Im Bus und in Warteschlangen ein normaler Anblick: alle Erwachsenen starren auf die kleinen Bildschirme ihres Smartphones. Doch auch auf Spielplätzen, beim Kinderwagen schieben oder beim gemeinsamen Eisessen mit dem Nachwuchs wandern die Blicke vieler Mütter und Väter immer wieder zum Display.
Mit großen Augen blickt das Mädchen im Kinderwagen zu seiner Mutter, doch die merkt gar nicht, dass es ihr etwas erzählen möchte. Es sucht vergeblich den Blickkontakt, ist frustriert und fängt an zu weinen. Der kleine Junge am Spielplatz ist so stolz auf die gebaute Sandburg, doch der Papa sitzt nur auf einer Bank und ist meilenweit weg, er lächelt vor sich hin, aber nicht, weil er sein Kind bewundert, er freut sich über etwas im Internet oder checkt seine E-Mails. Telefonieren beim Spaziergang, Simsen und Surfen – Fachleute sehen das kritisch. Die amerikanische Wissenschaftlerin Sherry Turkle ist klinische Psychologin und Professorin für Soziologie am Massachusetts Institute of Technology (MIT) und beschäftigt sich mit den Wechselwirkungen zwischen Mensch und Maschine. Sie warnt: „Eine Mutter, die kocht, putzt oder die Wäsche macht, während das Kind spielt, ist nicht dasselbe wie eine Mutter, die sich auf einen Bildschirm konzentriert und irgendwo in der virtuellen Welt ist. Kinder wissen dann ganz genau: Mama ist im La-la Land.“ Für Väter gilt das natürlich genauso. "Die neuen Medien haben natürlich auch viele Vorteile", sagt Astrid Kerl-Wienecke vom Netzwerk "Frühe Hilfen" in Frankfurt. Doch dass Eltern das Smartphone kaum noch aus der Hand legen, ist bedenklich. Noch gibt es keine Studien über mögliche Auswirkungen. Doch das Problem beschreibt Kerl-Wienecke so: "Kleine Kinder können überhaupt nicht einschätzen, mit wem die Mutter spricht und warum sie dabei lacht, aufgeregt, traurig oder böse ist. Kinder denken, das hat etwas mit ihnen zu tun." Sie könnten auch den Eindruck gewinnen: "Das Handy ist wichtiger als ich." Eltern, die sich jedoch vor allem intensiv mit ihrem Smartphone beschäftigen, können nicht mit ihrem Kind richtig kommunizieren, da sie ihr Kind nicht im Blick haben und ihm auch nur einen Teil ihrer Aufmerksamkeit schenken. Das Smartphone dient zwar zum Kontakt zu anderen, stört aber den zum eigenen Kind.
Auch die Experten betonen, dass die elektronischen Medien nicht pauschal verurteilt werden dürften. Natürlich gibt es Mütter, die schon den ganzen Vormittag intensiv mit ihrem Kind gespielt haben und sehr zugewandt sind. Wenn das Baby schläft, kann Mama dann mit bestem Gewissen zum Smartphone greifen, ihre Kontakte pflegen oder Termine organisieren. Auch Eltern brauchen schließlich Auszeiten, müssen sich um Haushalt oder Einkauf kümmern und können nicht ausschließlich auf das Kind konzentriert sein. Berufstätige Eltern haben oft auch gar keine Wahl: sie könnten entweder länger im Büro sein oder aber mit ihren Kindern zum Spielplatz gehen und dort noch Emails checken. Je älter das Kind, desto besser kann man das erklären. Wenn die begrenzte Zeit mit dem Kind wirkliche Qualitätszeit sein soll, stört der ständige Blick auf das Display. Aus pädagogischer Sicht brauchen besonders Babys den festen Blickkontakt und die ungeteilte Aufmerksamkeit um sich entwickeln zu können, während bei älteren Kindern eher die elterliche Vorbildfunktion zum tragen kommt.