Vermutlich hat das jeder und jede von uns schon einmal erlebt: Wenn alles zu viel wird, tut es richtig gut, sich einmal ganz ungehemmt auszuweinen. Danach fühlt man sich meist erleichtert, ruhiger und einfach deutlich besser. Weinen kann eine echte Befreiung sein. Untersuchungen zeigen, dass Weinen den gesamten Körper beruhigt und entspannt. Aber wie ist das, wenn ein Baby weint? Erkunde mit uns gemeinsam die Gründe für das Weinen von Babys und erhalte praktische Experten-Tipps, wie du darauf reagieren kannst.
Wenn du die oben genannten Gründe ausschließen kannst, dürfen Babys auch mal weinen, denn dies ist die einzige Möglichkeit für dein Baby, seine Gefühle auszudrücken. Oft handelt es sich beim Weinen nämlich auch um das sogenannte Verarbeitungsweinen, auch Erzählweinen genannt. Babys verarbeiten dadurch, was sie alles erlebt haben, und bauen Stress ab. Manchmal werden auch die Erlebnisse der Geburt durch Weinen verarbeitet. Dieses Weinen darfst du dann einfach mit deiner Nähe, Singen oder einer liebevollen Stimme begleiten. Somit macht dein Baby wichtige Erfahrungen in seiner Selbstwirksamkeit: „Ich werde gesehen und bin wichtig.“
Tipp: Solltest du z. B. gerade unter der Dusche stehen und deinem Baby nicht sofort Nähe schenken können, begleite das Weinen durch eine verständnisvolle und ruhige Stimme.
Wenn uns diese positive Bedeutung und Wirkung des Weinens bezüglich der Entwicklung von Babys nicht bewusst ist, dann versuchen wir als Eltern höchstwahrscheinlich immer, das Weinen unseres Babys schnellstmöglich zu beenden – zum Beispiel durch dauerhaftes, extrem häufiges Stillen oder den starken Einsatz des Schnullers, durch intensive Bewegungen (zum Beispiel ständiges Schieben im Kinderwagen oder Schaukeln auf dem Arm oder in der Wippe) oder durch Ablenken mit Spielzeug oder andere Beschäftigung. All das sind Wege, durch welche das Weinen unterbrochen wird und eine oberflächliche Beruhigung erreicht wird. Manchmal ist das hilfreich, zum Beispiel, wenn man gerade Auto fährt oder etwas Wichtiges erledigen muss oder gerade einfach keine Kraft hat, das Weinen auszuhalten. Wenn wir aber immer versuchen, das Weinen direkt zu stoppen, dann nehmen wir unserem Kind manchmal auch die Chance, seinen Stress wirklich herauslassen. Aletha Solter erklärt in ihrem sehr empfehlenswerten Buch „Warum Babys weinen“, dass das häufig ein Grund dafür ist, warum viele Babys so oft schreien oder auch nachts sehr oft aufwachen: Der Versuch, Anspannung loszuwerden, wird immer wieder unterbrochen und deshalb ist keine tiefgehende Entspannung möglich.
Tipp: Notiere dir gerne die Schlafens- und Essenszeiten deines Babys. So siehst du rechtzeitig, wann es wieder müde sein könnte und wann eine Still- oder Flaschenmahlzeit nötig ist. Die Schlafens- und Essgewohnheiten verändern sich mit dem Wachstum deines Babys. Bleibe also neugierig und beobachte dein Kind.
Bei einem Weingipfel erreicht dein Baby oft nach 5 Minuten den Höhepunkt (Gipfel) des Weinens. Durch liebevolle Begleitung wird es danach weniger.
Tipps zur Entspannung ab 16:00 Uhr
Wichtig: Ein Baby weint niemals aus böser Absicht oder weil es dich provozieren will. Weil sein Gehirn noch unreif ist, kann es seine Gefühle noch nicht ohne die Hilfe einer Bezugsperson beruhigen.
Kleinkinder und Babys müssen den Umgang mit Gefühlen erst noch lernen. In den ersten Lebensjahren können sie eigene Gefühle von fremden Gefühlen noch nicht wirklich unterscheiden. Das Kleinkind reagiert auf emotionales Verhalten eines anderen Kindes mit einer Emotion. Da wird oft noch nicht differenziert. So kann es z.B. sein, dass ein Kind weint, weil sein Gegenüber weint. Es kann aber darüber genauso lachen. Das Lachen eines anderen Kindes wiederum kann auch ein Weinen beim Kind auslösen.
Kleinkinder können unterschiedlich stark auf die Emotionen anderer reagieren. Die einen beobachten die Situation eher und können sich schnell wieder ihrem Spiel widmen, andere sind sehr betroffen und oftmals von den eigenen entstehenden Emotionen überwältigt. Das hängt von mehreren Dingen ab. Zum einen bringt jedes Kind seine eigene Persönlichkeit mit und die ist tatsächlich manchmal etwas sensibler oder eher robust. Zum anderen machen Kinder unterschiedliche Erfahrungen in ihrer Familie und in ihrem Umfeld. Ist ein Kind viel alleine mit der Mutter und hat es eher ruhig und beschaulich, kann es heftiger auf Emotionen oder auch Lärm (was Weinen und Schreien ja auch ist) reagieren. Manchmal sind Kinder, die bereits in der Familie regelmäßig großen Trubel miterleben, weil sie z.B. mehrere Geschwister haben, eher entspannt im Umgang mit anderen, weinenden Kindern. Pauschal ist das jedoch nicht zu sagen. Die emotionale Reaktion auf das Weinen, Lachen oder Schreien anderer ist aber erstmal eine gesunde und menschliche Reaktion unserer Kleinen, sogar ein wichtiger Schritt im Lernen von sozialem Verhalten und der Fähigkeit zum Mitgefühl (Empathie).
„Ich gehe nicht mehr in die Krabbelgruppe“ sagt Evelyn zu ihrer Freundin Martina. „Mir ist das zu stressig. Malin ist so ein Sensibelchen. Sie weint immer mit, wenn ein anderes Kind weint. Ich weiß nicht, wie ich damit umgehen soll und bin echt unsicher“.
Wenn du diese Situation kennst, magst du dich sicher fragen, ob dein Baby zu klein für Kontakte zu anderen Kindern ist und ab wann es sinnvoll ist, eine Krabbelgruppe zu besuchen. PEKiP- oder andere Baby- und Kleinkind-Kurse sind dafür konzipiert, dass sich Babys mit ihren Eltern bereits ab der 6. Lebenswoche treffen um gemeinsam zu spielen, zu entdecken und Zeit miteinander zu verbringen. Im Prinzip gibt es kein „zu früh“. Anfangs sind die Sequenzen, die Kinder mit gemeinsamen Spiel verbringen noch sehr kurz. In den ersten Lebensmonaten ist es nur ein kleiner Blick, ein Lächeln oder der Griff nach der Hand des Gegenübers. Wichtig ist, dass Ihr beide Euch im Kurs wohl fühlt.
Für einen verständnisvollen Umgang mit deinem weinenden Baby können dir unsere folgenden Experten-Tipps weiterhelfen:
Unterstütze dein Kind im Umgang mit seinen Gefühlen
Was ein Baby wie Malin jetzt braucht ist eine verständnisvolle Mama. Nimm in einem solchen Fall die Gefühle deines Kindes ernst und erkläre ihm was passiert ist. „Johannes weint, weil er hingefallen ist. Er hat sich weh getan.“ Und: „Jetzt hast du dich erschreckt und weinst auch.“ Kinder haben Emotionen, die sie oft noch nicht zuordnen können. Wir Erwachsenen helfen ihnen dabei, indem wir immer wieder versuchen ihr Verhalten und ihre Gefühle zu deuten und für sie in Worte zu fassen. Man nennt das auch „Emotionscoaching“. Auf dem Weg zu einem gesunden Umgang mit unseren Gefühlen ist es unerlässlich.
Biete deinem Kind einen "sicheren Hafen"
Ein Baby oder Kleinkind, dass sich leicht von den Gefühlen „aus der Bahn werfen“ lässt, braucht in einer Spielgruppe immer einen „sicheren Hafen“. In der Regel bewegt sich das Kind in der Gruppe immer ein Stück weg von dir und kommt dann kurz zurück um sich auf deinem Schoß zu erholen. Manche Kinder brauchen diese kurzen Auszeiten regelmäßig und in kurzen Abständen. Andere fühlen sich sicherer und krabbeln nur dann auf deinen Schoß, wenn sie sich unsicher fühlen oder in eine brenzlige Situation geraten.
Sei einfach für dein Kind da und biete ihm die Möglichkeit jederzeit zu dir zu kommen und sich trösten zu lassen. Dafür braucht es deine liebevolle Aufmerksamkeit. Also – reden mit den anderen Eltern ist gut und wichtig, aber behalte dein Kind im Blick und unterstütze es, wenn es Trost und Hilfe braucht.
Kinder brauchen Zeit und Verständnis
Wichtig ist auch, dass dein Kind keinen Druck empfindet. Der Kontakt zu Gleichaltrigen muss nicht immer gleich gut laufen. Es gibt Kinder, die brauchen viel Mama (oder Papa) und trauen sich wenig in die Gruppe, z.B. weil sie sehr stark auf die Emotionen der anderen reagieren. Kein Stress – auch beobachten von Mamas Schoß ist spannend und die Kinder lernen hier viel im Umgang mit anderen und ihren eigenen Gefühlen. Meist nimmt das Mitweinen nach einer Gewöhnungsphase ab.
Bereits kurzes Schütteln kann deinem Kind gesundheitlich sehr großen Schaden zufügen. Schütteln kann zum Tod führen.
Wenn du völlig übermüdet oder ganz verzweifelt bist, weil dein Baby schreit und sich nicht beruhigen lässt, liegen deine Nerven vielleicht blank. Dann lege dein Baby an einen sicheren Ort (z. B. in das Kinderbett) und beruhige dich erst einmal. Sonst kann es passieren, dass du dein Kind im Affekt schüttelst. Auf der Seite der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung findest du das Video "Niemals schütteln! - Wenn Babys nicht aufhören zu schreien" in verschiedenen Sprachen dazu.
Wenn das Weinen deines Babys nicht aufhört, du dich zunehmend hilflos und ratlos fühlst und du Sorge hast, dein Kind könnte Schmerzen haben – hole dir Hilfe, indem du z. B. eine erfahrene Person aus deinem Umfeld anrufst oder Hilfe in einer Schreiambulanz (www.schreibabyambulanz.info) suchst! Du kannst dich aber auch gerne an unsere Online-Beratung vom Elternleben-Team wenden.
Das Weinen deines Babys ist völlig normal und ein wichtiger Teil seiner Kommunikation. Babys weinen oft, um dir zu sagen, was sie brauchen. Es ist wichtig, sensibel auf die Bedürfnisse des Babys einzugehen und Unterstützung anzubieten, sei es durch liebevolles Halten, Trösten oder das Identifizieren möglicher Ursachen wie Hunger, Müdigkeit oder Unwohlsein. Durch einfühlsame Reaktionen kannst du als Elternteil dazu beitragen, eine sichere und vertrauensvolle Bindung zu deinem Baby aufzubauen.