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Was passiert auf der Frühchenstation?

Wenn dein Baby viel zu früh auf die Welt gekommen ist, wird die Frühchenstation (Neonatologie) im Krankenhaus in den kommenden Wochen und vielleicht sogar Monaten zu einem wichtigen Ort für dich werden. Hier erfährst du, was dich auf der Frühchenstation erwartet und wie du dein Kind unterstützen kannst.

Lesezeit: Etwa 5 Minuten
Frühchen Baby liegt im Brutkasten.

Wie wird dein Baby nach der Geburt versorgt?

Wenn die Geburt in einem sogenannten Perinatalzentrum stattfindet, wird dein Baby von spezialisierten Fachkräften mit modernster Technik versorgt. Sollte deine Geburtsklinik diese Einrichtungen nicht haben, könnte es sein, dass dein Kind zeitnah in ein Krankenhaus mit diesen besonderen Möglichkeiten zur Versorgung verlegt werden muss. Bitte versuche, den Ärzt*innen zu vertrauen, dass sie die richtige Entscheidung für die Gesundheit und Entwicklung deines Babys treffen.

Die Erstversorgung findet meistens im Kreißsaal oder OP-Bereich statt. Oft sind die Mutter und der Vater dabei und bekommen erste Informationen. Wenn dein Neugeborenes nicht sofort behandelt werden muss, kannst du sogar noch kuscheln und Körperkontakt genießen, bevor dein Baby auf die Intensivstation gebracht wird. Dieses Bonding soll deinem Kind dabei helfen, auf der Welt anzukommen und eine vertrauensvolle Bindung zu den Eltern aufzubauen. Wenn das aus medizinischen Gründen nicht geht, musst du dir keine Sorgen machen: Du kannst das Bonding später nachholen, ohne dass die Bindung leidet.

Wie sehen die ersten Tage auf der Frühchenstation aus?

Der Moment, in dem du dein Baby zum ersten Mal im Inkubator (Brutkasten) auf der Frühchenstation siehst, kann überwältigend sein. Lasse dich aber nicht von den vielen medizinischen Geräten und Kabeln erschrecken. Da die unreifen Lungen noch sehr unflexibel sind, können sie sich nicht richtig entfalten. Deshalb werden viele Frühchen anfangs noch beatmet. Gleichzeitig dienen Monitore dazu, sämtliche Vitalwerte zu überwachen, damit das Personal sofort auf jede Veränderung reagieren kann. In den ersten Tagen werden auch verschiedene Untersuchungen durchgeführt, um den Gesundheitszustand deines Babys zu überprüfen. Sie helfen dabei, Komplikationen frühzeitig zu erkennen und die Behandlung genau auf dein Kind abzustimmen.

Wie verhalten sich die Eltern in der Neonatologie?

Auf der Frühchenstation gelten Mütter und Väter nicht als Besucher, sondern als wichtiger Bestandteil des Teams. Du spielst eine ganz entscheidende Rolle in der Entwicklung deines Babys. Eine der wichtigsten Maßnahmen, um die Atmung und Herzfrequenz deines Frühgeborenen zu stabilisieren ist der Körperkontakt, das sogenannte „Känguruhen“. Hier liegt dein Baby – notfalls auch mit Schläuchen und Kabeln – auf der nackten Brust von Mutter oder Vater. Keine Angst, auch hier wirst du unterstützt. Die Pflegekräfte nehmen dein Kind aus dem Inkubator und helfen dir, eine bequeme Kuschelposition einzunehmen, ohne dass die Versorgung beeinträchtigt wird.

Das Pflegepersonal wird sich auch von Anfang an aktiv an der Pflege deines Frühchens beteiligen – etwa beim Windeln wechseln oder Umziehen. Solche Momente schaffen nicht nur eine tiefere Verbindung zu deinem Kind, sondern geben dir auch das Gefühl, etwas für sein Wohlbefinden tun zu können.

Natürlich möchtest du gleich für dein Baby da sein und wirst wahrscheinlich die meiste Zeit auf der Frühgeborenen-Station verbringen. Bitte vergiss jedoch nicht, dass du gerade erst entbunden hast. Gerade weil die Situation so belastend ist, brauchst du Gelegenheit, dich körperlich zu erholen. Die Wochenbettzeit ist sinnvoll, damit du wieder zu Kräften kommst und dein Kind gut unterstützen kannst.

Wie kannst du mit Sorgen und Ängsten umgehen?

Die Zeit auf der Frühchenstation ist nicht nur für die Entwicklung deines Babys sehr wichtig. Auch Mütter und Väter lernen jeden Tag dazu. Bestimmt wirst du auch viele verwirrende Fachbegriffe hören und neue medizinische Abläufe kennenlernen. Scheue dich nicht, nachzufragen und das Team um Erklärungen zu bitten. Gerade wenn du dir unsicher bist, ist es ganz wichtig, um eine Einschätzung zu bitten. Je besser du die Situation einschätzen kannst, um so leichter fällt es dir, mit den Herausforderungen umzugehen.

Vielleicht beschäftigst du dich auch damit, warum dein Baby zu früh zur Welt kam und ob deine körperlichen Voraussetzungen oder dein Verhalten einen Einfluss darauf hatten. Bitte quäle dich nicht mit Vorwürfen, das bringt dich nicht weiter. Ein schlechtes Gewissen raubt dir die Kraft, die du jetzt für dein Baby brauchst. Sei geduldig mit dir, wenn dir manche Handgriffe nicht so leicht gelingen. Mutter und Vater zu werden ist ein Lernprozess!

Wie bereitest du dich auf die Entlassung vor?

Endlich mit deinem Frühchen das Krankenhaus verlassen – diesen Moment hast du bestimmt lange herbeigesehnt. Gleichzeitig ist dieser Schritt auch sehr herausfordernd. Jetzt bist du ganz auf dich gestellt und rund um die Uhr für dein Baby verantwortlich. Bevor es mit dem Frühchen nach Hause geht, wird das medizinische Team sicherstellen, dass dein Kind stabil genug ist. Damit du zu Hause keine Probleme mit der Pflege bekommst, wirst du wahrscheinlich Schulungen und Anleitungen zu bestimmten Abläufen und Routinen bekommen.

Achte darauf, alle Fragen zu stellen, die dir auf dem Herzen liegen. Es ist wichtig, dass du dich sicher fühlst, die Verantwortung für dein Frühchen zu übernehmen. Viele Kliniken bieten auch „Rooming-in“ an. Hier verbringst du einen oder mehrere Tage mit deinem Baby auf der Station und trainierst die Versorgung. Du kannst dir bei Unsicherheiten immer Tipps von den Pflegekräften holen. 

Kümmere dich rechtzeitig um Unterstützung. Eine Familienhebamme oder eine Kinderkrankenschwester kann dir in den ersten Wochen beratend zur Seite stehen. Gibt es bei dir in der Nähe einen wellcome-Standort? Dann kann einmal pro Woche eine ehrenamtliche Helferin zu dir kommen, die mit den älteren Kinden spielt, oder das Baby beschäftigt und euch entlastet: www.wellcome-online.de

Wer unterstützt dich zu Hause?

Auch wenn du dich nach der Entlassung aus dem Krankenhaus zu Hause eingelebt hast, wirst du weiterhin Unterstützung benötigen. Viele Städte haben Frühchen-Elterngruppen oder Organisationen, die Hilfe und Rat bieten können. Informiere dich über solche Angebote in deiner Umgebung – der Austausch mit anderen Eltern, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, kann sehr hilfreich und entlastend sein.

Bitte vergiss nicht, dass sich Frühchen ganz individuell entwickeln. Manche Kinder holen schnell auf, während andere etwas länger brauchen. Sei geduldig und feiere jeden Fortschritt – wie klein er auch sein mag. Ohnehin geht man bei Frühgeborenen immer vom korrigierten Alter aus. Das ist nicht der tatsächliche, sondern der ursprünglich errechnete Geburtstermin. Gerade wenn es um Laufen- oder Sprechenlernen geht, solltest du dich nicht an den Kindern orientieren, die so alt sind, wie euer Kind. Lasse dich nicht durch Kommentare irritieren. Du selbst siehst am besten, welche Fortschritte dein Baby macht! Eltern sind die wichtigsten Personen im Leben eines Frühchens. Eure Liebe und Fürsorge werden einen entscheidenden Beitrag zu seiner Gesundheit und Entwicklung leisten.