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Abstillen: Wann und wie der Abschied von der Muttermilch gelingt

Autorin - Melanie Schüer

Nach den ersten oft holprigen Wochen nach der Geburt läuft das Stillen irgendwann bei vielen fast von allein. Das Anlegen ist unkompliziert, zumindest zeitweise sind Rhythmen erkennbar und Mama und Kind genießen die ruhige Zeit mit viel Kuscheln.

Doch je älter das Kind wird, desto drängender werden die Fragen: Wann ist der richtige Zeitpunkt, mit dem Abstillen zu beginnen? Wie gelingt das Abstillen und was sollte man dabei beachten?

Hier zeigen wir dir, wie du das Projekt "Abschied von der Muttermilch"  angehen kannst. Inklusive eines kleinen Fahrplans zum Abstillen.

Lesezeit: Etwa 8 Minuten
Baby wird im Hochstuhl gefüttert und freut sich

Wann beginnt man mit dem Abstillen?

Mit Einführung der Beikost (um den 6. Monat herum) denken viele Eltern langsam an das Thema Abstillen. Das bedeutet nicht, dass das Stillen sofort aufgegeben wird. Vielmehr ersetzt man Stillmahlzeiten durch Breimahlzeiten.

Dabei kann es aber zu Problemen kommen: Manche Babys sind nicht begeistert vom Brei und möchten lieber noch im gesamten ersten Lebensjahr viel gestillt werden und nur zusätzlich etwas „Beikost“ (Brei, Fingerfood, weiches Gebäck, Gemüse, etc.) naschen. Auch das ist in Ordnung, denn Muttermilch und Premilch enthalten alle wichtigen Nährstoffe für das erste Lebensjahr.

Wenn kein Zeitdruck besteht, hat es durchaus Vorteile, auch im zweiten Lebensjahr zumindest noch 1-2 Mal am Tag zu stillen (oder auch öfter), denn die Muttermilch enthält im Gegensatz zu Pulvermilch und anderer Nahrung wertvolle Antikörper, die das Kind vor Infektionen schützen und das Immunsystem für das ganze Leben stärken. 

Wann ist also der richtige Zeitpunkt zum Abstillen?

Der richtige Zeitpunkt ist, wenn du selbst ein klares Warum für das Abstillen hast. Mache dir bewusst, welche Bedürfnisse du dir durch das Abstillen erfüllen möchtest. Vielleicht sehnst du dich wieder nach mehr Selbstbestimmung und Freiheit oder das Stillen stresst dich inzwischen zu sehr. Wenn dein Kind spürt, dass du eine klare Entscheidung getroffen hast und du kein schlechtest Gewissen dabei hast, wird es ihm leichter fallen, das Abstillen zu akzeptieren. Du kannst dein Kind dann liebevoll durch den Frust begleiten, der durch das Abstillen entsteht.

Wie lange sollte man mindestens stillen?

Ein „mindestens“ gibt es eigentlich nicht, denn jeder auch noch so kurze Stillzeitraum ist wertvoll für dein Kind. Das Kolostrum, die erste Milch nach der Geburt, enthält besonders viele gesunde Nährstoffe, die die Gesundheit deines Kindes fördern. Je länger du stillen kannst, desto besser ist es natürlich. Wichtig ist aber, dass sich Mutter und Kind damit wohl fühlen. 

Wie funktioniert abstillen? Wie geht man am besten vor?

Nicht nur die Wahl des Zeitpunkts (Wann) ist herausfordernd, sondern auch der genaue Ablauf (Wie). Das Kind ist beim Abstillen in der Regel noch zu klein, um sachlich verstehen zu können, warum es die geliebte Muttermilch nicht mehr bekommt. Deshalb fragen sich viele Eltern, wie sie am besten vorgehen, um das Kind sanft und behutsam vom Stillen zu entwöhnen.

Fahrplan zum Abstillen

  1. Wähle einen Zeitpunkt, zu dem möglichst wenig Stress zu erwarten ist. Das kann zum Beispiel ein (verlängertes Wochenende), ein Urlaub o.ä. sein. Es sollten auch keine anderen großen Veränderungen wie Kita-Eingewöhnung, Umzug, Geburt eines Geschwisterkindes o.ä. anstehen.
  2. Fahre die Stillmahlzeiten langsam herunter: Gehe nicht von Hundert auf Null, denn das wäre sowohl für deinen Körper als auch für dein Baby sehr stressig. Versuche, etwa alle 5-10 Tage eine weitere Milchmahlzeit durch Brei oder Pulvermilch zu ersetzen. So können dein Kind und dein Körper sich langsam auf die Veränderung einstellen. 
    Wichtig: Meist ist die abendliche Stillmahlzeit für das Kind am wichtigsten und oft ist es sinnvoll, mit dieser zuletzt aufzuhören.
  3. Führe schon vor dem Weglassen der letzten Stillmahlzeit neue Kuschel- und Schlafrituale ein: z.B. mit Schnuller, einem Sternenlicht, o.ä. Trenne das Stillen möglichst vom Einschlafen, indem du außerhalb des Bettes noch mit etwas Licht stillst, sodass dein Kind nicht dabei einschläft (höchstens müde und schläfrig wird).
  4. Wenn möglich, organisiere dir für den Tag, an dem die letzte Stillmahlzeit wegfallen soll, Hilfe von vertrauten Bezugspersonen deines Kindes – Vater, Großeltern, o.ä. Denn wenn dein Kind gegen das Abstillen protestiert und dann ständig deine Milch riecht, kann es hilfreich sein, wenn zwischendurch mal jemand anderes das Kind ablenken kann.
  5. Bei Kindern ab ca. 10 Monaten kann das Abstillen auch erklärt werden. So kann man sagen „Mamas Brust hat jetzt keine Milch mehr für dich. Du darfst jetzt xy essen.“. Es kann dann dann helfen ein Übergangsobjekt (z.B. Kuscheltier) anzubieten, um dem Kind das Bedürfnis nach Nähe zu stillen.Das sind natürlich alles Behelfsmöglichkeiten und nicht unbedingt nötig, aber sie können sinnvoll sein, wenn der Verzicht dem Kind sehr schwer fällt und es das Stillen vehement einfordert.
  6. Wenn du zum Schluss nur noch ein- oder zweimal täglich gestillst hast, wirst du vermutlich keine Probleme mit zu vollen Brüsten haben. Falls doch, findest du Tipps unten im Abschnitt „Hausmittel“.

Zuerst tagsüber oder nur nachts abstillen?

Es ist sinnvoll mit dem Abstillen tagsüber zu beginnen. Denn oft eignen sich die ersten Breimahlzeiten dazu, das Stillen zu ersetzen. Beachte aber, dass viele Babys nach einem Brei noch Hunger auf Milch haben können – erst wenn sie etwa 190 Gramm Brei schaffen, reicht den meisten der Brei aus. Bleibe hier flexibel und wenn dich das zusätzliche Stillen stört, nutze Pulvermilch als Ergänzung zum Brei. Darüberhinaus ist das Baby tagsüber aktiver, was es leichte macht, Veränderungen einzuführen (z.B. Gewöhnung an die Flasche statt Stillen).

Nach dem sechsten Monat verlängern sich bei den meisten Babys die nächtlichen Schlafphasen schrittweise von selbst. Während zweimonatige Babys oft auch nachts nach 2-3 Stunden wieder hungrig sind, kann ein achtmonatiges Baby meist mit nächtlichen Abständen von 4-5 Stunden gut auskommen. Wenn das nicht von selbst passiert, kannst du diesen Prozess fördern, indem du das Stillen behutsam zeitlich ein wenig hinauszögerst und erst einmal versuchst, dein Baby anderweitig zu beruhigen.

Nebenwirkungen und Effekte vom Abstillen

Durch das Abstillen wird das Baby selbstständiger und auch die Mutter gewinnt neuen Freiraum. Sie kann nun leichter mal ein paar Stunden unterwegs sein und das Baby von jemand anderem betreuen lassen. Das hat viele Vorteile. Auch nachts ist es oft einfacher, dass andere Bezugspersonen wie der andere Elternteil einspringen können und nicht jedes Mal die Mutter das Kind beruhigen muss.

Gleichzeitig bedeutet das natürlich auch eine Veränderung der sehr engen Verbundenheit zwischen Mutter und Kind, was emotional auch mit einer gewissen Trauer verbunden sein kann. Denn eine Stillbeziehung ist etwas ganz Besonderes zwischen dir und deinem Kind – es ist völlig normal, deren Ende nicht nur als Fortschritt, sondern auch als Verlust wahrzunehmen.

  • Manchen Eltern fällt auf, dass die Kinder nach dem Abstillen häufiger kränkeln. Hintergrund sind die mit dem Abstillen wegfallenden Antikörper in der Muttermilch. Das Immunsystem des Kindes muss nun allein arbeiten und viele Erreger erst einmal kennenlernen, um Antikörper zu entwickeln.
  • Eine Nebenwirkung ist auch die körperliche Veränderung bei der Mutter: Viele haben den Eindruck, die Brüste fühlen sich nun leer und vielleicht hängend an. Aber keine Sorge, gib deinem Körper etwas Zeit – oft bildet sich das nach einigen Monaten von selbst zurück. Und auch wenn nicht alles aussieht wie vorher: Hey, deine Brüste haben deinem Kind so viel Wertvolles gegeben und die Veränderung an ihrem Aussehen wird dich ein Leben lang an diese ganz besondere Leistung erinnern!
  • Auch kann es sein, dass du etwas an Gewicht zulegst, denn je weniger du stillst, desto mehr sinkt dein Kalorienbedarf. Dieser ist ja in der Stillzeit deutlich erhöht und wenn man dann beim Abstillen verpasst, wieder „normal“ zu essen, führt man dem Körper dauerhaft mehr Nahrung zu, als er bräuchte.

Tipp: Maß halten bei Zucker, ungesunden Fetten, ein Schwerpunkt auf Gemüse, gesunde Kohlenhydrate und Eiweiß sowie ausreichend Bewegung beugen hier vor. 

Hausmittel und Tipps zum Abstillen

Manche Frauen spüren, dass ihr Körper nicht so ganz schnell die Milchproduktion einstellt und leiden dann unter vollen, spannenden Brüsten. Hier kann Folgendes helfen:

  • Fühlt sich die Brust prall an, wärme sie und streiche etwas Milch aus. Abpumpen geht auch, falls Ausstreichen nicht klappt – aber nur das Nötigste, um die Milchbildung nicht weiter anzuregen. Danach am besten kühlen.
  • Salbeitee oder Pfefferminztee drosseln die Milchproduktion – etwa zwei bis drei Tassen am Tag sind hier sinnvoll.
  • Wenig Salz und keine Einschränkung der Trinkmenge – das würde deinen Körper in dieser besonderen Umstellungsphase nur schwächen

Stillen sich Kinder von selbst ab?

Manche Eltern sind der Meinung, das Kind sollte selbst entscheiden, wann es nicht mehr gestillt werden möchte. Es stimmt: Uns sind keine Erwachsenen bekannt, sie noch Muttermilch trinken.

Dennoch: Wenn du wirklich allein dein Kind entscheiden lassen willst, kann es sein, dass du dich auf eine lange, lange Stillzeit einstellen musst. In einigen Naturvölkern trinken manche Kinder noch mit 5-7 Jahren Muttermilch. Natürlich ist Muttermilch gesund, aber wenn Kinder in diesem Alter noch gestillt werden, birgt das zumindest in unserer Gesellschaft Risiken wie Hänseleien und Ausgrenzung.

Auch die Ablösung von der Mutter kann (muss aber nicht), wenn das Stillen weit in das Kleinkindalter hinein fortgeführt wird, erschwert werden. Zudem wird den Kindern die Bedeutung des Stillens mit zunehmendem Alter immer bewusster, das Ritual immer etablierter und die Abgewöhnung dann oft noch schwieriger. Bis etwa zum zweiten Geburtstag überwiegen aber meist deutlich die Vorteile des Stillen uns in diesem Zeitraum ist auch das Abstillen meist höchstens wenige Tage schwierig.

Abstillen ist so einzigartig wie jede Stillbeziehung

Letztlich sind all die genannten Aspekte nur Orientierungswerte. So wie jede Stillbeziehung einmalig ist, darf und sollte auch jede Mutter mit Blick auf ihr Kind den richtigen Zeitpunkt und Weg finden. Hebammen und Stillberaterinnen (z.B. lalecheliga.de) können hier hilfreich sein. Auch in unserer kostenlosen Onlineberatung kannst du Hebammen Fragen stellen!

Ganz besonders wichtig ist es den Frust, der beim Kind durch das Abstillen entsteht, zu begleiten und dem Kind andere Strategien anzubieten, wie es sich beruhigen kann. Denn Stillen ist auch häufig eine Beruhigungsstrategie.