Format: Artikel – Schreibfeder auf dem Tisch
Artikel

Schimpfwörter - verboten oder sogar notwendig?

Autorin - Rose Volz-Schmidt

Kinder lieben Worte. Sie saugen neue Begriffe auf, wie kleine Schwämme. Doch was tun, wenn der Nachwuchs im Kindergarten oder vom Nachbarkind wirklich schlimme Ausdrücke aufschnappt? Und verdammt, muss dieses Fluchen echt sein?

Lesezeit: Etwa 3 Minuten
Armdrücken: Mutter und Vater streiten

Kinder und Schimpfworte – was tun, wenn Kinder fluchen?

Ein Besuch im Supermarkt. Es ist schon spät und viel zu laut und voll. Als Maria dann auch noch ein Marmeladenglas aus der Hand fällt, ist sie den Tränen nah. „Ssseise!“ brüllt die gerade erst 18 Monate alte Antonia laut. Alle Umstehenden lachen. Woher hat die Kleine solche Kraftausdrücke, fragt sich Maria. Aber auch sie muss lächeln.
Am nächsten Tag spricht Thomas seine Frau an. „Seid wann kennt Toni das S-Wort? Wo kommt das her?“ Antonia hatte gemerkt, dass das neue Wort auch bei Papa wirkt – zumal sie es bei ihm schon gehört hatte.
Und so banal ist es: Kinder lernen von uns nicht nur die „guten“ Worte. Wer ganz sicher sein will, sollte also selbst die Zunge kräftig hüten, auch wenn jemanden die Vorfahrt nimmt, oder der Ärger gerade groß ist. Und spätestens im Kindergarten werden die Kleinen viele neue Wörter lernen. Und nicht alle werden den Eltern gefallen.

Schimpfen ist normal

Mit Worten Wut abzulassen ist durchaus normal. Sprache ist ja auch ein gutes Ventil für Zorn und Missstimmung. Am Anfang aber lernen Kinder vor allem durch das Kopieren neue Worte. Und sie beobachten die Reaktionen der Umwelt auf das neu gelernte Vokabular. Mit etwa zwei und drei Jahren merken die Kleinen, dass man Eltern auch mit Worten ärgern und schockieren kann. Insbesondere alle Begriffe, die vermutlich Tabu sind, finden die Kleinen äußerst lustig. „Du Windelpupsi,“ ist ein schwere Beschimpfung. Oder nicht? Erst die Reaktion der Erwachsenen zeigt welche Wortwahl und welche Sprache in welcher Situation angemessen sind.
Und was ist mit wirklich schlimmen Wörtern? Je weniger Eltern darauf reagieren, desto besser. Kindergartenkinder können noch nicht wirklich verstehen, was F-Wörter bedeuten und Kommentare steigern eher noch den Gebrauch. Ignorieren ist da besser, auch wenn das für Eltern nicht leicht ist. Anlass zur Sorge sind Begriffe aus dem sexuellen Bereich nicht – Kindergartenkinder schnappen viele Wörter im Fernsehen, bei älteren Geschwistern von Freunden oder im Bus auf.

Richtig Schimpfen lernen

Eltern sollten zuhören, wenn Kinder schimpfen. Denn manchmal äußern sie ihren Unmut über andere und über Situationen. Negative Gefühle über Sprache auszudrücken ist nicht einfach und muss gelernt werden. Sonst wird Zorn nur körperlich ausgedrückt. Wenn der kleine Bruder das schöne Legobauwerk zerstört ist ein wütendes „du Blödmann“ viel besser, als ein Schlag.

Was können Eltern tun?

Wenn kleine Kinder schimpfen, sollten Eltern gelassen bleiben. Sich sichtbar über die heftigen Wörter aufzuregen ist genauso falsch, wie das Lachen darüber. Wenn das Kind ein Elternteil böse beschimpft, sollte möglichst ruhig der Satz: „Das ist ein schlimmes Wort, ich will nicht, dass du so etwas zu mir sagst, weil mich das traurig/wütend macht“, gesagt werden. Erst im Grundschulalter funktionieren klare Regeln wie z.B. eine „Schimpfwörter-Kasse“.

Tipps zum Umgang mit Fluchen und Schimpfwörtern

  • Die eigene Wortwahl bei Missgeschicken oder Wut beobachten und eventuell ändern. Wer selbst sehr derbe Wörter nutzt, darf sich nicht wundern, wenn die Kinder diese Worte normal finden.
  • Eigene kreative Fluch- und Schimpfwörter in der Familie erfinden.
  • Je nach Alter versuchen, dem Kind zu erklären, warum bestimmte Ausdrücke nicht verwendet werden sollten, warum sie weh tun oder gemein sind.
  • Kindern erlauben im eigenen Zimmer zu schimpfen, ansonsten aber auf angemessene Wortwahl bestehen.
  • Einmalige Ausrutscher ignorieren, denn ohne spannende Reaktion ist das Wort nicht aufregend. Dies gilt vor allem bei sehr kleinen Kindern – hier keine besondere Aufmerksamkeit schenken.
  • Wenn Kinder wütend oder frustriert sind, dürfen sie Dampf ablassen. Wenn sie dafür Worte finden ist das gut. Allerdings nicht ständig.
  • Wenn Eltern das Gefühl haben, dass das Kind zu viel und zu oft schimpft oder die eigene Mutter und den Vater stark angreift, sollten Sie sich Rat und Hilfe holen.