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Hilfe, ist mein Kind hochsensibel?

Autorin - Melanie Schüer

Wenn du dich fragst, ob dein Kind hochsensibel sein könnte, dann sind dir vermutlich einige Besonderheiten in seinem Verhalten aufgefallen, die dich stutzig machen. Besonderheiten, die darauf hinweisen, dass dein Kind möglicherweise seine Umgebung anders wahrnimmt als die meisten anderen Menschen.

Lesezeit: Etwa 6 Minuten
Mädchen lässt Papierflugzeug im Wald steigen

Ist dein Kind hochsensibel ? – Hieran erkennst du es

Einige erste Auffälligkeiten, die auf eine Hochsensibilität hinweisen könnten:

Dein Kind:

  • ist schreckhaft
  • es merkt oft, wenn es jemandem nicht gut geht
  • es fühlt stark mit anderen mit
  • es reagiert empfindlich auf Veränderungen
  • es macht sich sehr viele Gedanken
  • es ist sehr empfindlich, was z.B. kratzende oder harte Stoffe, Gerüche oder Schmerzen angeht
  • es ist schnell gestresst, wenn es in lauter Umgebung ist
  • es bemerkt selbst kleinste Veränderungen in seiner Umgebung

Diese Kriterien beruhen auf dem Hochsensibiliäts-Test der Expertin Elaine N. Aaron, der in ihrem Buch „Das hochsensible Kind“ zu finden ist. Solltest du viele dieser Anzeichen bestätigen können, mache am besten den vollständigen Test in dem genannten Buch.

Hochsensibilität – dein Kind hat eine stärkere Wahrnehmung

Wenn du vermutest, dass dein Kind hochsensibel ist, dann möchten wir dich beruhigen: Hochsensibilität ist keine Krankheit, sondern einfach eine Besonderheit, von der geschätzt etwa 10-20% der Bevölkerung betroffen sind. Hochsensible Menschen können ihre Ziele genauso erreichen wie andere auch – wichtig ist nur, dass sie ihre Eigenschaft kennen, verstehen und lernen, gut damit umzugehen.

Denn wenn man vieles bemerkt und spürt, ist das gleichzeitig eine besondere Gabe – aber auch ziemlich anstrengend. Hochsensible Menschen „stellen sich nicht an“, sondern sie nehmen wirklich alles viel stärker wahr, als normal sensible Menschen. Stell dir einfach vor, die Lautstärke, die du noch ganz okay findest, ist doppelt so laut. Oder die Hose, die zwar nicht weich, aber doch ganz in Ordnung ist, fühlt sich viel härter an.

Manches kann man sich auch kaum vorstellen, wenn man nicht selbst hochsensibel ist: Zum Beispiel, wie viel Kraft es kostet, wenn man Stimmungen und Gefühle so stark wahrnimmt. Wenn Veränderungen einen total durcheinander bringen, weil einem immer so viele Gedanken, Fragen oder Sorgen in den Kopf kommen.
Wichtig ist, dass du als Elternteil dir immer wieder klar machst: Dein Kind muss viel mehr Eindrücke verarbeiten, als die meisten anderen Kinder. Und weil es alles so viel stärker wahrnimmt, ist es auch schneller erschöpft oder gestresst.

Hochsensibilität deines Kindes – Sorge oder Gabe?

Keine Sorge: Hochsensibilität ist keine Einschränkung, sondern eine Gabe. Denn hochsensible Menschen haben ein besonders feines Gespür. Sie nehmen meist viel mehr wahr als andere, sind besonders aufmerksam, einfühlsam und kreativ. Das sind Stärken, die wertvoll sind und in jedem Lebensalter hilfreich sein können.

Natürlich bringt die Hochsensibilität auch Eigenschaften mit sich, die dafür manches schwieriger machen. Das heißt aber nicht, dass dadurch große Probleme entstehen müssen – Eltern müssen nur lernen, die Besonderheiten ihres Kindes zu verstehen und ihm helfen, gut damit umzugehen.
Hier einige Tipps dazu.

Tipps: Hochsensible Kinder unterstützen – So geht's

  • Erkläre deinem Kind in einfachen Worten, was es heißt, hochsensibel zu sein: „Menschen merken und spüren Dinge unterschiedlich stark. Manche Menschen stört es z.B. gar nicht, wenn es laut ist, für sie hört es sich gar nicht so laut an. Andere Menschen bemerken aber Geräusche viel genauer und sind deshalb auch schnell gestresst, wenn etwas laut ist. Und es gibt Menschen, die machen sich auch viel mehr Gedanken oder Sorgen als andere. Du bist ein Mensch, der alles sehr genau merkt und spürt. Du achtest genau auf alles, bemerkst direkt, wenn sich etwas ändert. Man könnte sagen, du bist ein „Viel-Fühler“. Und deshalb machst du dir auch viele Gedanken und manchmal Sorgen. Und erschrickst dich auch schneller. Aber keine Sorge, es gibt noch viele andere Menschen, die auch solche Viel-Fühler sind wie du. Das ist nichts Schlimmes und es gibt Tipps, damit man nicht so schnell gestresst ist.“
     
  • Kuscheln und Massagen tun allen Kindern gut – auch Hochsensiblen. Wenn es die Massage nicht mag, schau' mal, ob etwas festere, größere Berührungen besser sind. Oder Kraulen, Streicheln oder gemeinsam auf dem Sofa schmusen…
     
  • Übe mit deinem Kind einfache Entspannungsübungen. Es gibt u.a. tolle Fantasiereisen für Kinder (z.B. „Fantasiereisen für Kinder“ von Sabine Kalwitzki).
     
  • Höre deinem Kind geduldig zu und hilf' ihm, Sorgen auszusprechen und loszulassen. Vielen Kindern hilft ein Sorgenfresser (Kuscheltier mit Reißverschluss für Zettel, auf die Sorgen notiert werden) oder eine Sorgen-Box.
     
  • Ermutige dein Kind, indem du ihm positive Rückmeldungen gibst: „Toll, dass du so fleißig übst!“ oder „Es ist echt mutig, wie du heute einfach allein bei Tina geblieben bist.“ oder auch immer mal wieder: „Du bist einfach etwas Besonderes! Ich liebe dich, genauso, wie du bist!“

Tipps: Was bei hochsensiblen Kindern beachtet werden sollte

  • Vermeide zu viele Termine! Jeden Tag Programm ist meist zu viel für hochsensible Kinder. Sie brauchen viel Zeit, in der sie einfach in ihrer vertrauten Umgebung sind.
     
  • Suche nach passender Betreuung. Schon normal sensible Babys und Kleinkinder sind vom Krippenalltag oft überfordert – für hochsensible ist es eine extreme Belastung mit 14 anderen Kindern in einem Raum zu sein! Besser ist es, wenn hochsensible Kinder in den ersten drei bis vier Jahren zuhause oder stundenweise von einer liebevollen Tagesmutter betreut werden. Die Eingewöhnung sollte langsam und behutsam sein. Wenn möglich, suche auch ab drei bis vier Jahren einen Kindergarten mit kleineren Gruppen, z.B. Elterninitiativen oder Integrationsgruppen. Denn Regelgruppen mit 25 Kindern bedeuten viel Gewusel und Lautstärke, was für Hochsensible sehr belastend ist. Und: Versuche, auf Ganztags-Fremdbetreuung zu verzichten. Die meisten Kinder, besonders aber hochsensible, sind nach spätestens 5-6 Stunden Kindergarten völlig erschöpft.
     
  • Mache keinen Druck. Hochsensible Kinder brauchen besonders viel Zeit, sich an neue Situationen zu gewöhnen. Begleite dein Kind in den ersten Tagen und ziehe dich dann schrittweise zurück.

Das hilft hochsensiblen Kindern allgemein

  • Achte auf regelmäßige Ruhezeiten. Z.B. ausreichend Schlaf und Pausen am Tag, damit dein Kind Zeit hat, alle Eindrücke zu verarbeiten. Verzichte nicht zu früh auf den Mittagsschlaf. Auch wenn dein zweijähriges Kind sich weigert versuche, dich zumindest kurz mit ihm zusammen hinzulegen oder z.B. eine ruhige CD anzustellen.
     
  • Rücksicht nehmen. Versuche, auf die Feinfühligkeit deines Kindes Rücksicht zu nehmen – man kann hochsensible Kinder nicht „abhärten“! Zwinge es also nicht, bei Menschen zu bleiben, die es noch nicht gut kennt. Suche geduldig nach Klamotten, die es gern trägt – meist weiche Stoffe und Knöpfe statt Reißverschlüssen.
     
  • Rituale und klare Strukturen. Es hilft, wenn bestimmte Abläufe gleichbleiben. So erleichtert ein Abendritual (z.B. Kuscheln, über den Tag reden, Vorlesen, Gute Nacht Lied) den Abschied vom Tag. Ein bestimmter Segensspruch oder gleichbleibender Abschiedssatz mit Kuss morgens gibt Sicherheit, bevor es zur Kita oder in die Schule geht. Kündige auch an, was heute ansteht, wie viel Zeit dein Kind noch hat, z.B. vor einem Termin.