Die einen lieben ihn, andere halten ihn für ein „Kindergefängnis“ – den Laufstall. Wie bei vielen anderen Elternthemen gibt es in dieser Frage keine absolute Wahrheit, sondern subjektive Erfahrungen. Unsere Expertin hat euch zwei sehr unterschiedliche davon aufgeschrieben und gibt am Ende einige wichtige Hinweise.
Jan und Ursula, Lucie, 1 Jahr
Unsere kleine Lucie war ein Baby, das sich schon immer gerne bewegt hat. Ganz bald begann sie in Rückenlage heftig zu strampeln. Bereits mit vier Monaten konnte sie sich auf den Bauch drehen.
Wir haben ihr dann recht bald eine Spielecke in unserer Wohnküche eingerichtet. Diese haben wir mit bunten Puzzlematten weich ausgelegt und ihr einige Spielsachen hingelegt. Lucie war so immer in unserer Nähe – in die eine Richtung konnte sie uns in der Küche beobachten, in die andere Richtung war unser Wohnbereich. Zwischendurch wollte sie natürlich mal auf den Arm. Aber eigentlich war sie so sicher und glücklich in ihrem Eckchen, dass wir sie dort auch bis zu 30 Minuten liegen lassen konnten und sie beschäftigte sich mit sich und ihren Spielsachen.
Die körperliche Entwicklung schritt dann schnell voran und schon mit ca. 7 Monaten begann Lucie mit dem Robben und kurz danach konnte sie krabbeln. Für uns begann nun eine anstrengende Zeit. Wir mussten ständig schauen, wo die Kleine gerade ist und was sie wieder anstellte. Am liebsten schaufelte sie Erde aus unseren Topfpflanzen und räumte die untersten Fächer unseres Bücherregals aus. Das nervte uns bald ziemlich.
Ursulas Mutter brachte uns dann eines Tages einen Laufstall. Sie sagt, das wäre genau richtig, jetzt, wo Lucie mobil sei. Während Ursula gleich skeptisch war, fand ich die Idee erst mal gar nicht so schlecht. So konnten wir die Wohnung vor Lucie und Lucie vor allerhand Gefahren schützen. Hörte sich gut an.
Also stellten wir den Laufstall an die Stelle, wo früher ihre Spielecke war. Als wir sie reinsetzten, schaute sie uns groß an, widersprach aber erstmal gar nicht. Dann versuchte sie zu krabbeln und war sehr schnell frustriert, weil nach einem Meter Schluss mit erkunden war. Sie stellte sich dann an die Gitterstäbe und schaute uns traurig an. Recht schnell wurde sie auch quengelig.
Es tat uns in der Seele weh unser Kind einzusperren. Die große Freude die sie an ihrer neuen Errungenschaft, dem Krabbeln, hatte konnte sie nun nicht mehr ausleben. Wir haben dann kurzerhand beschlossen alles, was vor Lucie gesichert werden sollte in unseren Laufstall zu packen und Lucie wieder raus zu holen. Er ist jetzt gefüllt mit drei Topfpflanzen, Bildbänden aus dem Bücherregal, die uns wertvoll sind und unserer Stereoanlage. Nachdem wir alle Steckdosen gesichert haben, kann unsere Lucie jetzt wieder nach Lust und Laune durch unsere Wohnküche krabbeln und bald auch laufen. Wunderbar!
Ich bin sehr froh darüber – die Schwiegermutter ist auch zufrieden, weil wir ihr Geschenk – zwar anders als geplant – nutzen können.
Maria und Lasse, Zwillinge 3 Jahre und 1 Jahr
Zur Geburt unseres dritten Kindes haben wir von einer Freundin einen Laufstall geschenkt bekommen. Bisher hatten wir keinen. Wir hatten uns eigentlich bewusst dagegen entschieden, weil wir unseren Kindern Bewegungsfreiheit geben wollten. Dieser stand nun in der Küche und wir hatten allerhand Dinge darin gelagert. „Dauert ja noch, bis Lino laufen kann!“ sagte mein Mann und wir bewahrten ihn auf. Vielleicht sollte er uns zu einem späteren Zeitpunkt noch gute Dienste erweisen.
Wie bei unseren Zwillingen hatten wir im Wohnzimmer einen Spielbereich für Lino aufgebaut. Hier lag eine kuschelige Krabbeldecke auf dem Boden auf die wir Lino bald unter seinen Spielebogen legten. Er hatte große Freude daran die bunten Tierchen daran anzusehen und mit dem Fäustchen dagegen zu schlagen. Allerdings fanden die Zwillinge Hanna und Luise, die beiden „großen“ Schwestern von Lino, die Spieldecke auch sehr lustig. Sie liebten ihren kleinen Bruder von Anfang an und knuddelten und küssten ihn, wann immer sich die Gelegenheit ergab. Lino fand das meistens auch richtig klasse.
Wenn Lino nun selig auf seiner Decke lag, konnte man darauf warten, dass schon kurz darauf mindestens eine der Zweijährigen an seiner Seite lag. Sie hielten ihm Spielzeug hin, nahmen es ihm wieder weg, steckten ihm den Schnuller in den Mund und knutschten ihn. Manchmal war das Lino einfach zu viel. Er fing dann an zu weinen und wollte auf meinen Arm. Dorthin wollte er bald immer häufiger. Ich hatte kaum noch eine Hand frei. Gar nicht so einfach, denn die beiden Mädchen brauchten auch noch viel Zuwendung und Unterstützung.
Mangels Alternativen legte ich Lino nun ab und zu im Laufstall ab. Anfangs nur kurz. Ich bemerkte aber immer mehr, dass er den Ort sichtlich genoss. Er stand in der Küche, wo ich mich viel aufhielt. Manchmal murrte er, wenn ihm ein Spielzeug abhandengekommen war. Aber insgesamt hatte ich das Gefühl, dass Lino an diesem Ort richtig zur Ruhe kommen konnte. Ich rief das Ställchen also als Linos Privatbereich aus. Hier durfte er nach Herzenslaune sein Mobile angucken und mit mir quatschen. Die Mädels konnten das sehr gut akzeptieren. Wenn Lino gut gelaunt war und eine der Schwestern mit ihm spielen wollte, legte ich ihn in seine Spielecke und sie verbrachten Zeit miteinander.
Das hat einige Monate sehr gut funktioniert. Als Lino sich zu drehen begann, war er auch noch ab und zu gerne an seinem „sicheren Ort“. Mit ca. sieben Monaten fing er dann an zu robben und bald auch zu krabbeln. Von da an benutzten wir den Laufstall eigentlich nicht mehr. Er wollte dann unterwegs sein und auch seinen Schwestern hinterher.