Smartphone, Tablet & Co.: „Nun leg’ doch mal das Handy weg“. Wer mit Kindern und Jugendlichen zusammenlebt, kennt diesen Satz möglicherweise nur zu gut. Die digitale Welt hat nicht nur für unsere Kinder, sondern auch für uns Eltern sowohl im privaten als auch beruflichen Bereich einen sehr hohen Stellenwert. Sollten wir uns an die eigene Nase fassen und diesen Satz auch an uns selbst richten?
Lade dir hier das Selbstversuch-Wochentagebuch herunter – zur Verdeutlichung wurden hier Beispieleintragungen vorgenommen, die du natürlich löschen kannst:
Die Antwort lautet natürlich: Nein, geht es nicht! Jedenfalls fast nicht. Selbstverständlich gibt es die unterschiedlichsten Lebensmodelle, als Familie gemeinsam durchs Leben und somit auch durch den Alltag zu gehen. Sicherlich gibt es Mütter und Väter, die sich entscheiden, das world-wide-web so lang wie nur irgend möglich von sich selbst und ihren Kindern fern zu halten.
Im Zeitalter der Digitalisierung ist dies jedoch kaum noch möglich. Kinder werden oft schon im Babyalter, je nach Medienverhalten der Eltern, mit Tablet, Smartphone und Computer konfrontiert. Spätestens im Kindergarten beginnt das erste ‚mediale Erwachen’. Viele Kitakinder wissen längst was klicken, wischen und streamen bedeutet, sind bereits routiniert im Gebrauch dieser Bedienungstechniken und können dann mit Beginn der Grundschule so manchem Elternteil in Anwender-und Technikfragen, z.B. in Sachen Smartphone, professionell zur Seite stehen.
Wie umfassend sich ein Kleinkind oder Kita Kind mit den unterschiedlichen Medien auskennt, hängt natürlich auch stark an der Vorbildfunktion der Eltern. Besonders intensiv lernen Kinder durch Vorleben und Nachahmung in den ersten sieben Lebensjahren. Wie in allen Lebenslagen als Mutter oder Vater ist es wichtig, sich der Funktion als Vorbild bewusst zu sein. Jeden Tag aus Neue.
Bevor ihr also Medien-Nutzungsregeln und Mediennutzungsverträge mit und für euch und eure Kinder aufstellt, ist zu empfehlen, euer eigenes Medienverhalten genau unter die Lupe zu nehmen. Stellt euch die simple Frage: Welche Medien nutze ich wann und warum?
Wenn ihr authentische und ehrliche Antworten sucht, lässt sich anhand eines Wochenrhythmus gut erkennen, wie intensiv ihr mit dem WWW verwoben seid. Idealerweise solltet ihr euch einen ganzen Monat lang beobachten. Dies ist jedoch kaum zu realisieren. Allein die Dokumentation würde wiederum so viel Zeit der ohnehin knappen 24 Stunden in Anspruch nehmen, dass meist nur wenig Geduld hierfür vorhanden ist.
Nehmt euch also eine Durchschnittswoche eures Lebens und legt los. Eine disziplinierte Selbstüberprüfung ist anstrengend und ihr werdet möglicherweise das Gefühl haben, einem zusätzlichen Zeitfresser ins Netz gegangen zu sein. Das ist kurzfristig auch tatsächlich so. Bringt aber etwas Transparenz in euer Medienverhalten und lässt euch fassungslos, bestätigt oder/und kopfschüttelnd vorm Spiegel stehen.
Das Selbsttest-Wochentagebuch steht euch als Word- oder Excel download zur Verfügung. Die Liste im Folgenden soll euch helfen, euren Umgang mit den Medien ein- und vorzusortieren. Im Wochentagebuch zählt ihr eure Minuten, die ihr täglich mit den unterschiedlichsten Medien verbringt. Tragt am Ende eines Tages einfach die Minuten ein. Nur in der Rubrik „1. Smartphone“ werden keine Minuten, sondern Striche gezählt.
1. Smartphone:
Wie oft schaue ich täglich kurz aufs Smartphone und prüfe, ob irgendetwas passiert ist (z.B. Eingang E-Mail, WhatsApp, SMS, Weltgeschehen etc.)?
Verdeutlichen könnt ihr dieses Verhalten in der Tabelle, indem ihr in dieser Rubrik Striche macht.
2. Smartphone:
Wie oft schaue ich täglich aufs Smartphone und bleibe dran (z.B. schreiben: E-Mail, WhatsApp, SMS oder lesen: Weltgeschehen, surfen oder gar telefonieren)?
3. Smartphone / PC:
Wie viel Zeit verbringe ich täglich in den sozialen Netzwerken (z.B. Twitter, Facebook, LinkedIn, Xing etc.)?
4. Smartphone / PC:
Wie oft bemühe ich Streaming Dienste bzw. wie viel Zeit in Minuten verbringe täglich be-streamt?
5. Smartphone / PC / Tablet / E-Book Reader:
Lese ich überwiegend E-Books? Wie viele Minuten täglich?
6. PC / TV
Spiele ich Playstation? Games? Wie viele Minuten täglich?
7. Smartphone / PC:
Wie viel Lebenszeit in Minuten verwende ich für Recherche und Bestellung von diversen Produkten (z.B. Kleidung, Geschenke, Technik)?
8. TV:
Wie lange, in Minuten sitze ich vorm ‚Klassiker’ Fernseher?
Wie ist mein Verhalten. Zappe ich nur wahllos herum? Sehe ich mir gezielt etwas an?
9. Smartphone / PC / Tablet:
Wie lange, in Minuten, bin ich täglich berufsbedingt mit den Medien beschäftigt?
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Wenn ihr es also geschafft habt, den Selbstversuch eine ganze Woche lang ehrlich durchzuziehen, habt ihr nun handfeste Informationen über euer Medienverhalten vorliegen. Die Konsequenzen hieraus, sind natürlich nur individuell zu betrachten. Vielleicht zieht euer Nutzungsverhalten auch gar keine Konsequenzen nach sich, da ihr bereits einen relativ gesunden und reflektierten Umgang pflegt.
Hierzu gehört -als Königsdisziplin- sich größtenteils des Gefühls zu entledigen, immer und überall erreichbar sein zu müssen. Dies gilt sowohl für das private als auch berufliche Umfeld. Auch das Gefühl, etwas zu verpassen, ist oft stark ausgeprägt und Dirigent unseres Verhaltens. Ist die Aktivierung eures Flugmodus’ ein inzwischen vertrautes Verhalten oder gar Ritual, dann seid ihr schon weit vorn und insgesamt bereits auf dem Weg ein gutes Vorbild für eure Kinder zu sein.
Findet ihr euch jedoch kopfschüttelnd vor dem Spiegel wieder, ist es empfehlenswert gewisse Gewohnheiten zu durchbrechen oder gar aufzugeben. Wenn ihr gewisse Verhaltensweisen nicht aufgeben möchtet oder könnt, ist es eventuell möglich euch selbst klare Zeiten für gewisse Aktivitäten zu verordnen. Z.B.: „Meine Serie schaue ich nur jeden zweiten Tag weiter“.
Dieser Begriff ist natürlich nicht neu. Was aber genau damit gemeint ist, scheint oft nicht ganz klar. Medienkompetenz gilt inzwischen als Schlüsselkompetenz und steht mit der Fähigkeit Lesen und Schreiben zu können, fast auf einer Stufe. Um dies kurz unter der Oberfläche zu beleuchten, führt kaum ein Weg an Prof. Dr. Dieter Baacke vorbei. Er war Erziehungswissenschaftler und Hochschullehrer an der Bielefelder Universität.
Die zusammengefasste Definition: „Eine Person erlangt die Fähigkeit vorhandene Medien zu verstehen und für sich sinnvoll zu nutzen“, erschien ihm zu ungenau. Daher unterteilte er bereits in den 1990er Jahren in 4 Kategorien. Hier eine Kurzzusammenfassung:
1. Medienkritik
Fordert die Fähigkeit des Menschen heraus, einen sowohl analytischen selbst-reflektierenden und ethischen Blick auf die Medien zu werfen. Eine kritische Auseinandersetzung mit den Medien, basiert auf der Notwendigkeit, auf eigene Erfahrungen und vorhandenem Wissen zurückzugreifen.
z.B. analytisch: „Ich erkenne, dass Werbung auf online-Portalen, Websites, TV, Printmedien etc. einen inhaltlichen Einfluss haben kann, da sie durch diese oft stark mitfinanziert werden“.
z.B. selbst-reflektiert: „Wie verhalte ich mich im z.B. Netz (Netikette), welche Trends mache ich mit, lehne ich ab, wem folge ich wann warum?“
z.B. ethisch: geht stark einher mit selbst-reflektiertem Handeln/Verhalten in und mit den Medien. „Wie passen meine moralischen Grundsätze mit meinem Medienverhalten zusammen?“
2. Medienkunde
Hier geht es schlichtweg um das Wissen der existierenden sowohl online als auch offline Medien. Welche Software und Hardware kenne ich, welche Websites, Plattformen und Programme sind mir bekannt, welchen technischen, organisatorischen oder persönlichen Nutzen kann ich aus dem Umgang mit den Medien ziehen und wie funktioniert es. Medienrecht ist außerdem ein wichtiger Bestandteil der Medienkunde.
3. Mediennutzung
Das Konsumieren aller vorhandenen Medienangebote. Hierzu gibt es inzwischen viele unterschiedliche Studien, die detailliert aufschlüsseln, welche Personengruppen welche Medien wann und wie lange nutzen. Die Zielgruppen, Kinder und Jugendliche werden in ihrer Mediennutzung meist unter besonderer Beobachtung gestellt, da engmaschig analysiert werden soll, welche physischen und psychischen Auswirkungen die intensive Nutzung auf Kinder und Jugendliche haben kann.
Der Begriff „digital natives“ bezeichnet Menschen, die mit dem word-wide-web und den digitalen Techniken aufgewachsen sind. Inzwischen hat sich außerdem der Begriff „mobile natives“ (Generation M) etabliert. Dies bezeichnet sowohl Menschen, die mit dem Smartphone/Tablet großgeworden sind als auch Menschen, die erst später, mit Eintritt ins Erwachsenenalter, den Umgang hauptsächlich mit dem Smartphone lernen. Aufgrund der Tatsache, dass ein Smartphone in ‚fast’ allen Lebenslagen durch Apps etc. zum Einsatz kommen kann, zieht sich der intensive Gebrauch durch einen Großteil der heutigen Bevölkerung. Es heißt, das aktuell um die 70% der Deutschen nicht mehr ohne Smartphone aus dem Haus gehen.
>>ARD/ZDF Langzeit Studie
4. Mediengestaltung
Hier liegt der Fokus stets auf eigener Aktivität, auf handlungsorientierter Gestaltung. Medien können für eigene kreative und innovative Ideen als Werkzeug dienen, um diesen Ideen Produkte folgen zu lassen.
Mediengestalter/innen ist ein Ausbildungsberuf mit zwei Fachrichtungs-Schwerpunkten: Ton und Bild, Digital und Print. Hier werden Elemente für Websites, Zeitschriften, Broschüren etc. entworfen.