In der Sprachentwicklung, und vor allem für eine deutliche Aussprache, spielt die Mundmotorik eine große Rolle. Die Muskulatur und Bewegung von Kiefer, Lippen, Gaumen und Zunge muss problemlos funktionieren. Ein verkürztes Zungenbändchen kann die Ursache für Probleme beim Schlucken, Saugen und Sprechen sein.
Unsere Zunge ist ein wichtiger Muskel, mit dem Laute gebildet werden. Beim „L“ beispielsweise wird die Zunge angehoben und berührt das Zahnfleisch hinter den Schneidezähnen. Und beim Schlucken drückt die Zunge gegen den Gaumen, um die Nahrung in die Speiseröhre zu transportieren. Eine wichtige Rolle bei der Beweglichkeit unserer Zunge spielt das Zungenbändchen.
Vermutlich wirst du dich nun fragen, was das Zungenbändchen überhaupt ist und wo es lokalisiert ist. Eine einfache Übung wird dir helfen: Versuche einmal, deine Zunge an den Gaumen zu saugen und öffne dann deinen Mund. Wenn du deinen Mund nun im Spiegel betrachtest, siehst du ein mittiges Band, das vom Mundboden hoch zur Zunge gespannt ist. Das ist unser Zungenbändchen. Und so wie du es siehst, ist es sehr elastisch.
Diese scheinbar selbstverständlichen Bewegungen, die unsere Zunge beim Sprechen und beim Schlucken, aber auch beim Trinken und beim Saugen beispielsweise während des Stillens ausführt, können erschwert werden. Ein verkürztes Zungenbändchen als Ursache kommt dir vielleicht nicht sofort in den Sinn.
Hier ein Beispiel:
Die Tochter von Max und Emily kam genetisch bedingt mit einem verkürzten Zungenbändchen zur Welt. Dies teilten ihnen die Ärzte nach der Geburt mit. „Beim Stillen hat unsere Kleine dann nach kurzer Zeit immer wieder Pausen eingelegt. Sie hatte nicht ausreichend Kraft, um die Brust anzusaugen und hat wenig zugenommen“, sagt Emily. „Und wenn unsere Tochter lauthals geschrien hat, konnte man klar erkennen, dass ihre Zunge gar nicht so beweglich war und vorne eher herzförmig statt rund aussah“, so Max.
2 bis 10 Prozent der Neugeborenen kommen mit einem verkürzten Zungenbändchen zur Welt. Wie bei der Tochter von Max und Emily sieht die kleine Zunge dann oft herzförmig aus. Es gibt Schwierigkeiten, die Zunge anzuheben oder aus dem Mund zu strecken. Beim Stillen benötigt die Zunge eine gewisse Bewegung und Saugkraft, um Unterdruck an der Brust halten zu können und den Milchfluss anzuregen. Mit einem kurzen Zungenband ist diese Fähigkeit nicht komplett gegeben und es kann zu Stillproblemen wie ungewollten Unterbrechungen oder nur kurzen Stillmahlzeiten kommen.
Im Laufe der Sprachentwicklung kann es mit einem kurzen Zungenbändchen zu Problemen mit der Mundmotorik und der Aussprache kommen, weil – wie im Beispiel mit dem Laut „L“ – die Zunge manchmal nicht beweglich genug ist, um alle Laute korrekt zu bilden. Auch können sich durch die geringe Beweglichkeit Kiefer und Gaumen teils nicht ausreichend entwickeln.
Emiliy: „Um der Zunge mehr Beweglichkeit zu geben, haben die Ärzte dann einige Wochen nach der Geburt das Zungenbändchen ganz einfach mit einem kleinen Schnitt durchtrennt. Das ging echt schnell und war sehr unkompliziert. Und direkt danach – ich konnte es kaum glauben – habe ich meine Kleine an die Brust gelegt und sie lange und ruhig gestillt, bis sie satt war“.
Du merkst, ein kurzes Zungenbändchen kann einiges erschweren und die Effekte einer Durchtrennung sind teils direkt sichtbar. Ob ein Zungenbändchen durchtrennt wird, ist immer im familiären Einzelfall in Abstimmung mit Ärzten und Stillberatern zu entscheiden. Gerade in den ersten Lebenswochen ist ein Schneiden des Zungenbändchens problemlos möglich. Dieser routinierte Eingriff ist risikoarm, geht sehr schnell und es sind keine Nachteile zu erwarten. Im Laufe des Wachstums bleibt das Bändchen durchtrennt, ist besser dehnbar und die Zunge beweglicher. Und für die Sprachentwicklung wird durch eine bewegliche Zunge immer eine gute Voraussetzung zur Lautbildung und Aussprache gelegt.