Format: Pro-Contra – Mann und Frau
Pro Contra

Familie und Beruf für beide?!

Die Zeiten klarer Rollentrennung sind vorbei. Familie ist Teamwork. Ohne das Miteinander der Eltern geht gar nichts. Dabei gibt es sehr unterschiedliche Modelle der Rollenaufteilung. Schaut euch rechtzeitig an, was für euch passen könnte und sprecht vor allem darüber. Nur so könnt ihr erreichen, dass beide mit der Arbeitsverteilung zufrieden sind. Und manchmal ist es notwendig, ursprüngliche Planungen zu ändern, wie diese Erfahrungsberichte zeigen.

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Mutter und Vater arbeiten mit Kind am Tisch

Christian Holthaus: "Kind und Karriere passen prinzipiell zusammen"

Christian Holthaus, 42 Jahre, ist glücklich, dass die Zeit für Arbeit und Familie nun so aufgeteilt ist, dass alle zu ihrem Recht und zu ihrer Entfaltung kommen. Nach langer Beraterkarriere ermöglicht ihm der Job als Projektleiter in Hamburg die Nähe zu seiner Familie.

Endlich gibt es mal wieder die Chance auf ein Hobby: Segelboot Ahoi!  Mit dem Wunsch nach Kindern war für uns beide klar, dass wir uns die Aufgaben teilen und gemeinsam für die Kinder da sein wollen. Beim ersten Kind sah die Realität aber anders aus: Während meine Frau in die Babypause ging, stürzte ich mich nach drei Wochen (Elternzeit gab es beim ersten Kind noch nicht) wieder voll in die Arbeit, getrieben vom Gedanken, jetzt eine Familie ernähren zu müssen und beneidet von meiner Frau um die vermeintliche Ruhe im Büro. Als Unternehmensberater reiste ich viel. So war ich weder eine Hilfe in den Nächten noch am Wochenende, denn ich konnte die Kinder keineswegs komplett übernehmen, da die sich erst immer wieder neu an mich gewöhnen mussten.

Beim zweiten Kind habe ich die neue Elternzeit genutzt und war drei Monate zu Hause: Mir wurde plötzlich bewusst, was ich bisher alles verpasst und auf meine Frau abgeschoben hatte. Danach war Zurückhaltung bei der Auswahl der Projekte und Aufgaben angesagt - lieber die einfache Rolle bei einem Kunden in Norddeutschland, als ein weiteres herausforderndes 24/7 Projekt in der Schweiz. Absprachen mit dem Chef und Kunden über Akzeptanz und konkrete Möglichkeiten für Remote-Arbeit von zu Hause wurden ein wesentlicher Faktor bei der Projektauswahl. Das verlangsamte natürlich die Karriere, war aber essentiell für die Familie und die Partnerschaft.

Vor einem Jahr habe ich den Absprung aus der Beratung geschafft - wieder mit Verschieben des nächsten Karriereschritts, aber mit einem völlig neuen Lebensgefühl! Nun bin ich fast jeden Morgen und Abend zu Hause und inzwischen klare Nummer 2 bei den Kindern, weit vor Omi oder der Babysitterin (an Mami komme ich in diesem Ranking wohl nie ran....) Ich kann endlich auch mal kranke Kinder hüten oder zu Elternabenden gehen - nicht immer das reine Vergnügen, aber erfüllend. Die gelegentlichen Reisen sind eher willkommene Abwechslung als Belastung, und meine Frau hat endlich den Freiraum, sich beruflich wieder voll zu engagieren. Kind und Karriere passen also prinzipiell schon zusammen, aber nur wenn beide an einem Strang ziehen, sich gemeinsam klare Prioritäten setzen und bereit sind phasenweise zugunsten des anderen zurückzustecken.

Alexa Mittmann: "Mein Mann als one-and-only-Ernährer stört mich nicht"

Alexa Mittmann lebt mit Mann und zwei Kindern in Süddeutschland und ärgert sich, dass sie noch keinen besseren Begriff für „Hausfrau“ gefunden hat.

Als ich mit Julius schwanger war plante ich bereits meine Rückkehr in den Job. Ich liebte meine Arbeit in der Grafikagentur: Sie war extrem fordernd mit unzähligen Nachtschichten und wahnsinnigen Deadlines, und trotzdem oder deswegen extrem erfüllend. Hätte mir jemand vorausgesagt, dass ich meinen Job komplett an den Nagel hänge und mich ausschließlich um Heim, Hof und Familie kümmere, dann hätte ich ihm schlicht einen Vogel gezeigt.

Tatsächlich aber hat sich mein Leben seit ich Mutter bin komplett verändert. Die ersten Monate zurück in der Agentur waren für mich sehr quälend. Ich hatte mich so darauf gefreut und war doch in Gedanken eigentlich immer bei meinem Kleinen. Das fühlte sich nicht gut an. Es dauerte noch eine Weile bis mir klar wurde, dass ich gar nicht die erfolgreiche Powerfrau sein wollte, die Kind und Karriere unter einen Hut bringt. Aber die permanente Zerrissenheit und die immer größere werdende Unzufriedenheit mit mir, meinem Mann, mit dem Job, war für mich das entscheidende Zeichen, dass es Zeit wurde, mein Leben zu ändern. Vielleicht kann ich es nun daher bewusster genießen, Zeit mit meinen (mittlerweile zwei) Kindern zu verbringen, ihre Entwicklung zu verfolgen - ohne dabei meine eigene zu vernachlässigen - und Kraft und Ideen in meine Familie zu stecken. Dass mein Mann nun der one-and-only-Ernährer ist, stört mich und uns nicht. Denn wir wissen, dass wir als Team zusammenarbeiten, jeder eben auf seine Art.