Format: Artikel – Schreibfeder auf dem Tisch
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Kommunikation in der Pubertät: Die große Kunst der Selbstbeherrschung

Autorin - Rose Volz-Schmidt

Himmelhoch jauchzend – zu Tode betrübt. Teenager sind oft geplagt von ihren Hormonen und für Eltern dann eine Plage. Ihr Körper verändert sich gerade so rasant, das Gehirn ist im „Umbau“, die schulischen Anforderungen steigen - und manchmal ist einfach alles zu viel. Am besten lässt man dann das arme geplagte Pubertier einfach in Ruhe und verschiebt klärende Gespräche. Doch gerade weil es viele Reibungspunkte gibt, ist Verschieben nur eine Zwischenlösung. Früher oder später müssen Meinungsverschiedenheit ausgetauscht und Konflikte geklärt werden.

Lesezeit: Etwa 5 Minuten
Kommunikation in der Pubertät: Vater spricht mit weinender Tochter

Regel Nummer 1: Kommunikation muss auf Augenhöhe stattfinden

Vielleicht findest du, dass dein Sohn oder deine Tochter noch ein Kind ist und nicht wirklich weiß, was gut oder schlecht ist. Und natürlich stimmt das auch – teilweise. Aber genau darin besteht das Wesen der Pubertät: Dein Kind will sich ablösen, begreift, dass es eine eigene Zukunft jenseits des Elternhauses haben will und wird und bereitet sich darauf vor. Deshalb will es nicht als Kind, also hierarchisch angesprochen werden, sondern als Erwachsener, der ernstgenommen wird. Statt Anordnungen oder Verbote wie einen Erlass autoritär zu kommunizieren, braucht es eher den Verhandlungstisch, an dem Argumente ausgetauscht und Spielregeln ausgehandelt werden. Wenn du dieser Spur folgst wirst du schnell merken, wann solche Gespräche Sinn machen – z.B. im Anschluss an ein gemütliches Essen am Wochenende – und wann sie schiefgehen müssen – z.B. morgens in der Hektik vor der Schule. Das gilt vor allem dann, wenn es nicht um kurzfristige, organisatorische Absprachen geht, sondern um grundsätzliche Themen (rauchen, trinken, Jungs und Mädchen, digitaler Alltag).

Regel Nummer 2: Eltern sind Vorbilder

Teenager sehen ihre Eltern mit neuen Augen und manchmal auch durch die Brille ihrer Clique, in der sie sind. Ob man die eigenen Eltern cool oder einfach nur doof und spießig findet, hängt auch davon ab, wie „echt“ sie sind. Leben sie das, was sie von anderen fordern? Wer bei den Kindern gute Manieren sehen will und selbst abends mit den Füßen auf dem Couchtisch fernsieht hat es da schwer. Auch digitalen Entzug zu fordern, wenn das eigene Smartphone während der Mahlzeiten neben dem Teller liegt, ist schwierig. Zusammenfassend kann man sagen: Deine Kinder nehmen mehr wahr, als das, was du sagst. Sie kennen dich lange und wissen, wo sie dich provozieren können. Wenn ihr aber über die Jahre eine stabile Bindung habt, kennen sie auch deine verletzlichen Stellen und nehmen darauf Rücksicht. In der Regel jedenfalls.

Regel Nummer 3: Eine gemeinsame Strategie verabreden

Wichtig ist, dass du und dein Partner an einem Strang zieht – auch dann, wenn ihr vielleicht nicht mehr zusammen in einem Haushalt lebt. Kinder merken schnell, wer konsequent ist und wen man überreden kann. Wann werden Hausaufgaben gemacht? Wann muss der Heranwachsende an Werktagen wieder zu Hause sein? Darf die Freundin beim Sohn übernachten? Absprachen sind sehr wichtig und hilfreich. Tauscht euch aus , einigt euch auf Regeln – möglichst bevor es zu Konflikten mit den Kindern kommt. Dann seid ihr auch nicht gegeneinander auszuspielen, sondern bleibt ein glaubwürdiges Gegenüber. Umgekehrt gilt auch das: wenn du der Meinung bist, dass es dein Partner oder deine Partnerin zu genau nimmt oder etwas zu eng sieht, dann klärt das miteinander – und nicht auf dem Rücken eures Kindes. Einigt euch, was ihr eurem Kind sagt. Und solltet ihr euch in der Sache nicht einig werden (z.B. wie lange ein Kind abends ausgehen darf )-  müsste ihr euch auf alle Fälle auf eine Sprachregelung einigen!

Regel Nummer 4: Machtdemonstrationen vermeiden

Beim Essen wird nicht nebenbei gechattet? Dann gilt das für alle. Wer sich nicht daran hält, muss wählen: Essen oder Chatten, ganz einfach. Und auch logisch. Denn genau das ist nun wichtig: strenge Strafmaßnahmen, wie „Her mit dem Handy – Smartphoneverbot für drei Tage!“ werden vom Kind als gemein und ungerecht empfunden. Es wird sich zwar fügen, denn es sitzt ja beim Machtkampf oft am kürzeren Hebel. Mit Einsicht oder gar Verhaltensänderung hat das allerdings nichts zu tun. Sehr viel wahrscheinlicher wird dein Kind aggressiv reagieren und bei der nächsten Gelegenheit erneut die Grenzen austesten. Sehr schnell kann daraus ein verletzender Tanz werden – beide Seiten werden rigoroser, Eltern erfinden neue strenge Strafen in ihrer Hilflosigkeit, Kinder gefährden wirklich die Schullaufbahn oder setzen sich Gefahren aus. Unverhältnismäßiges Bestrafen oder reine Machtdemonstrationen können der Anfang eines sehr unschönen Teufelskreises sein.
Manchmal sind Machtkämpfe nicht zu vermeiden. Aber wenn du merkst, dass ihr viel zu oft aneinander geratet und du und dein Kind dabei unglücklich seid, dann solltest du dir Hilfe und Unterstützung suchen. Die Expertinnen und Experten aus der <link internal-link internal link in current>Online-Beratung von ElternLeben.de sind erfahrene Pädagogen und Eltern, die dir helfen können.

Regel Nummer 5: Respekt und Ehrlichkeit zur Basis der Gespräche machen

Manchmal ist Kommunikation mit Teenagern einfach nicht möglich. Vielleicht weil sie gerade gar nicht reden wollen. Gar nicht einfach für Eltern. Respekt vor der Intimsphäre deines Kindes und vor seinen Gefühlen hilft. Und ehrliches Interesse. Denn Kinder merken, ob Erwachsene wirklich einen Dialog führen wollen oder nur von ihrer Meinung überzeugen möchten. Ein Dialog entsteht bekanntermaßen, wenn beide Seiten von sich selbst reden und einander zuhören. Willst du wirklich wissen, warum es deinem Kind nicht gelingt pünktlich zu sein? Oder willst du ihm nur klar machen, was du erwartest? Interessiert dich wirklich, was es in der Schule erlebt hat oder willst du nur Noten abfragen? Möchtest du den neuen Freund oder die neue Freundin wirklich kennenlernen oder nur „abchecken“ und dann beurteilen? Teenies haben hier sehr feine Antennen und möchten spüren, dass das Interesse ehrlich ist. 

Regel Nummer 6: Pubertät ist eine Phase - kein Schicksal!

Denke immer daran: auch diese schwierige Phase geht vorbei. Viel zu schnell sogar, denn am Ende der Pubertät steht nicht nur das Ende der Kindheit sondern früher oder später auch der Auszug von zuhause. Ihr solltet also diese kostbaren Jahre nicht mit täglichem Streit verschwenden, sondern die Zeit nutzen, die ihr habt. Kinder zu erleben, wie sie erwachsen werden, ihnen Mut zu machen und wichtige Werte zu vermitteln ist eine wunderbare Aufgabe. Das solltest du nicht aus dem Blick verlieren, wenn ihr euch mal wieder im kleinen Alltagseinmaleins verheddert habt. Wenn ihr diese Umbruchphase hinter euch habt ist eines sicher: ihr werdet später über so manche Kabbeleien gemeinsam lachen können!