einwortphase, die Zweiwortphase und die Wortschatzexplosion mündet. Danach festigt sich im Fragealter und in der Satzentwicklung verstärkt die korrekte Grammatik, bis im 5. Lebensjahr die Sprachentwicklung abschließt.
Als kritische und sensible Phasen der Sprachentwicklung kann man den Zeitpunkt ab der Geburt bis zur Beendigung des 5. Lebensjahres ansehen. In diesem Zeitraum werden die wichtigsten Phasen der Sprachentwicklung durchlaufen. Ab dem 6. Lebensjahr erfolgt dann nur noch eine stetige Perfektion und Erweiterung der sprachlichen Möglichkeiten und des Wortschatzes. Dies kann bis zur Pubertät oder sogar bis zum Erwachsenenalter anhalten.
Es gibt Einflussfaktoren, die sich kritisch auf die Sprachentwicklung auswirken. Kleine Kinder sind oft erkältet oder haben Infekte wie eine Nasennebenhöhlenentzündung. Dadurch kann das Hörvermögen der Kinder (vorübergehend) eingeschränkt werden. Das Hörvermögen ist wichtig für die korrekte Verarbeitung des sprachlichen Inputs und für die Erweiterung des Wortschatzes. Eltern können eine Hörminderung daran erkennen, dass das Kind eventuell nicht mehr adäquat auf Ansprache oder auf laute Geräusche reagiert. Ist dies über einen längeren Zeitraum der Fall, kann die Sprachentwicklung gestört werden. Meilensteine werden dann nur noch verzögert erreicht und einige Phasen der Sprachentwicklung nur ungenügend ausgeprägt.
Eltern sollten daher regelmäßig die U-Untersuchungen beim Kinderarzt oder der Kinderärztin wahrnehmen. Diese Untersuchungen überprüfen neben anderen Bereichen, den Sprachstand der Kinder. Bei länger anhaltenden HNO-Infekten sollten Eltern eine Überprüfung des Hörvermögens erfragen.
Auch bei der zweisprachigen Erziehung werden die Phasen der Sprachentwicklung durchlaufen. Wächst ein Kind beispielsweise ab der Geburt mit Spanisch und Deutsch auf, wird es nach der Lallphase ebenfalls um den ersten Geburtstag herum die ersten Worte in beiden Sprachen sprechen. Auch wird in den darauf folgenden Jahren bis zum Ende des 5. Lebensjahres der Wortschatz ansteigen, das Sprachverständnis zunehmen und in der Satzentwicklung die Grammatik gefestigt.
Da das Kind in der zweisprachigen Erziehung zwei Sprachsysteme gleichzeitig erwirbt, kann es passieren, dass es nicht zu jedem Zeitpunkt beide Sprachen gleich gut beherrscht. Dies ist auch davon abhängig, in welcher Umgebung welche Sprache mit dem Kind gesprochen wird beziehungsweise, wie hoch der gesprochene Anteil der jeweiligen Sprache in der Umgebung des Kindes überhaupt ist.
Die Sprachentwicklung ist im Altern von 5 bis 6 Jahren abgeschlossen. Zu dem Zeitpunkt ist die Grammatik, die Artikulation, der Wortschatz und das Sprachverständnis so weit ausgereift, dass mit dem Kind eine gute und sichere Kommunikation möglich ist.